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Bestellbutton bei Facebook & Instagram rechtswidrig

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Kleiner Button, große Wirkung

Die Gestaltung eines Bestellbuttons – scheinbar ein Detail im Onlinehandel – kann über die Wirksamkeit ganzer Verträge entscheiden. Das zeigt die aktuelle Entscheidung des OLG Düsseldorf in einem Verfahren der Verbraucherzentrale NRW gegen Meta (Mutterkonzern von Facebook und Instagram).
Die Richter befassten sich mit der Frage, ob die von Meta verwendeten Beschriftungen „Abonnieren“ und „Weiter zur Zahlung“ auf den Buttons zum Abschluss kostenpflichtiger werbefreier Abos den strengen Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB genügen – und kamen zu einem eindeutigen Ergebnis: Nein.

Der Sachverhalt: Was war passiert?

Seit Ende 2023 bietet Meta seinen Nutzern die Möglichkeit, Facebook und Instagram werbefrei zu nutzen – jedoch nur gegen Bezahlung. Nutzer, die keine Einwilligung in die personalisierte Werbung abgeben, können das Angebot nur nutzen, wenn sie ein kostenpflichtiges Abonnement abschließen.

Die Buchung erfolgt über folgende Benutzeroberflächen:

  • Auf der Webseite: Der Button trug zunächst die Beschriftung „Abonnieren“.
  • Später: Die Beschriftung wurde zu „Weiter zur Zahlung“ geändert.
  • In der App (Android): Ein Button ist mit „Weiter zur Zahlung“, ein anderer mit „Kaufen“ beschriftet.

Wichtig: Der Nutzer gibt laut Nutzungsbedingungen bereits durch das Betätigen der ersten Schaltfläche (z. B. „Abonnieren“ / „Weiter zur Zahlung“) eine verbindliche Vertragserklärung ab – unabhängig davon, ob danach noch Zahlungsinformationen eingegeben werden müssen.

Die Verbraucherzentrale NRW hielt dies für rechtswidrig und mahnte Meta ab – mit Erfolg.

Rechtliche Grundlage: § 312j BGB

Der § 312j Abs. 3 BGB ist zentraler Bestandteil des Verbraucherschutzrechts im Onlinehandel. Er regelt, wie der Vertragsschluss über kostenpflichtige Leistungen im elektronischen Geschäftsverkehr ausgestaltet sein muss:

§ 312j Abs. 3 BGB:
„Der Unternehmer hat die Bestellsituation bei einem Vertrag nach Absatz 2 so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.“

Ziel der Regelung: Verbraucher sollen klar, eindeutig und unmissverständlich erkennen können, dass sie mit dem Klick auf die Schaltfläche einen kostenpflichtigen Vertrag abschließen.

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf (Urt. v. 08.02.2024 – Az.: I-20 UKlaG 4/23)

Der Button „Abonnieren“ – nicht eindeutig

Das OLG Düsseldorf bewertet die Bezeichnung „Abonnieren“ als nicht ausreichend eindeutig im Sinne des § 312j Abs. 3 Satz 3 BGB.

Begründung:

  • Der Begriff „Abonnieren“ wird im Internet häufig auch für kostenlose Angebote verwendet – z. B. Newsletter, Gratis-Zugänge oder Probeabos.
  • Er ist deshalb mehrdeutig und vermittelt nicht klar, dass mit dem Klick eine zahlungspflichtige Bestellung erfolgt.
  • Entscheidend sei allein der Text auf der Schaltfläche – andere Hinweise auf der Seite seien unerheblich.

„Das Wort ‚Abonnieren‘ ist in diesem Sinne nicht eindeutig, weil es auch kostenlose Abonnements (z. B. für sogenannte Newsletter) gibt. [...] Die Tatsache, dass auf der Webseite vorher und währenddessen eindeutig auf die Kostenpflichtigkeit des Abonnements hingewiesen wird, ist unerheblich.“

Fazit des Gerichts: Der Button „Abonnieren“ verletzt § 312j Abs. 3 Satz 3 BGB.

„Weiter zur Zahlung“ – irreführend in der Funktion

Auch die spätere Button-Beschriftung „Weiter zur Zahlung“ erfüllt laut OLG nicht die gesetzlichen Anforderungen.

Warum?

  • Die Formulierung suggeriert, dass der Nutzer lediglich zur nächsten Seite gelangt, um dort weitere Angaben (z. B. zur Zahlungsmethode) zu machen.
  • Dem Nutzer ist nicht erkennbar, dass er bereits durch diesen Klick eine rechtsverbindliche Willenserklärung abgibt.
  • Die eigentliche rechtliche Bedeutung des Klicks wird also versteckt.

 „Der Inhalt dieses Buttons lässt zwar die Entgeltlichkeit der Dienstleistung [...] erkennen. Was der Verbraucher aber nicht erkennen kann, ist die Tatsache, dass er bereits durch Betätigung dieses Buttons eine verbindliche Willenserklärung abgibt.“

Auch „Weiter zur Zahlung“ ist nicht zulässig.

App-Versionen betroffen – Android mit „Kaufen“

Interessant ist, dass das OLG auch die Gestaltung in den mobilen Apps einbezog. Dort werden zwei Buttons verwendet:

  • „Weiter zur Zahlung“ (erste Schaltfläche)
  • „Kaufen“ (zweite Schaltfläche)

Der Nutzer könnte fälschlicherweise annehmen, erst der zweite Button („Kaufen“) führe zum Vertragsschluss – tatsächlich ist laut Nutzungsbedingungen bereits der erste Button entscheidend.

 „Der Verbraucher [...] könnte vielmehr annehmen, er werde bei Betätigung lediglich auf eine weitere Seite weitergeleitet.“

Auch hier gilt: Täuschung über den Vertragsschlusszeitpunkt = unzulässig.

Weitere Aspekte: Kündigungsbutton – eine Randnotiz

Das OLG äußerte sich auch zur Reichweite der neuen Vorschriften zum Kündigungsbutton (§ 312k BGB), ließ diese Frage jedoch ausdrücklich offen.

Hintergrund:

  • Die Verbraucherzentrale hatte beanstandet, dass Meta den Kündigungsbutton nur nach Login erreichbar machte.
  • Die Gesetzesbegründung zum Gesetz für faire Verbraucherverträge legt nahe, dass eine Anmeldung vor der Kündigung unzulässig sein könnte.
  • Das Gericht sah dies kritisch, ließ die Frage aber offen, da der Antrag aus anderen Gründen scheiterte.

 „Ob dies aber auch für den Fall gilt, dass sich der Verbraucher schon zur Inanspruchnahme der Dienstleistung gerade auf der Webseite anmelden muss, erscheint dem Senat fraglich.“

Für Anbieter bleibt dies ein rechtlicher Graubereich.

Folgen des Urteils – Was bedeutet das für Meta und andere Anbieter?

Das Urteil ist nicht nur für Meta brisant, sondern für alle Anbieter von kostenpflichtigen Online-Diensten relevant:

Verträge möglicherweise unwirksam

Wird der Bestellbutton nicht korrekt beschriftet, kann dies zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrags führen – § 312j Abs. 4 BGB regelt dies ausdrücklich.

Gestaltungspflicht für Unternehmen

  • Es reicht nicht, irgendwo im Text auf die Kostenpflicht hinzuweisen.
  • Der Button selbst muss unmissverständlich zahlungspflichtig beschriftet sein – idealerweise mit:
    • „Jetzt kostenpflichtig bestellen“
    • „Zahlungspflichtig abonnieren“
    • „Kostenpflichtig fortfahren“

Fazit: Ein Lehrstück in Sachen Verbraucherschutz

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist ein Meilenstein für den digitalen Verbraucherschutz. Sie zeigt eindrücklich, dass auch große Konzerne wie Meta sich nicht über rechtliche Mindeststandards hinwegsetzen dürfen.

Für Anbieter gilt:

  • Überprüfen Sie Ihre Button-Texte – in Webshops, Apps und Plattformen.
  • Achten Sie darauf, dass der Nutzer bei der ersten Interaktion genau weiß, dass er einen kostenpflichtigen Vertrag abschließt.
  • Gehen Sie nicht davon aus, dass Kontext oder erklärende Texte ausreichen.

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