Bequemer Kauf auf Rechnung II: Werbung, Verkaufsförderung und Informationspflichten
Die Aussage „Bequemer Kauf auf Rechnung“ wirkt wie ein Servicehinweis. Tatsächlich kann sie rechtlich als Angebot zur Verkaufsförderung verstanden werden – mit klaren Transparenzpflichten. Der Bundesgerichtshof (BGH 11.09.2025, I ZR 14/23) hat die Weichen so gestellt, dass Einschränkungen wie die Bonitätsprüfung in der Werbesituation selbst leicht zugänglich, klar und unzweideutig erkennbar sein sollten. Wer hier unpräzise formuliert, erhöht das Abmahnrisiko.
Rechtlicher Rahmen
§ 6 Abs. 1 Nr. 3 DDG – kommerzielle Kommunikation und Verkaufsförderung
Bei kommerzieller Kommunikation im Internet müssen Angebote zur Verkaufsförderung klar erkennbar sein; Bedingungen sind leicht zugänglich sowie klar und unzweideutig anzugeben. Diese Pflicht folgt heute aus § 6 Abs. 1 Nr. 3 DDG und geht auf die E-Commerce-Richtlinie zurück.
UWG/Informationspflichten
Über § 5a Abs. 1 UWG wird geschützt, dass Verbraucher wesentliche Informationen nicht vorenthalten werden. § 5b Abs. 4 UWG macht deutlich: Unionsrechtliche Informationsanforderungen – wie die aus § 6 DDG – gelten als wesentlich. Fehlende Bedingungen in der Werbung können daher unlauter sein, auch wenn die Aussage für sich genommen nicht irreführend erscheint.
Der Fall in der Praxis: Was tatsächlich passiert ist
Die Ausgangssituation im Online-Shop
Ein bekannter Online-Versandhändler (bonprix) bewarb im Dezember 2021 auf seiner Website den „Bequemen Kauf auf Rechnung“. Konkrete Bedingungen – insbesondere der Vorbehalt einer positiven Bonitätsprüfung – waren im unmittelbaren Umfeld der Werbeaussage nicht erläutert; die Bedingung war jedenfalls nicht „leicht zugänglich“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG/DDG.“
Die Reaktion eines Verbraucherschutzverbands
Ein nach dem UKlaG gelisteter Verbraucherschutzverein mahnte den Händler ab. Die Kernaussage: Die Werbung verschweige eine wesentliche Beschränkung (Bonitätsprüfung). Gefordert wurden Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten.
Die bisherigen Instanzen
Das Landgericht wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht bestätigte das per Beschluss. Die Begründung: Die Angabe sei nicht irreführend; der Verbraucher erwarte an dieser Stelle keine vollständigen Details und lese keine bedingungslose Verfügbarkeit heraus.
Der europäische Zwischenschritt
Der BGH legte dem EuGH die Schlüsselfrage vor: Kann die Werbung mit einer Zahlungsmodalität – hier der Rechnungskauf – ein Angebot zur Verkaufsförderung sein, auch wenn der unmittelbare Geldwert nicht überragend ist, der Verbraucher aber objektiv einen Sicherheits- und Liquiditätsvorteil hat? Der EuGH bejahte dies: Eine Werbung mit einer Zahlungsmodalität kann ein Angebot zur Verkaufsförderung sein, sofern die Zahlungsart dem Verbraucher einen objektiven und sicheren Vorteil (z. B. Zahlungsaufschub) verschafft, der seine Kaufentscheidung beeinflussen kann.
Die Entscheidung des BGH vom 11. September 2025 – I ZR 14/23
Ergebnis in einem Satz
Der BGH hob die Entscheidung des OLG auf und verwies zurück. Irreführung wurde zwar verneint, Informationspflichtverletzungen wegen verkaufsfördernder Werbung sind aber ernsthaft in Betracht zu ziehen.
Zur Irreführung nach § 5 UWG
Der BGH folgt der Sicht, dass die Aussage „Bequemer Kauf auf Rechnung“ nicht zwingend bestimmte Bedingungen suggeriert. Der durchschnittliche Verbraucher versteht diese Formulierung zunächst als Hinweis, dass es grundsätzlich eine Rechnungskauf-Option gibt. Dass eine Bonitätsprüfung stattfinden kann, liegt nahe und macht die Angabe für sich nicht falsch. Entscheidend ist: Objektiv wahre Angaben sind nicht schon deswegen irreführend, weil Details fehlen.
Wichtig für Sie: Keine Irreführung bedeutet nicht, dass die Werbung frei von Pflichten ist. Genau hier setzt der zweite Prüfungskomplex an.
Zu den Informationspflichten nach § 5a UWG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 3 DDG
Der BGH übernimmt die Linie des EuGH: Werbung mit einer Zahlungsoption kann Verkaufsförderung sein, wenn die Option einen objektiven und sicheren Vorteil bietet, der die Kaufentscheidung beeinflussen kann. Beim Rechnungskauf liegt dieser Vorteil regelmäßig vor: Zahlungsaufschub, kein Preisgeben sensibler Zahlungsdaten, kein Rückforderungsrisiko bei Widerruf oder Mangel.
Konsequenz: Wenn die Werbung eine solche Verkaufsförderung darstellt, sind die Bedingungen dafür leicht zugänglich, klar und unzweideutig anzugeben. Gerade die Bonitätsprüfung ist dann eine Bedingung, über die bereits im Umfeld der Werbeaussage informiert werden sollte. Versteckte Hinweise in AGB oder erst im Checkout reichen oft nicht.
Warum die Rückverweisung?
Das Berufungsgericht hatte nicht geprüft, ob die konkrete Ausgestaltung der Seite die Bedingung „positive Bonitätsprüfung“ leicht zugänglich kommuniziert. Diese tatsächliche Würdigung muss nachgeholt werden. Der BGH gibt deutliche Leitplanken:
- Es spricht vieles dafür, dass ein bloßes Schlagwort ohne begleitenden Kurz-Hinweis die Transparenzanforderung nicht erfüllt.
- Die Annahme, Verbraucher wüssten schon, dass Rechnungskauf oft nicht bedingungslos sei, ersetzt die Pflicht zur klaren Information nicht. Das Informationsbedürfnis bleibt bestehen.
- Der Wechsel vom TMG zum DDG ändert an der Pflicht nichts; die Rechtslage bleibt vergleichbar.
Was bedeutet das für Ihre Gestaltungspraxis?
Wo die Pflicht praktisch greift
Die Entscheidung betrifft sämtliche Werbeplätze, an denen Sie Zahlungsarten anpreisen: Startseite, Kategorieseiten, Produktlisten, Produktdetailseiten, Warenkorb-Banner und Landingpages für „Jetzt später zahlen“-Kampagnen.
Besondere Aufmerksamkeit verdienen Fälle, in denen der Rechnungskauf beschränkt ist – etwa Bonitätsprüfung, Warenkorblimits, Ausschluss bestimmter Waren, kein Gast-Checkout, nur Bestandskunden oder Ländereinschränkungen.
Wie Sie Transparenz elegant lösen
- Kurz-Hinweis direkt am Slogan: Ergänzen Sie „Kauf auf Rechnung“ um einen knappen Zusatz, etwa „vorbehaltlich positiver Bonitätsprüfung“.
- Details mit einem Klick: Verlinken Sie sichtbar auf eine kompakte Seite „Zahlungsarten & Bedingungen“ mit klaren Abschnitten zu Voraussetzungen, Ausschlüssen und Limits.
- Konsistenz über alle Touchpoints: Die gleiche Botschaft sollte sich überall wiederfinden – auch mobil und nicht durch Cookie-Banner oder Layer verdeckt.
Praxisnaher Merksatz: Werbeperspektive prägt die Pflichten. Wo Sie anlocken, sollten Bedingungen auf den ersten Blick erkennbar sein.
Typische Fehler – und wie Sie sie vermeiden
- Schlagwort ohne Kontext: „Kauf auf Rechnung“ ohne jeden Zusatz.
- Sternchen hinterher: Erläuterung erst im Footer oder weit entfernt von der Werbeaussage.
- Mehrdeutige Floskeln: „In der Regel verfügbar“ ohne spezifische Kriterien.
- Zerstreute Informationen: Unterschiedliche Aussagen auf Startseite und Checkout.
Besser: Ein kurzer, klarer Zusatz am Werbe-Teaser und eine einheitliche, gut auffindbare Detailseite.
Häufige Rückfragen aus dem Marketing
Reicht ein Hinweis erst im Checkout?
In der Regel nein: Die Bedingungen müssen im Umfeld der Werbung leicht zugänglich sein. Ein gut sichtbarer Link unmittelbar bei der Werbeaussage kann genügen – nicht jedoch, wenn die Seite den Eindruck vollständiger Information erweckt und kein Anlass besteht, nach Details zu suchen.
Muss jede Einschränkung im Teaser stehen?
Nicht jede. Wesentlich ist ein deutlicher Kurz-Hinweis (z. B. Bonitätsprüfung). Weitere Details dürfen über einen gut sichtbaren Link erreichbar sein – ohne Suchaufwand.
Ist ein Slogan allein schon unzulässig?
Nein. Der BGH hat keine generelle Unzulässigkeit der Aussage „Kauf auf Rechnung“ festgestellt. Problematisch wird es ohne Transparenz über einschränkende Bedingungen.
Handlungsempfehlung für Händler
- Alle Werbeflächen prüfen, wo Zahlungsarten hervorgehoben werden
- Kurz-Zusatz am Slogan ergänzen und sichtbar verlinken
- Einheitliche Detailseite zu Zahlungsarten pflegen
- Texte mit Payment-Providern abstimmen und regelmäßig aktualisieren
- Mobile UX testen, damit nichts verdeckt wird
- Teams schulen, damit künftige Kampagnen sauber aufgesetzt sind
Fazit
Die Aussage „Bequemer Kauf auf Rechnung“ ist nicht per se unzulässig. Entscheidend ist die Transparenz. Sobald die Werbung Verkaufsförderung darstellt, sollten Bedingungen wie die Bonitätsprüfung leicht zugänglich, klar und unzweideutig im Kontext der Werbung kommuniziert sein. Wer diese Linie beherzigt, reduziert Abmahnrisiken und schafft vertrauenswürdige Nutzererlebnisse.
Ansprechpartner
Alexander Bräuer
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