Bezeichnung "durchgeknallte Frau" kann ehrverletzend sein

Vor ein paar Jahren war die damalige bayerische Landrätin Gabriele Pauli oft in den Medien. Nicht immer blieben die Schlagzeilen über der Gürtellinie. Das Online-Magazin Bild.de trieb es auf die Spitze und veröffentlichte einen Kommentar, in dem Pauli als "durchgeknallte Frau" betitelt wurde. Gabriele Pauli klagte daraufhin - erfolglos. Nun aber gab ihr das Bundesverfassungsgericht Recht.
Kein Erfolg bei Vorinstanzen
Anlass des Online-Kommentars waren Aufnahmen von Gabriele Pauli für eine Zeitschrift im Jahre 2006. Pauli posierte damals mit Latexhandschuhen. Die Antwort auf diese Bilder im Online-Magazin kam prompt: "Ich sage es Ihnen: Sie sind die frustrierteste Frau, die ich kenne. Ihre Hormone sind dermaßen durcheinander, dass Sie nicht mehr wissen, was wer was ist. Liebe, Sehnsucht, Orgasmus, Feminismus, Vernunft. Sie sind eine durchgeknallte Frau, aber schieben Sie Ihren Zustand nicht auf uns Männer."
Ein Schlag ins Gesicht für die damals aktive Politikerin. Sie klagte auf Unterlassung der aus ihrer Sicht ehrverletzenden Äußerungen und auf Schmerzensgeld. Vor dem zuständigen LG kam der Unterlassungsanspruch durch, die Entschädigung indes nicht. Das OLG wies auf Berufung der Beklagten die Klage insgesamt ab, weil es die dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht entgegenstehende Meinungsfreiheit höher gewichtete.
BVerfG sieht allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt
Gegen die Entscheidung des OLG legte Gabriele Pauli Verfassungsbeschwerde ein. Und das Bundesverfassungsgericht gab ihr Recht. Es nahm eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG an. Zwar könne das Persönlichkeitsrecht durch die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden. Das OLG habe aber in seiner Entscheidung dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht im Vergleich zur Meinungsfreiheit ein zu geringes Gewicht beigemessen, trotz der in Art. 5 Abs. 2 GG ausdrücklich genannten Schranke. Dies gelte zumindest für die Bezeichnung als „durchgeknallte Frau“.
Das BVerfG stellte fest, dass die Äußerungen nicht in Zusammenhang stünden mit Gabriele Pauli als öffentliche Person und ihrem Verhalten; vielmehr werde ihr jeder Achtungsanspruch in provokativer und absichtlich verletzender Weise schon als Privatperson abgesprochen. Dies sei anders zu beurteilen als etwa eine spontane emotionale Äußerung.
Fazit
Wenn es um (veröffentlichte) Äußerungen geht, die in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen eingreifen, findet immer eine Abwägung der einzelnen Interessen statt. Die Meinungen gehen hierbei nicht selten auseinander. Manch einer wird – so wie das OLG – die Meinungsfreiheit in dem konkreten Fall höher einstufen. Dennoch ist die Entscheidung des BVerfG mehr als gut vertretbar. In Abgrenzung zur Entscheidung vom 12.5.2009 (1 BvR 2272/04), in der ein Staatsanwalt als durchgeknallt bezeichnet wurde, geht es hier nicht um eine Spontanäußerung aus der Emotion heraus, sondern um eine überlegte Ehrverletzung. Zwar ist die Meinungsfreiheit immer als sehr wichtiges Grundrecht anzusehen, jedoch kann sie kein Freibrief für jegliche ehrverletzende Äußerungen sein. Die Grenze dürfte hier – wenn auch knapp – überschritten sein.
BVerfG, Beschluss vom 11.12.2013, Az. 1 BvR 194/13
Ansprechpartner
Frank Weiß
Frank Weiß
Andere über uns
WEB CHECK SCHUTZ
Gestalten Sie Ihre Internetseite / Ihren Onlineshop rechts- und abmahnsicher.
Erfahren Sie mehr über die Schutzpakete der Anwaltskanzlei Weiß & Partner für die rechtssichere Gestaltung Ihrer Internetpräsenzen.