Unlauteres Bonuspunkte-System bei verschreibungspflichtigen Medikamenten

Die Vorteile bei der Benutzung von Online-Apotheken sind nicht nur wegen der oft günstigeren Preise bekannt, man kann zusätzlich bei vielen Anbietern auch Bonuspunkte sammeln, welche für sich wiederum Vorteile bringen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2022 dieser Bonuspunkte-Vergabe Grenzen gesetzt. Demnach ist der Erhalt von Bonuspunkten bei der Vorbestellung von verschreibungspflichtigen, preisgebundenen Arzneimitteln über eine Smartphone-App, bei der die Kunden im Fall der Abholung des Arzneimittels bei einem der teilnehmenden Händler Bonuspunkte mit einem Gegenwert eines geringen Geldwertes erhalten, wettbewerbswidrig.
Hintergrund
Geklagt hat die Wettbewerbszentrale, bei der Beklagten handelt es sich um einen pharmazeutischen Großhändler, der Apotheken mit Arzneimitteln beliefert sowie Produkte und Dienstleistungen im Gesundheitsbereich anbietet. Zusätzlich stellt die Beklagte auch eine Smartphone-App in Kooperation mit einem Anbieter eines Bonuspunkteprogramms zur Verfügung. Für jeden Einkauf bei einem teilnehmenden Händler erhalten die Kunden Bonuspunkte auf ein Konto gutgeschrieben. Dies galt insbesondere auch für die Abholung eines vorbestellten Arzneimittels, wobei als Gegenwert ein geringer Geldwert versprochen wurde. Hiergegen hat der Kläger einen Verstoß gegen das Heilmittelwerberecht mit der Begründung geltend gemacht, es handele sich bei Bonuspunkten mit dem Gegenwert eines geringen Geldbetrages um eine unzulässige Werbegabe, welche einen Produktbezug aufweise. Es werde zwar ein vorgeschriebener Preis angesetzt, mit der Vorbestellung und Abholung des Arzneimittels bei der teilnehmenden Apotheke werde dem Kunden aber ein wirtschaftlicher Vorteil geschaffen.
Bonuspunkte mit Geld-Gegenwert sind unzulässige Werbegabe
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat nun klargestellt, dass die Gewährung von Bonuspunkten im vorliegenden Fall eine unzulässige Werbegabe nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG darstelle. Demnach sind Zuwendungen oder Werbegaben für Arzneimittel, sofern es sich nicht um Gegenstände von geringem Wert handelt, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder es sich um geringwertige Kleinigkeiten handelt, unzulässig. Dies gilt genauso, sofern Zuwendungen oder Werbegaben entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Sozialgesetzbuches gelten. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Werbung produktbezogen und nicht lediglich unternehmens- und imagebezogen. So sei schon nicht ersichtlich, auf welches Unternehmen sich die Image- und Unternehmenswerbung beziehen solle. Die Vorbestellung eines rezeptpflichtigen Arzneimittels durch das Einlösen eines Rezeptes in einer beliebig teilnehmenden Apotheke werde mit Bonuspunkten begünstigt. Hierdurch könne weder eine allgemeine Anpreisung der Leistungen der teilnehmenden Apotheken noch eine Zuwendung aus anderen unternehmerischen Gründen erfolgen.
Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Preisbestimmungen
Im Übrigen hat die Beklagte gegen die arzneimittelrechtlichen Preisbestimmungen verstoßen. Durch die Zuwendung von Bonuspunkten beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels wird den Kunden einen Vorteil gewährt, welcher den Eindruck erweckt, der Erwerb sei wirtschaftlich günstiger. Das Gericht war der Auffassung, der objektive Betrachter sehe die Gewährung von Bonuspunkten als eine geldwerte Vergünstigung bzw. als Geschenk an und verstehe dies nicht als eine Kompensation für den Aufwand mit der Nutzung der Vorbestellfunktion der App.
Andere Beurteilung für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel
Die Entscheidung des OLG Karlsruhe stellt klar, dass es bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die der Preisbindung und einem strikten Zuwendungsverbot unterliegen, unzulässig ist, Bonuspunkte mit einem nur geringfügigen Wert zu gewähren. Dies gilt für andere Heilmittel (insbesondere nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel und Medizinprodukte) allerdings nicht. Das Landgericht Hamburg hat die Sach- und Rechtslage anders beurteilt und festgestellt, dass das beklagte Unternehmen lediglich auf die Teilnahme an einem Kundenbindungssystem und damit nur auf einen allgemeinen unternehmensbezogenen Vorteil hinweise (Urteil vom 12. Mai 2021, Az. 312 O 306/19). Hiergegen steht aber noch ein Berufungsverfahren beim Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg aus, welches für mehr Rechtseinheit sorgen könnte (Az.: 3 U 83/21).
Oberlandesgerichts Karlsruhe, Urteil vom 12. Oktober 2022, Az. 6 U 108/21
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