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Der Auskunftsanspruch im Urheberrecht: § 101 UrhG und seine Bedeutung

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Urheberrecht schützt die geistigen Schöpfungen von Autoren, Fotografen, Musikern, Filmemachern und anderen Kreativen. In einer digitalisierten Welt, in der Werke innerhalb von Sekunden weltweit verbreitet werden können, ist der Schutz geistigen Eigentums von zentraler Bedeutung. Illegale Vervielfältigungen, unerlaubte Nutzungen und der Vertrieb von Raubkopien stellen nicht nur einen wirtschaftlichen Schaden für die Rechteinhaber dar, sondern gefährden auch die Kreativbranche insgesamt.

Ein effektiver Schutz des Urheberrechts setzt voraus, dass Rechteinhaber ihre Ansprüche durchsetzen können. Oftmals ist es jedoch schwierig, die verantwortlichen Personen hinter einer Rechtsverletzung zu identifizieren. Genau an dieser Stelle kommt der Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG ins Spiel: Er ermöglicht es Urhebern und Rechteinhabern, Informationen über diejenigen zu erhalten, die unrechtmäßig geschützte Werke nutzen oder verbreiten oder auch die Höhe des Anspruch s zu beziffern.

Dieser Anspruch richtet sich nicht nur gegen die unmittelbaren Rechtsverletzer, sondern kann sich auch auf Dritte erstrecken, die an der Rechtsverletzung beteiligt sind, wie z. B. Internetprovider oder Betreiber von Online-Marktplätzen. Dadurch wird eine effektive Rechtsdurchsetzung erst möglich.

Warum ist der Auskunftsanspruch wichtig?

Der Auskunftsanspruch spielt in der Praxis eine entscheidende Rolle, da Urheberrechtsverletzungen oft im Verborgenen geschehen. Besonders im Internet agieren viele Rechtsverletzer anonym oder unter Pseudonymen, sodass Betroffene nicht ohne Weiteres gegen sie vorgehen können.

Typische Anwendungsfälle sind:

  • Illegale Downloads und Filesharing: Musik, Filme und Software werden über Torrent-Netzwerke und Streaming-Plattformen verbreitet. Rechteinhaber benötigen von Internetprovidern die IP-Adressen der Täter, um rechtlich gegen sie vorzugehen.
  • Bilderklau und unerlaubte Nutzung von Fotografien: Fotografen stellen oft fest, dass ihre Werke auf Websites oder Social-Media-Plattformen genutzt werden, ohne dass eine Erlaubnis vorliegt. Plattformbetreiber müssen in solchen Fällen die Identität des Nutzers offenlegen.

Ohne die Möglichkeit, Informationen über die Täter zu erhalten, wären Urheber und Rechteinhaber oft machtlos und könnten ihr geistiges Eigentum nicht effektiv schützen.

Überblick über die rechtliche Grundlage

Der Auskunftsanspruch im Urheberrecht ist in § 101 UrhG (Urheberrechtsgesetz) geregelt. Er beruht auf der europäischen Durchsetzungsrichtlinie 2004/48/EG, die die Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte innerhalb der EU stärkt.

Die gesetzliche Grundlage in § 101 UrhG lässt sich wie folgt zusammenfassen:

  • Der Auskunftsanspruch kann gegen den Rechtsverletzer oder gegen Dritte geltend gemacht werden.
  • Voraussetzungen sind eine offensichtliche Rechtsverletzung und ein berechtigtes Interesse des Antragstellers.
  • Der Anspruch umfasst Informationen über den Täter, insbesondere Name, Anschrift und Details zur Verletzungshandlung.
  • In bestimmten Fällen kann eine gerichtliche Anordnung notwendig sein, insbesondere wenn sich der Anspruch gegen Dritte (z. B. Internetprovider) richtet.

Neben § 101 UrhG können auch andere Normen eine Rolle spielen, darunter:

  • DSGVO und Datenschutzrecht: Der Schutz personenbezogener Daten muss gegen das Interesse des Urhebers auf Rechtsdurchsetzung abgewogen werden.
  • Telekommunikationsgesetz (TKG): Regelungen zur Herausgabe von Nutzerdaten durch Internetprovider.

In der Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof (BGH) mehrfach klargestellt, dass der Auskunftsanspruch ein zentrales Instrument zur Rechtsdurchsetzung im Urheberrecht darstellt. Beispielsweise bestätigte der BGH im Fall „Sommer unseres Lebens“ (BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08), dass Internetprovider verpflichtet sind, unter bestimmten Voraussetzungen IP-Adressen an Rechteinhaber herauszugeben.

Der Auskunftsanspruch ist somit ein unverzichtbares Werkzeug für Urheber und Rechteinhaber, um sich gegen illegale Nutzungen zu wehren. Er ermöglicht es, anonym agierende Rechtsverletzer zu identifizieren und rechtliche Schritte einzuleiten. Die gesetzliche Grundlage in § 101 UrhG stellt sicher, dass die Interessen von Rechteinhabern und Datenschutzbelangen sorgfältig abgewogen werden.

 

Übersicht:

Gesetzliche Grundlagen des Auskunftsanspruchs
Gesetzliche Grundlagen des Auskunftsanspruchs
Umfang und Inhalt der Auskunft
Durchsetzung des Auskunftsanspruchs
Der Auskunftsanspruch gegen Internetprovider und Plattformbetreiber
Praxisbeispiele aus der Rechtsprechung
Grenzen des Auskunftsanspruchs
Fazit und Handlungsempfehlungen 

 

Gesetzliche Grundlagen des Auskunftsanspruchs

Der Auskunftsanspruch im Urheberrecht ist eines der zentralen Instrumente, um gegen Rechtsverletzungen vorzugehen. Ohne die Möglichkeit, Informationen über einen Rechtsverletzer zu erhalten, wären Urheber und Rechteinhaber oft nicht in der Lage, ihre Ansprüche durchzusetzen. § 101 UrhG bildet die gesetzliche Grundlage für diesen Anspruch und regelt, unter welchen Voraussetzungen und gegen wen er geltend gemacht werden kann.

§ 101 UrhG: Auskunftsanspruch gegen Rechtsverletzer und Dritte

Der § 101 UrhG (Urheberrechtsgesetz) regelt, in welchen Fällen Urheber oder Rechteinhaber eine Auskunft über die Identität eines mutmaßlichen Rechtsverletzers verlangen können. Der Anspruch ist in zwei verschiedene Kategorien unterteilt:

  1. Auskunftsanspruch gegen den unmittelbaren Rechtsverletzer (§ 101 Abs. 1 UrhG)
    • Derjenige, der selbst eine Urheberrechtsverletzung begangen hat (z. B. ein Anbieter eines illegalen Download-Portals oder ein gewerblicher Händler gefälschter Waren), ist zur Auskunft verpflichtet.
    • Die Auskunftspflicht umfasst Angaben wie Namen, Anschrift und weitere Informationen, die zur Identifizierung und Rechtsdurchsetzung notwendig sind.
  2. Auskunftsanspruch gegen Dritte (§ 101 Abs. 2 UrhG)
    • Auch Dritte, die nicht selbst die Urheberrechtsverletzung begangen haben, können zur Auskunft verpflichtet werden.
    • Dazu zählen insbesondere:
      • Internetprovider, die Nutzerdaten verwalten.
      • Online-Marktplätze und Plattformbetreiber (z. B. Amazon, eBay, YouTube, Facebook).
      • Händler oder Hersteller, die rechtsverletzende Produkte in Umlauf gebracht haben.
    • Voraussetzung ist, dass der Dritte „in gewerblichem Ausmaß“ an der Urheberrechtsverletzung beteiligt war oder einen rechtsverletzenden Dienst ermöglicht hat.
    • Dies betrifft insbesondere Fälle aus dem Bereich des Filesharings, der Bilderklau-Problematik oder der unerlaubten Nutzung von Inhalten auf Social-Media-Plattformen.

Historische Entwicklung und Gesetzesbegründung

Der heutige § 101 UrhG geht auf die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte (IPRED, 2004/48/EG) zurück. Diese Richtlinie wurde geschaffen, um Urheberrechte europaweit wirksamer durchsetzen zu können und den Zugang zu Informationen über Rechtsverletzer zu erleichtern.

Wichtige Meilensteine in der Entwicklung:

  • Vor 2008: Das Urheberrecht bot nur eingeschränkte Möglichkeiten, gegen anonyme Rechtsverletzungen im Internet vorzugehen. Besonders im Bereich des Filesharings war es schwierig, Täter ausfindig zu machen.
  • 2008: Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht mit der Einführung des heutigen § 101 UrhG.
  • 2012 (BGH „Sommer unseres Lebens“): Erstes richtungsweisendes Urteil des BGH, das klärte, dass Internetprovider zur Herausgabe von Nutzerdaten verpflichtet sein können.
  • 2018 (DSGVO-Einfluss): Neue Datenschutzregeln führten dazu, dass der Auskunftsanspruch mit den strengen Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Einklang gebracht werden musste.

Rechtsprechung:

  • BGH, Urteil vom 12.05.2010 – I ZR 121/08 („Sommer unseres Lebens“)
    • Der Bundesgerichtshof entschied, dass Internetprovider Nutzerdaten herausgeben müssen, wenn eine offensichtliche Urheberrechtsverletzung vorliegt.
  • EuGH, Urteil vom 09.07.2020 – C-264/19 („YouTube-Urteil“)
    • Der EuGH urteilte, dass Plattformen wie YouTube oder Google nicht verpflichtet sind, IP-Adressen oder E-Mail-Adressen von Nutzern ohne weiteres herauszugeben.

Verhältnis zu anderen Rechtsgrundlagen (z. B. DSGVO, BGB)

Der Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG steht nicht isoliert, sondern muss mit anderen Rechtsvorschriften in Einklang gebracht werden. Besonders wichtig ist das Verhältnis zu Datenschutzgesetzen und allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen:

Verhältnis zur DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung)

    • Der Auskunftsanspruch berührt personenbezogene Daten (z. B. Name, Anschrift, IP-Adresse).
    • Eine Herausgabe dieser Daten muss mit den Datenschutzvorschriften der DSGVO vereinbar sein.
    • Abwägung erforderlich: Interessen des Urhebers an der Rechtsdurchsetzung vs. Schutz der persönlichen Daten des mutmaßlichen Rechtsverletzers.
    • Rechtsprechung bestätigt: In Fällen von offensichtlichen Rechtsverletzungen überwiegt das Interesse des Rechteinhabers.

Telekommunikationsgesetz (TKG) und Strafverfolgung

    • TKG regelt, wann und wie Internetprovider Daten herausgeben dürfen.
    • Eine Herausgabe von Bestandsdaten (z. B. Name und Adresse hinter einer IP-Adresse) ist nur mit richterlicher Anordnung möglich.
    • In strafrechtlich relevanten Fällen kann auch die Staatsanwaltschaft Daten anfordern.

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Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs

Der Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG ist nicht uneingeschränkt anwendbar, sondern setzt bestimmte Voraussetzungen voraus. Er kann nur unter bestimmten Bedingungen geltend gemacht werden, wobei sowohl die Berechtigung des Antragstellers als auch die Bedingungen für die Auskunftserteilung eine Rolle spielen.

Wer kann den Auskunftsanspruch geltend machen?

Gemäß § 101 Abs. 1 UrhG kann der Anspruch von denjenigen geltend gemacht werden, deren Urheberrechte oder verwandte Schutzrechte verletzt wurden. Dazu zählen:

1. Urheber

  • Der Urheber eines Werkes (z. B. Fotograf, Schriftsteller, Musiker, Filmemacher) kann einen Auskunftsanspruch geltend machen.
  • Beispiel: Ein Fotograf entdeckt, dass seine Bilder ohne Zustimmung auf einer Webseite verwendet werden. Er kann vom Seitenbetreiber oder vom Hosting-Anbieter Informationen über den Verantwortlichen verlangen.

2. Rechteinhaber

  • Unternehmen, Verlage oder Labels, die ausschließliche Nutzungsrechte an einem Werk erworben haben, sind anspruchsberechtigt.
  • Beispiel: Ein Musiklabel, das die exklusiven Verwertungsrechte an einem Song hält, kann eine Plattform (z. B. YouTube) zur Auskunft auffordern, wenn ein Nutzer das Lied ohne Lizenz hochgeladen hat.

3. Lizenznehmer (bei ausschließlicher Lizenz)

  • Ausschließliche Lizenznehmer haben das Recht, den Urheberrechtsverstoß in eigenem Namen zu verfolgen und eine Auskunft zu verlangen.
  • Beispiel: Ein Filmverleih, der die exklusiven Rechte an einem Kinofilm besitzt, kann von einem Streaming-Portal die Herausgabe von Daten über einen illegalen Uploader fordern.

Hinweis:
Inhaber nicht-ausschließlicher Lizenzen (z. B. einfache Nutzungslizenzen) sind nicht berechtigt, einen Auskunftsanspruch geltend zu machen.

Gegen wen richtet sich der Anspruch?

Der Auskunftsanspruch kann gegen zwei Gruppen von Personen oder Unternehmen gerichtet sein:

1. Rechtsverletzer (direkte Täter)

  • Der Anspruch richtet sich in erster Linie gegen die Person, die die Urheberrechtsverletzung begangen hat.
  • Beispiel:
    • Ein Blogger kopiert einen Artikel ohne Genehmigung auf seine Website. Der geschädigte Journalist kann direkt gegen ihn vorgehen.
    • Ein Nutzer lädt ein geschütztes Musikstück auf eine Streaming-Plattform hoch. Der Urheber kann eine Auskunft über den Täter verlangen.

2. Dritte (z. B. Internetprovider, Online-Marktplätze, Hosting-Anbieter)

  • In vielen Fällen ist der direkte Täter nicht unmittelbar identifizierbar (z. B. weil er ein Pseudonym nutzt).
  • Daher kann sich der Auskunftsanspruch auch gegen Dritte richten, die an der Verbreitung oder Bereitstellung beteiligt sind. Dazu gehören:
    • Internetprovider: Bereitstellung von IP-Adressen und Nutzerdaten.
    • Online-Marktplätze (Amazon, eBay): Identifikation von Händlern, die gefälschte Produkte anbieten.
    • Social-Media-Plattformen (YouTube, Instagram): Offenlegung der Identität von Nutzern, die geschützte Werke unerlaubt hochladen.

Praxisbeispiel:
Ein Fotograf entdeckt, dass seine Bilder ohne Genehmigung auf einem Instagram-Account verwendet werden. Da der Nutzer ein Pseudonym verwendet, kann der Fotograf von Meta (Instagram-Betreiber) verlangen, die Identität des Account-Inhabers offenzulegen.

Achtung:
Dritte sind nur dann auskunftspflichtig, wenn sie „in gewerblichem Ausmaß“ an der Urheberrechtsverletzung beteiligt sind oder eine Plattform bereitstellen, die Rechtsverletzungen ermöglicht.

Wann besteht ein berechtigtes Interesse?

Der Auskunftsanspruch setzt voraus, dass der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an den Informationen hat. Dies bedeutet, dass die Auskunft erforderlich sein muss, um rechtliche Schritte gegen den Rechtsverletzer einleiten zu können.

Ein berechtigtes Interesse liegt insbesondere vor, wenn:

  • Der Urheber die Identität des Rechtsverletzers nicht anderweitig herausfinden kann.
  • Die Auskunft zur Durchsetzung von Schadensersatz- oder Unterlassungsansprüchen erforderlich ist.

Beispiel: Filesharing und Streaming-Plattformen

  • Ein Filmstudio stellt fest, dass ein aktueller Kinofilm auf einer illegalen Streaming-Seite angeboten wird.
  • Das Studio kann von der Plattform oder dem Hosting-Anbieter verlangen, den Namen desjenigen herauszugeben, der den Film hochgeladen hat.

Rechtsprechung:

  • Der BGH hat in mehreren Urteilen bestätigt, dass ein berechtigtes Interesse insbesondere dann besteht, wenn eine systematische oder wiederholte Rechtsverletzung vorliegt.
  • In einem Filesharing-Fall entschied das Landgericht Köln, dass Rechteinhaber ein „überwiegendes Interesse“ daran haben, die IP-Adresse von Nutzern zu erfahren, die urheberrechtlich geschützte Inhalte illegal verbreiten.

Rechtsverletzung als Voraussetzung

Was gilt als „offensichtliche“ Rechtsverletzung?

  • Eine Auskunft kann nur verlangt werden, wenn die Urheberrechtsverletzung „offensichtlich“ ist.
  • Offensichtlich bedeutet, dass kein ernsthafter Zweifel an der Rechtsverletzung besteht.
  • Dies ist der Fall, wenn:
    • Ein geschütztes Werk ohne Genehmigung öffentlich zugänglich gemacht wird.
    • Die Nutzung eindeutig nicht unter eine gesetzliche Schrankenregelung fällt (z. B. Zitatrecht).

Praxisbeispiele aus der Rechtsprechung:

  • BGH „Sommer unseres Lebens“ (2010)
    • Ein Internetprovider musste einem Musikverlag die Daten eines Nutzers herausgeben, der einen Song illegal über eine Tauschbörse verbreitet hatte.
  • EuGH „YouTube-Urteil“ (2020)
    • Plattformbetreiber müssen unter bestimmten Umständen Informationen über Nutzer herausgeben, die urheberrechtlich geschützte Inhalte hochladen.

Erforderlichkeit der Auskunft für die Rechtsverfolgung

Abwägung zwischen Urheberrechtsschutz und Datenschutz

  • Der Anspruch auf Auskunft kollidiert häufig mit Datenschutzrechten der betroffenen Nutzer.
  • Gerichte müssen eine Interessenabwägung vornehmen:
    • Interesse des Rechteinhabers an der Durchsetzung seiner Ansprüche.
    • Interesse des Betroffenen am Schutz seiner personenbezogenen Daten.
  • Wenn die Urheberrechtsverletzung offensichtlich ist, überwiegt in der Regel das Interesse des Rechteinhabers.

Beispiele: Verletzungen durch unbekannte Täter

  • Ein Unternehmen stellt fest, dass auf einem anonym betriebenen YouTube-Kanal regelmäßig urheberrechtlich geschütztes Videomaterial veröffentlicht wird.
  • Es kann YouTube auffordern, die Identität des Kanalbetreibers preiszugeben.

Fazit

  • Nicht jeder kann einen Auskunftsanspruch geltend machen – nur Urheber, Rechteinhaber und ausschließliche Lizenznehmer sind berechtigt.
  • Der Anspruch kann sich sowohl gegen den direkten Täter als auch gegen Dritte (z. B. Internetprovider, Plattformbetreiber) richten.
  • Eine offensichtliche Rechtsverletzung muss vorliegen, und die Auskunft muss zur Rechtsverfolgung erforderlich sein.
  • Datenschutzrechtliche Bedenken können eine Rolle spielen, doch die Rechtsprechung bestätigt, dass Urheber in vielen Fällen ein überwiegendes Interesse an der Auskunft haben.

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Umfang und Inhalt der Auskunft

Sobald die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs nach § 101 UrhG erfüllt sind, stellt sich die Frage, welche konkreten Informationen offengelegt werden müssen. Der Gesetzgeber hat in § 101 Abs. 3 UrhG den Umfang der Auskunftspflicht festgelegt. Dabei geht es nicht nur um die Identität des Rechtsverletzers, sondern auch um weiterführende Informationen, die für eine erfolgreiche Rechtsverfolgung wichtig sind.

Welche Informationen müssen herausgegeben werden?

Laut § 101 Abs. 3 UrhG umfasst die Auskunft folgende Informationen:

1. Name und Anschrift des Rechtsverletzers

  • Der Anspruchsteller kann den Namen und die Anschrift desjenigen verlangen, der die Urheberrechtsverletzung begangen hat.
  • Dies ist insbesondere dann relevant, wenn die Identität des Täters nicht bekannt ist (z. B. bei anonymen Internetnutzern oder Händlern auf Online-Marktplätzen).
  • Beispiel:
    • Ein Fotograf entdeckt, dass ein Online-Shop seine Bilder unerlaubt verwendet. Er kann den Betreiber der Plattform (z. B. eBay, Amazon) zur Herausgabe der Kontaktdaten des Verkäufers auffordern.

2. Informationen über die Herkunft und die Vertriebswege rechtswidriger Kopien

  • Wenn es sich um Produktpiraterie oder illegale Kopien geschützter Werke handelt, kann der Rechteinhaber auch Informationen über die Herkunft und die Vertriebswege der rechtsverletzenden Produkte oder Werke verlangen.
  • Dies betrifft insbesondere die gesamte Lieferkette:
    • Wer hat die Ware hergestellt?
    • Wer hat sie geliefert oder vertrieben?
    • Welche Großhändler oder Zwischenhändler sind beteiligt?
  • Beispiel:
    • Ein Plattenlabel stellt fest, dass auf einem Online-Marktplatz gefälschte CDs verkauft werden. Es kann vom Plattformbetreiber Informationen darüber verlangen, welche Händler diese Produkte vertreiben und woher sie stammen.

Rechtsprechung:

  • Der EuGH (Entscheidung C-572/14 – L’Oréal gegen eBay) bestätigte, dass Plattformbetreiber unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sind, Informationen über gewerbliche Anbieter gefälschter Produkte offenzulegen.

Pflicht zur Offenlegung von Geschäftspartnern und Lieferanten

Neben der Identität des unmittelbaren Täters können auch Informationen über Dritte verlangt werden, die an der Verbreitung des rechtsverletzenden Materials beteiligt sind.

Gemäß § 101 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 UrhG umfasst die Auskunftspflicht insbesondere:

  1. Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer
  2. Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer
  3. Angaben über die Menge der produzierten, ausgelieferten oder bestellten Waren

Beispiel:
Ein Buchverlag stellt fest, dass eine Druckerei ohne Genehmigung Nachdrucke eines Bestsellers herstellt. Der Verlag kann nicht nur gegen die Druckerei selbst vorgehen, sondern auch Informationen über Großhändler und Vertriebspartner verlangen, die die illegalen Kopien weiterverkaufen.

Einschränkungen des Auskunftsanspruchs

Obwohl § 101 UrhG umfassende Auskunftsansprüche gewährt, gibt es auch Grenzen. Nicht in jedem Fall müssen alle Informationen herausgegeben werden. Besonders datenschutzrechtliche und berufsbezogene Einschränkungen spielen eine Rolle.

1. Schutz von Berufsgeheimnisträgern (z. B. Anwälte, Ärzte)

  • § 101 Abs. 5 UrhG sieht vor, dass Berufsgeheimnisträger (wie Rechtsanwälte, Steuerberater oder Ärzte) nicht zur Auskunft verpflichtet sind, wenn dies gegen ihre beruflichen Verschwiegenheitspflichten verstoßen würde.

Rechtsprechung:

  • Der BGH entschied in einem Urteil, dass Provider und Plattformbetreiber nicht als Berufsgeheimnisträger gelten und daher grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet sind.

2. Verhältnis zur DSGVO (Datenschutzrechtliche Hürden)

  • Die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) schützt personenbezogene Daten und stellt strenge Anforderungen an deren Verarbeitung und Weitergabe.
  • Ein Spannungsfeld entsteht zwischen dem Urheberrechtsschutz und dem Datenschutz der betroffenen Person.
  • Abwägung erforderlich:
    • Einerseits besteht das Interesse des Urhebers an der Durchsetzung seiner Rechte.
    • Andererseits muss der Schutz personenbezogener Daten gewahrt bleiben.
  • Die Rechtsprechung hat jedoch mehrfach bestätigt, dass die Durchsetzung von Urheberrechten als berechtigtes Interesse gilt und eine Datenweitergabe in vielen Fällen rechtfertigt.

Rechtsprechung zur DSGVO-Abwägung:

  • Der EuGH entschied im Fall „YouTube-Urteil“ (C-264/19), dass Plattformbetreiber nicht verpflichtet sind, E-Mail-Adressen oder IP-Adressen herauszugeben, wohl aber Namen und Anschriften von Rechtsverletzern.
  • Der BGH („Sommer unseres Lebens“, 2010) stellte klar, dass Internetprovider IP-Adressen nur auf richterlichen Beschluss hin herausgeben dürfen.

Fazit

Der Umfang der Auskunft nach § 101 UrhG ist weitreichend und umfasst sowohl die Identität des Rechtsverletzers als auch die Vertriebswege der rechtsverletzenden Produkte.
Plattformbetreiber und Händler können zur Offenlegung von Geschäftspartnern und Lieferanten verpflichtet werden.
Berufsgeheimnisträger sind von der Auskunftspflicht ausgenommen, um ihre Verschwiegenheitspflichten zu wahren.
Die DSGVO setzt Datenschutzgrenzen, doch die Rechtsprechung bestätigt, dass Urheber in vielen Fällen ein überwiegendes Interesse an der Durchsetzung ihrer Rechte haben.

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Durchsetzung des Auskunftsanspruchs

Ein Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG besteht zwar grundsätzlich, doch die eigentliche Herausforderung liegt oft in der Durchsetzung. Häufig verweigern die Auskunftspflichtigen – insbesondere Plattformbetreiber, Internetprovider oder Händler – die Herausgabe der Informationen. Daher müssen Rechteinhaber gezielt und strategisch vorgehen, um ihr Recht durchzusetzen.

Die Durchsetzung erfolgt in zwei Stufen:

  1. Außergerichtliche Geltendmachung (z. B. durch eine Abmahnung)
  2. Gerichtliche Durchsetzung (z. B. durch eine einstweilige Verfügung oder eine Klage)

Außergerichtliche Geltendmachung

1. Abmahnung als erster Schritt

In den meisten Fällen erfolgt der erste Schritt durch eine außergerichtliche Abmahnung. Dabei wird der Rechtsverletzer oder ein Dritter (z. B. ein Plattformbetreiber) aufgefordert, die relevanten Daten innerhalb einer gesetzten Frist herauszugeben.

Inhalt einer Abmahnung:

  • Darstellung der Urheberrechtsverletzung (z. B. Nutzung eines Fotos, Verbreitung eines Films)
  • Aufforderung zur Auskunft nach § 101 UrhG
  • Frist zur Auskunftserteilung (üblich sind 7 bis 14 Tage)
  • Androhung weiterer rechtlicher Schritte bei Nichtbeachtung

2. Beispiel: Streaming- und Filesharing-Plattformen

  • Ein Filmstudio stellt fest, dass ein neuer Kinofilm auf einer Streaming-Plattform angeboten wird.
  • Der Betreiber der Plattform verweigert die Herausgabe der Nutzerdaten.
  • Das Filmstudio mahnt den Plattformbetreiber ab und fordert eine freiwillige Offenlegung der Informationen.
  • Wird die Auskunft verweigert, bleibt nur der gerichtliche Weg.

Gerichtliche Durchsetzung

Wenn der Auskunftsverpflichtete die Herausgabe der Daten verweigert, kann der Rechteinhaber den Anspruch gerichtlich durchsetzen. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten:

1. Anordnung der Auskunft durch einstweilige Verfügung

  • Bei besonders dringenden Fällen kann ein Gericht eine einstweilige Verfügung erlassen, um den Auskunftsverpflichteten zur Herausgabe der Daten zu zwingen.
  • Dies ist oft bei aktuellen Rechtsverletzungen notwendig, z. B. wenn ein gerade veröffentlichter Film in großem Umfang illegal verbreitet wird.
  • Eine einstweilige Verfügung ist innerhalb weniger Tage bis Wochen durchsetzbar.

2. Klageverfahren

  • Wenn eine außergerichtliche Einigung nicht möglich ist, kann der Rechteinhaber eine Auskunftsklage einreichen.
  • Das Gericht prüft, ob die Voraussetzungen für den Auskunftsanspruch erfüllt sind, und kann den Beklagten zur Herausgabe der Daten verurteilen.
  • Der Klageweg dauert oft mehrere Monate, kann aber notwendig sein, um an die geforderten Informationen zu kommen.

Kosten und Risiken einer Klage

Die gerichtliche Durchsetzung des Auskunftsanspruchs ist mit Kosten verbunden. Diese richten sich nach dem Streitwert, der oft im fünf- oder sechsstelligen Bereich liegt, insbesondere wenn es um gewerbliche Urheberrechtsverletzungen geht.

1. Wer trägt die Kosten?

  • Grundsätzlich gilt: Der Unterlegene trägt die Verfahrenskosten.
  • Wird der Auskunftsanspruch gerichtlich bestätigt, muss der Beklagte die Anwalts- und Gerichtskosten des Klägers erstatten.
  • In einigen Fällen kann auch eine Teilung der Kosten angeordnet werden (z. B. wenn die Auskunftspflicht nur teilweise besteht).

2. Beispiele aus der Praxis

  • BGH „Sommer unseres Lebens“ (2010):
    • Der Internetprovider weigerte sich, Nutzerdaten herauszugeben.
    • Das Gericht entschied, dass der Provider zur Auskunft verpflichtet ist.
    • Der Provider musste die Gerichts- und Anwaltskosten tragen.
  • EuGH „YouTube-Urteil“ (2020):
    • Geklagt wurde auf Herausgabe von Nutzerdaten.
    • Das Gericht entschied, dass Plattformbetreiber nur begrenzt zur Auskunft verpflichtet sind.
    • Die Kläger mussten einen Teil der Kosten selbst tragen.

Sanktionen bei Verweigerung der Auskunft

Wenn ein Auskunftsverpflichteter die Herausgabe der Daten trotz gerichtlicher Anordnung verweigert, drohen Sanktionen.

1. Ordnungsgeld und Zwangshaft

  • Gerichte können Ordnungsgelder verhängen, wenn eine Partei die gerichtliche Anordnung missachtet.
  • Die Höhe des Ordnungsgeldes kann bis zu 250.000 Euro betragen.
  • In extremen Fällen kann Zwangshaft angeordnet werden, wenn eine natürliche Person die Auskunft absichtlich verweigert.

Fazit

Der erste Schritt zur Durchsetzung des Auskunftsanspruchs ist eine außergerichtliche Abmahnung. Viele Fälle können ohne gerichtliche Auseinandersetzung gelöst werden.
Wenn die Auskunft verweigert wird, kann eine einstweilige Verfügung oder eine Klage eingereicht werden.
Gerichtliche Verfahren können teuer sein, aber der Kläger kann seine Kosten ersetzt bekommen, wenn er gewinnt.
Bei Weigerung drohen Sanktionen wie hohe Ordnungsgelder oder Zwangshaft. Die Rechtsprechung zeigt, dass Gerichte den Auskunftsanspruch ernst nehmen.

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Der Auskunftsanspruch gegen Internetprovider und Plattformbetreiber

Die Durchsetzung von Urheberrechten wird in der digitalen Welt oft durch die Anonymität von Rechtsverletzern erschwert. Viele nutzen Pseudonyme oder technische Schutzmaßnahmen, um ihre Identität zu verschleiern. Um dennoch gegen Urheberrechtsverletzungen vorgehen zu können, sieht das Gesetz vor, dass nicht nur direkte Rechtsverletzer, sondern auch Dritte – insbesondere Internetprovider und Plattformbetreiber – zur Auskunft über Nutzerinformationen verpflichtet werden können. Dabei geht es vor allem um die Frage, unter welchen Bedingungen Hosting-Dienste, Soziale Netzwerke oder Online-Marktplätze Daten herausgeben müssen.

Haftung von Providern und Hosting-Diensten

Internetprovider und Hosting-Dienste spielen eine zentrale Rolle bei der Verbreitung von Inhalten. Sie stellen die technische Infrastruktur bereit, über die Websites, Onlineshops, Streaming-Plattformen oder Foren betrieben werden. Oft sind sie zwar nicht direkt an einer Urheberrechtsverletzung beteiligt, ermöglichen diese aber durch ihre Dienstleistungen.

Die rechtliche Lage ist dabei differenziert:

  • Access-Provider (z. B. Telekom, Vodafone) bieten lediglich den Zugang zum Internet. Sie haften grundsätzlich nicht für rechtsverletzende Inhalte, die über ihre Netze verbreitet werden. Dennoch können sie zur Herausgabe von IP-Adressen verpflichtet sein, wenn eine Rechtsverletzung nachweisbar ist.
  • Hosting-Provider (z. B. Cloudflare, AWS) hosten Inhalte auf ihren Servern. Wenn sie Kenntnis von einer Urheberrechtsverletzung erhalten, können sie nicht nur verpflichtet werden, die Inhalte zu entfernen, sondern auch Informationen über die verantwortlichen Nutzer bereitzustellen.
  • Plattformbetreiber (z. B. YouTube, Facebook, eBay) haben eine besondere Verantwortung, weil sie oft selbst über Mechanismen verfügen, um Urheberrechtsverletzungen festzustellen und Nutzer zu identifizieren.

Wann kann ein Plattformbetreiber zur Auskunft verpflichtet werden?

Plattformbetreiber müssen unter bestimmten Voraussetzungen Name, Anschrift oder andere Identifizierungsdaten von Nutzern herausgeben, die urheberrechtlich geschützte Inhalte unrechtmäßig hochgeladen oder verbreitet haben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine „offensichtliche“ Urheberrechtsverletzung vorliegt und der Rechteinhaber nachweisen kann, dass die Auskunft für die Rechtsverfolgung erforderlich ist.

Ein entscheidender Punkt ist, dass Plattformbetreiber grundsätzlich nicht automatisch für die Inhalte verantwortlich sind, die ihre Nutzer hochladen. Sie genießen bis zu einem gewissen Grad Haftungsprivilegien, müssen aber auf rechtsverletzende Inhalte reagieren, wenn sie darauf hingewiesen werden.

Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass Plattformbetreiber dann zur Auskunft verpflichtet sind, wenn:

  • Der Nutzer in gewerblichem Ausmaß Urheberrechte verletzt hat.
  • Die Plattform über eine Möglichkeit verfügt, den Nutzer zu identifizieren (z. B. durch hinterlegte Anmeldeinformationen).
  • Keine überwiegenden Datenschutzrechte dem entgegenstehen.

Rechtsprechung des EuGH zur Störerhaftung und Plattformbetreiber

Die Frage der Haftung von Plattformbetreibern für Urheberrechtsverletzungen wurde durch mehrere richtungsweisende Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesgerichtshofs (BGH) geklärt.

Das „YouTube-Urteil“ des BGH

Eine zentrale Entscheidung zur Verantwortung von Plattformen traf der Bundesgerichtshof (BGH) im „YouTube-Urteil“. Dabei ging es um die Frage, ob YouTube als Plattform für urheberrechtsverletzende Inhalte seiner Nutzer haften und Auskunft über deren Identität erteilen muss.

Der BGH entschied, dass YouTube nicht automatisch als Täter oder Mittäter haftet, wenn Nutzer unrechtmäßig urheberrechtlich geschützte Werke hochladen. Allerdings besteht eine Verpflichtung, auf rechtsverletzende Inhalte nach Kenntnisnahme zu reagieren.

Das Urteil zeigt, dass Plattformbetreiber nicht proaktiv alle Inhalte überwachen müssen, aber sie müssen effektive Maßnahmen zur Verhinderung von Urheberrechtsverstößen treffen und bei eindeutigen Verstößen auf Anfrage Auskunft erteilen.

EuGH-Urteil zu Facebook und Instagram

Ein weiteres richtungsweisendes Urteil fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Bezug auf Facebook und Instagram. Hier ging es darum, ob die Plattformen dazu verpflichtet sind, die Identität von Nutzern preiszugeben, die urheberrechtlich geschützte Inhalte unrechtmäßig verbreiten.

Der EuGH stellte klar, dass Plattformbetreiber unter bestimmten Bedingungen zur Herausgabe von Nutzerdaten verpflichtet werden können, aber es Grenzen beim Datenschutz gibt. Konkret dürfen Plattformbetreiber nicht ohne weiteres E-Mail-Adressen, Telefonnummern oder IP-Adressen herausgeben. Der Anspruch auf Auskunft umfasst in der Regel nur Name und Anschrift eines Nutzers.

Fazit

Internetprovider, Hosting-Dienste und Plattformbetreiber sind keine direkten Täter von Urheberrechtsverletzungen, können aber zur Auskunft über ihre Nutzer verpflichtet werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Während Access-Provider nur in Ausnahmefällen Daten herausgeben müssen, sind Hosting- und Plattformbetreiber oft auskunftspflichtig, wenn eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegt.

Die Rechtsprechung des BGH und EuGH hat klargestellt, dass Plattformen keine allgemeine Überwachungspflicht trifft, sie aber auf Hinweise reagieren und rechtsverletzende Inhalte entfernen müssen. Der Datenschutz setzt Grenzen, sodass in vielen Fällen nur Name und Anschrift, aber nicht IP-Adressen oder E-Mail-Daten herausgegeben werden müssen.

Für Rechteinhaber bedeutet dies, dass sie begründete und gezielte Anfragen stellen müssen, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Plattformbetreiber und Provider können sich nicht einfach hinter Datenschutzvorschriften verstecken, wenn eindeutige Rechtsverletzungen vorliegen.

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Praxisbeispiele aus der Rechtsprechung

Die gerichtliche Durchsetzung des Auskunftsanspruchs nach § 101 UrhG ist maßgeblich von der Rechtsprechung geprägt. Zahlreiche Urteile haben die Rechte von Urhebern gestärkt, aber auch Grenzen des Auskunftsanspruchs definiert. Besonders relevant sind Entscheidungen zu Filesharing, Plattformbetreibern und Online-Marktplätzen, da diese häufig von Urheberrechtsverletzungen betroffen sind.

Filesharing & Streaming – BGH „Sommer unseres Lebens“ (2010)

Eines der bedeutendsten Urteile zum Auskunftsanspruch gegen Internetprovider ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Fall „Sommer unseres Lebens“ aus dem Jahr 2010.

Sachverhalt:
Ein Musikverlag stellte fest, dass ein Song („Sommer unseres Lebens“) über eine Tauschbörse (Filesharing-Netzwerk) ohne Erlaubnis verbreitet wurde. Der Verlag beantragte beim Internetprovider, die Nutzerdaten der ermittelten IP-Adressen herauszugeben. Der Provider verweigerte dies mit der Begründung, dass dies gegen das Datenschutzrecht verstoße.

Entscheidung des BGH:
Der BGH entschied, dass Internetprovider unter bestimmten Voraussetzungen zur Auskunft über die IP-Adressen verpflichtet sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn:

  • Eine offensichtliche Urheberrechtsverletzung vorliegt.
  • Die Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß erfolgt ist.

Bedeutung für die Praxis:
Dieses Urteil war wegweisend, weil es den Auskunftsanspruch gegen Internetprovider konkretisierte. Seitdem ist es für Rechteinhaber möglich, bei Gerichten Anordnungen zur Herausgabe von IP-Adressen zu beantragen.

Auskunftsanspruch gegen Amazon & eBay: Verletzung von Bildrechten

Online-Marktplätze wie Amazon und eBay sind häufig mit Urheberrechtsverletzungen konfrontiert. Besonders problematisch ist die unerlaubte Nutzung von Bildern durch Händler, die fremde Produktfotos verwenden.

Rechtsprechung:
Der Bundesgerichtshof und mehrere Oberlandesgerichte haben entschieden, dass Plattformbetreiber verpflichtet sind, Informationen über Händler herauszugeben, die fremde Bilder ohne Erlaubnis nutzen.

Beispiel-Fall:
Ein Fotograf bemerkte, dass ein eBay-Verkäufer seine professionellen Produktbilder ohne Zustimmung verwendete. Der Fotograf forderte eBay auf, die Kontaktdaten des Verkäufers preiszugeben. eBay lehnte dies mit Verweis auf Datenschutzvorschriften ab.

Das Gericht entschied zugunsten des Fotografen und stellte klar, dass Online-Marktplätze den Namen und die Anschrift gewerblicher Verkäufer offenlegen müssen, wenn eine Urheberrechtsverletzung offenkundig ist.

Auskunftsanspruch gegen TikTok & Instagram: Wer haftet für Urheberrechtsverletzungen?

Die zunehmende Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Inhalten auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Instagram führt zu neuen rechtlichen Fragen.

Typischer Fall:
Ein Videoproduzent stellt fest, dass sein Clip auf mehreren TikTok-Accounts ohne Erlaubnis hochgeladen wurde. Die Uploader nutzen Pseudonyme, sodass der Produzent die Plattform auffordert, die Identität der Nutzer offenzulegen.

Fazit

Die Rechtsprechung zeigt, dass der Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG ein zentrales Instrument zur Durchsetzung von Urheberrechten ist. Besonders Plattformbetreiber und Online-Marktplätze sind zunehmend verpflichtet, Nutzerdaten herauszugeben, wenn eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegt. Während Internetprovider IP-Adressen nur auf richterlichen Beschluss hin herausgeben müssen, können Marktplätze wie Amazon, eBay oder Social-Media-Plattformen zur Offenlegung von Namen und Anschriften verpflichtet werden.

Für Rechteinhaber bedeutet dies, dass sie gezielt gegen Urheberrechtsverletzungen vorgehen können – entweder außergerichtlich durch Abmahnungen oder über gerichtliche Verfahren.

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Grenzen des Auskunftsanspruchs

Obwohl der Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG eine zentrale Rolle bei der Durchsetzung von Urheberrechten spielt, gibt es auch rechtliche und praktische Grenzen. Nicht jede Anfrage führt automatisch zur Herausgabe von Daten, da Datenschutzvorschriften, Verhältnismäßigkeitsgrundsätze und potenzielle Missbrauchsgefahren berücksichtigt werden müssen.

Wann kann die Auskunft verweigert werden?

Der Auskunftsanspruch kann in bestimmten Fällen abgelehnt oder eingeschränkt werden. Dies betrifft insbesondere Situationen, in denen gesetzliche Schutzvorschriften oder eine fehlende Rechtsgrundlage entgegenstehen.

Wichtige Ablehnungsgründe:

  • Fehlende „offensichtliche Rechtsverletzung“: Wenn die behauptete Urheberrechtsverletzung nicht eindeutig ist, kann der Auskunftsanspruch abgelehnt werden.
  • Unverhältnismäßigkeit: Falls die Auskunftsanfrage über das erforderliche Maß hinausgeht, kann sie als unverhältnismäßig eingestuft und abgelehnt werden.
  • Kein gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung: Der Anspruch gegen Dritte (z. B. Plattformen, Provider) besteht nur, wenn die Urheberrechtsverletzung „in gewerblichem Ausmaß“ erfolgt ist. Bei privaten Verstößen kann die Auskunft verweigert werden.
  • Schutz von Berufsgeheimnisträgern: Anwälte, Ärzte oder Steuerberater sind nach § 101 Abs. 5 UrhG von der Auskunftspflicht befreit, wenn die Offenlegung ihrer Mandanten oder Patienten ihre berufliche Verschwiegenheitspflicht verletzen würde.

Datenschutzrechtliche Bedenken

Ein zentraler Punkt bei der Verweigerung von Auskunftsansprüchen ist der Schutz personenbezogener Daten. Die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) stellt hohe Anforderungen an die Weitergabe von Informationen, insbesondere wenn es um IP-Adressen oder private Nutzerdaten geht.

Rechtsprechung zur DSGVO-Abwägung:

  • Der EuGH entschied 2020, dass Plattformbetreiber zwar zur Herausgabe von Namen und Anschriften verpflichtet sein können, jedoch keine IP-Adressen oder E-Mail-Adressen weitergeben müssen.
  • Der BGH stellte in „Sommer unseres Lebens“ (2010) klar, dass Internetprovider IP-Adressen nur mit richterlicher Anordnung herausgeben dürfen.

Fazit

Nicht jede Auskunftsanfrage ist berechtigt. Plattformbetreiber und Unternehmen können sich auf Datenschutz und Verhältnismäßigkeit berufen.
Datenschutzrechtliche Bedenken spielen eine große Rolle – insbesondere im Hinblick auf die DSGVO und die Herausgabe von IP-Adressen.
Missbrauch des Auskunftsanspruchs kann abgewehrt werden, wenn er auf schwacher oder unbegründeter Basis erfolgt.
Gerichte setzen klare Grenzen für den Auskunftsanspruch, insbesondere wenn keine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegt oder wenn der Eingriff in den Datenschutz überwiegt.

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Fazit und Handlungsempfehlungen

Der Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG ist ein entscheidendes Werkzeug zur Durchsetzung von Urheberrechten. Er ermöglicht es Rechteinhabern, Rechtsverletzer zu identifizieren und gegen illegale Nutzung geschützter Werke vorzugehen. Dennoch ist der Anspruch nicht grenzenlos: Datenschutzrechte, Verhältnismäßigkeit und Missbrauchsgefahren müssen beachtet werden.

Im digitalen Zeitalter, in dem Urheberrechtsverletzungen häufig anonym erfolgen, ist der Auskunftsanspruch ein Schlüsselmechanismus, um Plattformbetreiber, Internetprovider und Händler zur Herausgabe relevanter Daten zu verpflichten. Er hat weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen, Plattformbetreiber und Nutzer, insbesondere wenn es um Filesharing, Streaming, Produktpiraterie und unerlaubte Bildernutzung geht.

Bedeutung des Auskunftsanspruchs für Urheber und Unternehmen

Für Urheber, Verlage, Fotografen, Software- und Musikunternehmen ist der Auskunftsanspruch oft der einzige Weg, um gegen unbekannte Rechtsverletzer vorzugehen. Ohne die Möglichkeit, die Identität eines Nutzers oder Händlers festzustellen, wären viele Ansprüche auf Schadensersatz oder Unterlassung nicht durchsetzbar.

Auf der anderen Seite stehen Plattformbetreiber, Provider und Händler, die sich mit einer steigenden Anzahl von Auskunftsanfragen auseinandersetzen müssen. Sie sind oft mit der Herausforderung konfrontiert, zwischen den Interessen der Rechteinhaber und den Datenschutzrechten der Nutzer abzuwägen.

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