Auskunftsanspruch nach VIG über Lebensmittelkontrollen: Gericht stärkt Verbraucherrechte

Privaten Antragstellern ist es gestattet, Auskunft nach dem Verbraucherinformationsgesetz - VIG - über behördlich durchgeführte lebensmittelrechtliche Kontrollen in Betrieben zu verlangen. Es bestand kein Grund, die von den Verwaltungsbehörden beabsichtigte Übermittlung von Informationen zu lebensmittelrechtlichen Betriebsprüfungen der Filiale eines Lebensmittelmarktes vorläufig zu stoppen.
Hintergrund: Auskunftsersuchen über Plattform "TopfSecret"
Dem Verfahren lag zugrunde, dass Privatpersonen mithilfe der Internetplattform "TopfSecret", die von den Verbraucherorganisationen "Foodwatch" und "FragDenStaat" betrieben wird, bei der jeweils zuständigen Verwaltungsbehörde Auskunft nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) über die beiden letzten lebensmittelrechtlichen Kontrollen in einer von ihnen angegebenen Betriebsfiliale eines Lebensmittelgeschäfts beantragt haben. Gegen den stattgebenden, zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht durch die begehrte Informationserteilung vollzogenen, Bescheid der Verwaltungsbehörde legte die Betreiberin und Antragstellerin des betroffenen Betriebes Widerspruch ein und beantragte gegen die bevorstehende Informationserteilung beim Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz.
Bedenken der Antragstellerin gegen die Informationsweitergabe
Die Antragstellerin begründete ihr Ersuchen nach vorläufigem Rechtsschutz unter anderem damit, dass die beabsichtigte Informationserteilung gesetzes- und verfassungswidrig sei. So verletze man insbesondere ihre grundrechtlich garantierte Berufsfreiheit, aber auch verstoße man gegen europäisches Recht. Sie befürchte, dass die an die Privatpersonen übermittelten Informationen anschließend über die Internetplattform "TopfSecret" hochgeladen und damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Eine solche Verbraucherinformation entfalte im Ergebnis die gleiche Wirkung wie eine unmittelbare behördliche Information der Öffentlichkeit, die aber gesetzlich an strenge Voraussetzungen gebunden sei. Derartige gesetzliche Hürden müssten auch bei der hier beabsichtigten Informationserteilung nach dem VIG berücksichtigt werden. Letztendlich unterliege die Weiterverbreitung der an eine Privatperson nach dem VIG übermittelten Informationen durch eine Veröffentlichung im Internet keiner behördlichen Kontrolle mehr. Deshalb bestehe für einen betroffenen Betrieb die Gefahr, dauerhaft an den Pranger gestellt zu werden. Dies könne zu ungerechtfertigten Marktverschiebungen und Umsatzeinbußen führen.
Verwaltungsgericht Sigmaringen: Anspruch auf Zugang zu Informationen besteht
Die von der Antragstellerin geäußerten Bedenken hatten beim Verwaltungsgericht Sigmaringen keinen Erfolg. Das Gericht stellte klar, dass es den vorgebrachten Argumenten insgesamt nicht folge. Die Verwaltungsbehörden seien zu Recht davon ausgegangen, dass die Privatpersonen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG einen Anspruch auf Zugang zu den von ihnen begehrten Informationen haben. Auch könne ein Verstoß gegen Verfassungs- oder Europarecht nicht festgestellt werden, denn das behördliche Verhalten sei durch das VIG gedeckt. Es sei für den individuellen Informationszugangsanspruch rechtlich unerheblich, dass eine Privatperson bei der Antragstellung durch die Internetplattform "TopfSecret" unterstützt werde.
Weiterverwendung der Informationen bleibt ohne Einfluss auf den Auskunftsanspruch
Eine mutmaßliche Weiterverwendung der so erlangten Informationen durch Privatpersonen habe keine Auswirkungen auf den Anspruch nach VIG, so das Gericht. Das Weiterverwenden von rechtmäßig erlangten Informationen sei europarechtlich und bundesgesetzlich getrennt von der Frage des Zugangs der Information geregelt. So sei die jeweilige Privatperson für eine rechtmäßige Weiterverwendung verantwortlich. Ohnehin sei eine Weiterverwendung grundsätzlich auch zulässig. Sofern sich ein Betrieb durch die Veröffentlichung auf der Internetplattform "TopfSecret" in seinen Rechten verletzt fühle, stünde ihm der direkte Weg zu den Zivilgerichten offen. Die Standards nach § 40 Abs. 1a LFGB (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch), welche für eine von Amts wegen erfolgende Information der Öffentlichkeit gelten, seien auf den in dem Antrag verfolgten individuellen Informationszugang nach dem VIG nicht anwendbar. Der Gesetzgeber habe hier bewusst unterschiedliche Regelungsgegenstände geschaffen ("zwei Säulen, die sich ergänzen"). Gerichte und Behörden seien an diese gesetzlichen Vorgaben gebunden.
Verwaltungsgericht Sigmaringen, Beschluss vom 08.07.2019, Az. 5 K 3162/19
FAQ
Was regelt das Verbraucherinformationsgesetz (VIG)?
Das VIG gewährt Verbrauchern einen Anspruch auf Zugang zu Informationen über Lebensmittelkontrollen und behördliche Maßnahmen im Bereich des Verbraucherschutzes.
Dürfen Privatpersonen Informationen über Lebensmittelkontrollen anfordern?
Ja, Privatpersonen können nach § 2 Abs. 1 VIG Auskunft über die Ergebnisse lebensmittelrechtlicher Kontrollen verlangen.
Kann die Veröffentlichung auf Plattformen wie "TopfSecret" untersagt werden?
Nein, die Weiterverbreitung rechtmäßig erlangter Informationen fällt in die Verantwortung der Privatperson und unterliegt nicht der behördlichen Kontrolle.
Müssen behördliche Informationen immer den Anforderungen des § 40 LFGB entsprechen?
Nein, der Zugang zu Informationen nach dem VIG unterscheidet sich von einer behördlichen Veröffentlichung nach § 40 LFGB und folgt eigenen Regeln.
Was können Betriebe gegen die Veröffentlichung auf Plattformen tun?
Betriebe können bei Verletzungen ihrer Rechte zivilrechtliche Schritte gegen die Privatpersonen einleiten, die die Informationen veröffentlicht haben.
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