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Berichterstattung über Adoptivtöchter eines Prominenten zulässig

BVerfG, Beschluss vom 28.07.2016, Az. 1 BvR 335/14
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Mit Beschluss vom 28.07.2016 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Kinder von Prominenten, deren Namen der Presse bereits bekannt sind, grundsätzlich kein Recht auf Anonymisierung haben.

Die Adoptivtöchter des Fernsehmoderators Günther Jauch (im Weiteren die Beschwerdeführerinnen) hatten sich mit einer Verfassungsbeschwerde gegen vorangegangene zivilgerichtliche Entscheidungen bezüglich ihrer namentlichen Nennung in der Presse gewehrt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Zum Sachverhalt
Der Fernsehmoderator und seine Ehefrau adoptierten in den Jahren 1997 und 2000 zwei Mädchen aus einem sibirischen Waisenhaus. Danach wurde darüber in mehreren Artikeln, welche auch im Internet abrufbar sind, berichtet. 2011 wurden die Namen der beiden Beschwerdeführerinnen in Artikeln, die über öffentliche Auftritte ihres Vaters berichteten, erwähnt. Daraufhin klagten die Beschwerdeführerinnen zivilgerichtlich auf Unterlassung der Nennung durch die Presseverlage. Grund hierfür ist, dass die Kinder fernab der medialen Aufmerksamkeit aufwachsen sollen. Eine Verwandtschaft zu dem Fernsehmoderator soll daher nicht öffentlich bekannt werden. Die Klagen wurden letztinstanzlich vom Bundesgerichtshof abgewiesen. Dagegen wenden sich die Beschwerdeführerinnen im Wege der Verfassungsbeschwerde und rügen hauptsächlich eine Verletzung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG).

Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht stellt fest, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung grundsätzlich das Recht einer Person umfasst, selber zu bestimmen, wann und in welchem Umfang persönliche Informationen veröffentlicht werden. Allerdings beschränken die Meinungs- und die Pressefreiheit dieses Recht. Kinder und Jugendliche sind grundsätzlich besonders schutzbedürftig. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um die Kinder von Prominenten handelt, die sich durch ihr eigenes Verhalten und dem ihrer Eltern aus der Öffentlichkeit fernhalten.
Diese Umstände hat der Bundesgerichtshof in seiner Abwägung zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beschwerdeführerinnen und der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) berücksichtigt. Dennoch überwiegt für ihn die Pressefreiheit. Dazu wurde insbesondere ausgeführt, dass es sich bei den beanstandeten Informationen nur um Namen, Alter und Abstammung der Beschwerdeführerinnen handelt. Diese waren bereits in den vorangegangenen Jahren durch Presseartikel veröffentlicht worden. Diese Artikel sind darüber hinaus im Internet abrufbar, also jederzeit zugänglich. Die erneute Veröffentlichung der Informationen greift nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nur in wesentlich geringerer Form in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beschwerdeführerinnen ein, als die erstmalige Veröffentlichung. Außerdem geht mit einer Bekanntmachung des Namens, Alters und der Abstammung keine optische Erkennbarkeit der Kinder einher. Eine besondere Erwartungshaltung oder Stigmatisierung der Öffentlichkeit gegenüber den Kindern ist nicht zu erwarten. Dass die Beschwerdeführerinnen in einem Verwandtschaftsverhältnis zu dem Fernsehmoderator stehen war darüber hinaus schon bekannt. Eine Vorprägung der öffentlichen Meinung hat diesbezüglich bereits nach der ersten Berichterstattung stattgefunden. Da das Verwandtschaftsverhältnis von Dauer ist stellt das Gericht fest, dass diese Prägung seit der ersten Veröffentlichung andauert.

Mit dieser Begründung hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

BVerfG, Beschluss vom 28.07.2016, Az. 1 BvR 335/14

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