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Datenschutzerklärung ist als Sprachwerk geschützt

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Oberlandesgericht München hat mit Beschluss vom 03.03.2023 entschieden, dass eine Datenschutzerklärung auf einer Webseite urheberrechtlich geschützt sein kann, wenn sie eine entsprechende Schöpfungshöhe aufweist. Die Erfüllung der gesetzlichen Anforderung einer verständlichen sprachlichen Umsetzung schließt es nicht aus, dass gleichwohl eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt.

Hintergrund

In dem Rechtsstreit ging es unter anderem um die Frage, ob eine Online-Datenschutzerklärung urheberrechtlich geschützt sein kann. Der Beklagte hatte dies verneint. Er hat insbesondere beanstandet, dass damit geworben werde, dass die Texte „in leicht verständlicher Art verfasst“ seien. Demnach weisen sie keine ausreichende Schöpfungshöhe auf.

Hinsichtlich des Unterlassungsantrags haben die Parteien den Rechtsstreit im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens übereinstimmend für erledigt erklärt. Der Beklagte hat gegen die landgerichtliche Kostenentscheidung sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, unter Abänderung der Kostenentscheidung im Endurteil des Landgerichts die Kosten des Rechtsstreits in Bezug auf den von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärten Teil der Klägerin aufzuerlegen. Der Beklagte sei der Auffassung, das Landgericht habe zu Unrecht eine Urheberrechtsverletzung bejaht. Insbesondere stehe die Aktivlegitimation der Klägerin nicht fest, die streitgegenständlichen Datenschutzerklärungen wiesen keinen Werkcharakter auf und das Landgericht habe die AGB der Klägerin falsch ausgelegt.

Anforderungen an die Urheberrechtsschutzfähigkeit

Das OLG München teilte die Auffassung des Beklagten nicht. Es bejahte die Anwendung der urheberrechtlichen Vorschriften. Eine Datenschutzerklärung könne urheberrechtlich geschützt sein, wenn diese Werkcharakter aufweise. Unter Verweis auf eine Entscheidung des KG vom 11.05.2011 – 24 U 28/11 (GRUR-RS 2011, 14067) hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren hinsichtlich des rechtlichen Maßstabs ausgeführt, bei Schriftwerken der infrage stehenden Art erfordere die Urheberrechtsschutzfähigkeit ein deutliches Überragen des Alltäglichen, des Handwerksmäßigen, der mechanisch-technischen Aneinanderreihung des Materials. Hieran gemessen könne das Vorliegen eines urheberrechtlich geschützten Werks nach Auffassung des Senats vorliegend nicht verneint werden. Auch die Entscheidung „Geburtstagszug“ (BGH, 2014, 175) spreche dafür, dass der BGH für jegliche Arten von Werken einen einheitlichen, niederschwelligen, Prüfungsmaßstab anlegen möchte, wonach auch die „kleine Münze“ stets geschützt ist. Demnach könne vom Vorliegen eines urheberrechtlich geschützten Werks nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG ausgegangen werden.

Auch die Verfassung in leicht verständlicher Art ist geschützt

Sofern die Klägerin stets betont habe, sie habe die Texte in leicht verständlicher Art verfasst, komme die Klägerin damit nur dem aus Art. 13 Abs. 1 DSGVO (gemeint wohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO) folgenden Gebot nach. Demnach könne die Werkqualität nicht mit diesem Argument verneint werden. Zum einen handele es sich bei der verständlichen sprachlichen Umsetzung nur um ein zusätzliches Kriterium neben der Art der Sammlung, Auswahl, Einteilung und Anordnung des Stoffs. Zum anderen schließe die Erfüllung dieser gesetzlichen Anforderungen es nicht aus, dass darin zugleich eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG liege, zumal Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO nur eine Zielvorgabe enthalte, dem datenschutzrechtlich Verantwortlichen aber nicht vorgebe, wie er dieses Ziel konkret zu erreichen habe. Insofern verbleibe diesem hierbei ein erheblicher Gestaltungsspielraum.

AGB Klausel begründete Unterlassungsanspruch

Das OLG bestätigte die Auffassung des Landgerichts, dass dem Beklagten kein Nutzungsrecht zustand. Ziffer 10 der allgemeinen Geschäftsbedingungen könne von einem objektiven Empfänger so verstanden werden, dass eine Nutzung ohne Quellverweis und Link nicht erlaubt sei, eine solche Nutzung also rechtswidrig erfolge und deshalb Schadensersatzansprüche nach sich ziehen könne. Da sich Schadensersatzansprüche aus Gesetz ergeben, sei unschädlich, dass hier kein konkreter Unterlassungsanspruch ausdrücklich genannt wurde. Sein Entstehen sei deshalb nicht von einem vorherigen Hinweis durch den Rechtsinhaber abhängig. Da der Beklagte zum Zeitpunkt der Einreichung bzw. Erhebung der Klage noch keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte, war eine den Anspruch begründende Wiederholungsgefahr i.S.d. § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG gegeben.

Unklare Rechtslage hinsichtlich der Urheberschaft

Streitig war, wer tatsächlicher Urheber der Texte war und ob die Klägerin damit überhaupt Verletzungen geltend machen konnte. Wird die Urheberschaft substanziiert behauptet, genügt es nicht, sie mit Nichtwissen (oder einfach) zu bestreiten, sondern der Verletzer muss substanziiert darlegen, wer weshalb Urheber sein soll. Ein solches substanziiertes Bestreiten des Beklagten ist vorliegend nicht gelungen. Da ein Mitarbeiter den Text verfasst hatte, war streitig, ob dem Arbeitgeber ein Anspruch auf Übertragung des Urheberrechts an „Dienstschöpfungen“ zusteht. Vor allem war unklar, wie die Übertragung von Urheberrechten vom Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber nach österreichischem Recht konkret vonstatten geht, da die Klägerin dort ihren Sitz hat. Eine weitere Aufklärung der österreichischen Rechtslage im summarischen Verfahren nach § 91a ZPO bei (teilweiser) Erledigung der Hauptsache kam aber nicht in Betracht. In derartigen Fällen können und müssen dort ungeklärte, nach ausländischem Recht zu beurteilende Rechtsfragen offenbleiben. Weiteren Recherchen oder gar der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur österreichischen Rechtslage stand insbesondere auch entgegen, dass die Entscheidung gemäß § 91a ZPO auf Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands zu erfolgen hat. Da somit im Hinblick auf die Aktivlegitimation der Klägerin ungewiss bleibt, wie der Prozess voraussichtlich ausgegangen wäre, entsprach es billigem Ermessen, die auf den für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits entfallenden Kosten hälftig auf beide Parteien zu verteilen.

Oberlandesgericht München, Beschluss vom 03.03.2023, Az. 6 W 1491/22

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