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Datenspeicherung bei Vielretournierern

OLG Hamburg, Urteil vom 25.11.2004, Az. 5 U 22/04
| Rechtsanwalt Frank Weiß

"Der Versandhandel ist eine moderne und bequeme Form des Einkaufs von zu Hause aus." Mit diesen Worten beginnt das Schreiben eines Versandhändlers an Kunden, die überdurchschnittlich viele bestellte Artikel kostenlos zurückgesendet haben, und zwar "in den letzten beiden Jahren mehr als die Hälfte aller Artikel". In freundlichen, aber bestimmten Worten verweist der Händler auf die dadurch entstehenden hohen Kosten und bittet den Kunden abschließend, "bei Ihren nächsten Bestellungen wirklich nur solche Artikel zu bestellen, die Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit behalten wollen."
Ändert der Kunde sein Bestellverhalten im Sinne des Händlers, ist die Sache damit erledigt; sendet er weiterhin über 50 Prozent der bestellten Waren zurück, reagiert der Händler mit der Kündigung der Geschäftsbeziehungen. Er weigert sich, den Kunden weiterhin zu beliefern.
Gegen dieses Vorgehen hatte eine Verbraucherschutzorganisation geklagt. Das Rückgaberecht werde gesetzlich uneingeschränkt eingeräumt, so die Begründung, der Händler müsse auch hohe Rückgabequoten hinnehmen.

Überwachung des Kunden durch den Händler
Weiterhin wollten die Verbraucherschützer für die Zukunft verhindern, dass Online- oder Kataloghändler die Daten ihrer Kunden sammeln, um auf Basis dieser Daten Kunden aussortieren zu können, die überdurchschnittlich viele Bestellungen zurücksenden. Dies geschehe "ohne die wirksame Einwilligung" der Kunden und sei datenschutzrechtlich unzulässig.

Druck auf den Kunden legitim
Das Gericht hat die Klage der Verbraucherschützer abgewiesen. Es sei legitim, wenn der Händler auf Kunden, die aufgrund überdurschnittlich hoher Rücksendungen enorme Kosten verursachen, einen gewissen Druck ausüben, wie dies im ersten Anschreiben der Fall sei. Dieses Verhalten sei angemessen und sachlich begründet.

Kein Kaufzwang
Auch stellt das Gericht fest, dass der Händler mit seiner entschieden formulierten Bitte keinerlei Kaufzwang auf den Kunde ausüben würde. Die Bitte, in Zukunft nur Artikel zu bestellen, die dieser "mit hoher Wahrscheinlichkeit behalten" wolle, schließt die Rückgabe keineswegs aus - wenn sich der Anteil der zurückgegebenen Artikel im üblichen Rahmen hält.

Der Kunde bleibt König
Ein Händler kann einem Kunden auch deswegen die Lieferung bestellter Artikel verweigern, weil der Kunde jederzeit bei einem anderen Händler einkaufen kann. Dem Kunden entsteht somit durch die Kündigung durch den Händler kein greifbarer Nachteil, er kann die von ihm gewünschten Waren jederzeit auf anderem Wege problemlos erwerben.

Wirtschftliches Kalkül des Händlers
Ein Kunde mit hoher Rückgabequote ist für den Händler unwirtschaftlich. Die Kosten für die Rücknahme der Waren schmälern den zu erzielenden Gewinn und können im Exteremfall zu Verlusten führen. Kein Händler muss einen Kunden beliefern, wenn der Verkauf aufgrund der andauernd hohen Rücknahmequoten unwirtschaftlich ist. Die gesetzlich geregelte Rücknahmepflicht des Händler bedeutet für den Händler aufgrund der dadurch entstehenden Kosten ein gewisses Risiko, das er in Kauf nehmen muss. Im Einzelfall darf der Händler dieses Risiko allerdings abwehren - so bei Kunden, die übermäßig viele Artikel zurücksenden.

Wenige Kunden betroffen
Das Gericht weist darauf hin, dass nur ein "relativ kleiner Kreis" von Kunden aufgefordert wird, in Zukunft weniger Artikel zurückzusenden. Auch deshalb sei die Reaktion des Händlers verhältnismäßig und angemessen. Es gehe eben nicht darum, Kunden, die ab und an Artikel zurücksenden, auszusortieren. Der Händler darf sich von Kunden trennen, die unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen.

OLG Hamburg, Urteil vom 25.11.2004, Az. 5 U 22/04

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