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Beseitigung eines "Video-Türspions"

AG München, 413 C 26749/13
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Mieter einer von mehreren Parteien bewohnten Etage dürfen den gemeinsam benutzten Hausflur nicht mittels einer an der eigenen Wohnungstür angebrachten Videokamera überwachen. Eine derartige Observation der von mehreren Mietparteien genutzten Bereiche verletzt die im Grundgesetz (GG) festgeschriebenen Persönlichkeitsrechte der Nachbarn. Eine entsprechende Entscheidung wurde vom Amtsgericht (AG) München am 04. Dezember 2013 gefällt.

Anlass für den Prozess war die Klage der Vermieterin eines Mietshauses gegen eine im Erdgeschoss wohnende Mieterin. Diese hatte an ihrer Wohnungstür eine elektrisches Videoaufzeichnungsgerät angebracht. Als Begründung gab sie an, sich vor ihren Etagennachbarn zu fürchten. Während die Kamera tagsüber keine Bilder speicherte, fertigte sie ihm Nachtmodus Aufnahmen an, die von der Mieterin am nächsten Tag gesichtet und gelöscht wurden, wenn sich nichts Verdächtiges ereignet hatte. 

Als die Vermieterin eine Hausbegehung durchführte, entdeckte sie den Videospion und verlangte dessen Entfernung. Die wurde von der Beklagten mit dem Hinweis auf einen seit längerem herrschenden Streit zwischen ihr und den anderen Etagenbewohnern verweigert. Da keine außergerichtliche Einigung erzielt werden konnte, zog die Vermieterin vor das Amtsgericht.

Die Jury erkannte in ihrer Entscheidung darauf, dass die Mieterin der Aufforderung der Klägerin nachzukommen habe. Das in Art. 2 Abs. 1 GG festgeschriebene Persönlichkeitsrecht gelte auch für den Umgang zwischen Privatpersonen. Im vorliegenden Fall stehe anderen Hausbewohnern und deren Besuchern das Recht zu, das Gebäude unüberwacht betreten und wieder verlassen zu können. Die Installation der Videokamera und besonders die nächtliche Aufzeichnung verletze dagegen die Persönlichkeitsrechte aller Personen, die unterschiedslos von der Kamera erfasst würden. Öffentlich zugängliche Bereiche wie Hausflur und Treppenhaus gehörten nicht zum Hoheitsbereich der Beklagten. Eine Abwägung des persönlichen Schutzinteresses der Mieterin und den Persönlichkeitsrechten der übrigen Hausbewohner und deren Besucher ergebe eindeutig einen Vorrang der Persönlichkeitsrechte. 

In seiner Begründung zog das Gericht enge Grenzen für den legalen Gebrauch einer Überwachungskamera in vergleichbaren Fällen. Eine derartige Kontrolle wäre nur dann gerechtfertigt, wenn dies die einzige Möglichkeit darstellen würde, eine unmittelbar bevorstehende Attacke abzuwehren. Bei ernsthaften Vorfällen hätte die Beklagte grundsätzlich die Möglichkeit, die Polizei einzuschalten. Zudem könne sie mit ihrem Verhalten selbst dazu beitragen, den Streit mit ihren Nachbarn nicht eskalieren zu lassen. 

Das Urteil ist rechtskräftig. 

AG München, Urteil vom 04.12.2013, Az. 413 C 26749/13

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