Beweislast für telefonisches Opt-In: Unternehmen in der Pflicht

Seit dem 1. Oktober 2021 verpflichtet § 7a UWG Unternehmen, vor Werbeanrufen die ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers einzuholen, diese in angemessener Form zu dokumentieren und fünf Jahre aufzubewahren. Doch was passiert, wenn der Verbraucher die Einwilligung bestreitet und Aussage gegen Aussage steht? Das OLG Nürnberg hat hierzu in seinem Urteil vom 24.10.2023 (Az. 3 U 965/23) eine klare Position bezogen: Die Beweislast liegt beim werbenden Unternehmen.
Gesetzlicher Rahmen: § 7a UWG – Dokumentations- und Nachweispflicht
§ 7a UWG schreibt vor, dass Unternehmen vor einem Werbeanruf die ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers einholen und diese dokumentieren müssen. Die Dokumentation sollte folgende Informationen enthalten:
- Name des Einwilligenden
- Werbemedium (z. B. Telefon)
- Begünstigtes Unternehmen
- Produkte oder Dienstleistungen, die beworben werden sollen
- Person, die die Einwilligung eingeholt hat
Die Dokumentation muss in angemessener Form erfolgen, z. B. durch eine Tonaufzeichnung (mit vorheriger Einwilligung) oder eine schriftliche Bestätigung. Ein bloßer Vermerk reicht nicht aus, da er keine ausreichende Gewähr für seine Richtigkeit bietet und ohne Mitwirkung des Verbrauchers erstellt werden kann.
Der Fall: OLG Nürnberg, Urteil vom 24.10.2023 – Az. 3 U 965/23
Sachverhalt:
Die Verfügungsbeklagte, ein Unternehmen, das Versicherungen vermittelt, kontaktierte eine Verbraucherin, Frau B., telefonisch, um einen Termin bezüglich ihrer Riester-Rente zu vereinbaren. Frau B. hatte zuvor am 18.10.2022 per E-Mail eine etwaige Einwilligung zur Kontaktaufnahme widerrufen. Dennoch erfolgten im November und am 08.12.2022 weitere Anrufe durch eine Mitarbeiterin der Verfügungsbeklagten.
Der Verfügungskläger, ein selbstständiger Versicherungsmakler und Betreuer von Frau B., mahnte das Unternehmen ab und beantragte eine einstweilige Verfügung, um weitere unzulässige Werbeanrufe zu unterbinden.
Prozessverlauf:
Das Landgericht Regensburg erließ am 18.01.2023 eine einstweilige Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte. Diese wurde jedoch später aufgehoben, da die Zustellung nicht ordnungsgemäß erfolgt war. Der Verfügungskläger legte Berufung ein, und das OLG Nürnberg bestätigte schließlich die einstweilige Verfügung.
Entscheidungsgründe des OLG Nürnberg
a) Beweislast für die Einwilligung
Das Gericht stellte klar, dass die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Einwilligung beim werbenden Unternehmen liegt. Im vorliegenden Fall konnte die Verfügungsbeklagte keine hinreichende Dokumentation gemäß § 7a UWG vorlegen. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin reichte nicht aus, insbesondere da Frau B. eine gegenteilige eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte. Somit stand Aussage gegen Aussage, und das Unternehmen konnte seiner Beweispflicht nicht nachkommen.
b) Unterlassungsanspruch
Aufgrund der unzulässigen Werbeanrufe ohne nachgewiesene Einwilligung bejahte das Gericht einen Unterlassungsanspruch gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG. Das Unternehmen wurde verpflichtet, weitere derartige Anrufe zu unterlassen.
c) Dringlichkeit
Das OLG Nürnberg stellte fest, dass das Ausschöpfen der gesetzlichen Berufungsfristen in der Regel nicht dringlichkeitsschädlich ist. Lediglich in Ausnahmefällen, wenn eine äußerst einfache Fallgestaltung vorliegt und der Verfügungskläger durch sein Verhalten zeigt, dass ihm die Sache nicht eilig ist, könnte die Dringlichkeit entfallen. Im vorliegenden Fall sah das Gericht diese Voraussetzungen nicht als gegeben an.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation von Einwilligungen für Werbeanrufe. Unternehmen sollten:
- Einwilligungen schriftlich oder elektronisch dokumentieren
- Die Dokumentation fünf Jahre aufbewahren
- Sicherstellen, dass die Einwilligung alle erforderlichen Informationen enthält
- Sich nicht allein auf mündliche Zusagen verlassen
Im Streitfall muss das Unternehmen nachweisen können, dass eine gültige Einwilligung vorliegt. Ohne ausreichenden Nachweis drohen rechtliche Konsequenzen, einschließlich Unterlassungsansprüchen.
Fazit: Dokumentation ist Pflicht – Beweislast ist Risiko
Das Urteil des OLG Nürnberg macht deutlich, dass Unternehmen bei Werbeanrufen gegenüber Verbrauchern eine besondere Sorgfaltspflicht trifft. Die Beweislast für eine gültige Einwilligung liegt beim Unternehmen. Fehlt eine ordnungsgemäße Dokumentation, können bereits widersprüchliche Aussagen ausreichen, um einen Unterlassungsanspruch zu begründen.
Unternehmen sollten daher ihre Prozesse zur Einholung und Dokumentation von Einwilligungen überprüfen und sicherstellen, dass sie den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
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