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Auskunft über Nutzer von Arbeitgeberbewertungsportalen

| Rechtsanwalt Frank Weiß

In der heutigen digitalen Arbeitswelt spielen Online-Bewertungsplattformen wie Kununu, Glassdoor oder Indeed eine zentrale Rolle. Sie ermöglichen es (ehemaligen) Mitarbeitenden, ihre Erfahrungen mit Arbeitgebern zu teilen. Während positive Bewertungen das Image eines Unternehmens stärken können, führen kritische oder negative Bewertungen häufig zu rechtlichen Auseinandersetzungen. Ein zentrales Thema dabei ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Unternehmen Anspruch auf Herausgabe der Daten von Bewertenden haben.

Sachverhalt des OLG Bamberg (Az.: 6 W 12/24)

Ein im Großhandel tätiges Unternehmen sah sich zwischen Dezember 2022 und Februar 2024 mit 13 kritischen Bewertungen auf einer Arbeitgeberbewertungsplattform konfrontiert. Die Bewertungen trugen Überschriften wie "Geschäftsführung hat zu wenig Vertrauen", "Gezielte Repression!", "Unprofessionell und Missgünstig", "Katastrophe dieser Laden" und "Schmutz". Das Unternehmen empfand diese Bewertungen als rufschädigend und beantragte die Herausgabe von Namen, E-Mail-Adressen und IP-Adressen der Verfasser. Die Plattform deaktivierte die Bewertungen vorsorglich, verweigerte jedoch die Herausgabe der geforderten Daten. Daraufhin wandte sich das Unternehmen zunächst an das Landgericht Bamberg, welches den Antrag ablehnte. Die anschließende Beschwerde vor dem OLG Bamberg blieb ebenfalls erfolglos.

Rechtliche Würdigung durch das OLG Bamberg

1. Herausgabe von IP-Adressen

Das Gericht stellte klar, dass IP-Adressen als Nutzungsdaten gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 TDDDG (Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz-Gesetz) gelten und somit nicht unter die herausgabepflichtigen Bestandsdaten fallen. Bestandsdaten, definiert in § 2 Abs. 2 Nr. 2 TDDDG, umfassen lediglich personenbezogene Daten, die zur Begründung, inhaltlichen Ausgestaltung oder Änderung eines Vertragsverhältnisses erforderlich sind, wie Name, E-Mail-Adresse und Telefonnummer. Daher besteht kein Anspruch auf Herausgabe von IP-Adressen.

2. Herausgabe von Bestandsdaten

Ein Auskunftsanspruch nach § 21 Abs. 2 Satz 2 TDDDG setzt voraus, dass die beanstandeten Inhalte entweder eine strafbare Handlung darstellen oder absolut geschützte Rechte verletzen. Das OLG Bamberg prüfte jede Bewertung auf strafrechtliche Relevanz, insbesondere hinsichtlich der Tatbestände der Beleidigung (§ 185 StGB), üblen Nachrede (§ 186 StGB) und Verleumdung (§ 187 StGB). Die Bewertungen enthielten zwar teils scharfe Kritik, jedoch keine strafrechtlich relevanten Äußerungen. Beispielsweise wurde die Aussage "Katastrophe dieser Laden" als zugespitzte, aber zulässige Meinungsäußerung eingestuft. Auch die Behauptung "Homeoffice nur für Lieblinge" wurde als subjektive Wahrnehmung und somit als zulässige Meinungsäußerung bewertet.

Abgrenzung: Meinungsäußerung vs. Schmähkritik

Das Gericht betonte die Bedeutung der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG. Selbst scharfe oder polemische Kritik fällt unter den Schutz der Meinungsfreiheit, solange sie nicht die Grenze zur Schmähkritik überschreitet. Eine Schmähkritik liegt vor, wenn die Äußerung ausschließlich der Herabsetzung dient und keinen sachlichen Bezug mehr aufweist. Im vorliegenden Fall sah das Gericht keinen Anlass, die Bewertungen als Schmähkritik zu werten, da sie im Kontext der gesamten Bewertung standen und nicht ausschließlich der Diffamierung dienten.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Das Urteil des OLG Bamberg verdeutlicht die hohen Hürden für Unternehmen, die Identität von Bewertenden auf Online-Plattformen zu erfahren. Ein Auskunftsanspruch besteht nur bei nachweislich strafbaren Inhalten oder der Verletzung absolut geschützter Rechte. Unternehmen sollten daher folgende Schritte in Betracht ziehen:

  1. Prüfung der Bewertung: Unterscheiden Sie zwischen Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen. Letztere können bei Unwahrheit einen Löschungsanspruch begründen.
  2. Kontaktaufnahme mit der Plattform: Fordern Sie die Plattform zur Prüfung und gegebenenfalls zur Löschung der Bewertung auf.
  3. Rechtliche Beratung: Ziehen Sie einen im Reputationsschutz erfahrenen Anwalt hinzu, um die Erfolgsaussichten eines Auskunftsanspruchs oder anderer rechtlicher Schritte zu bewerten.

Insgesamt zeigt die Entscheidung des OLG Bamberg, dass die Meinungsfreiheit einen hohen Stellenwert genießt und Unternehmen nicht bei jeder kritischen Bewertung die Identität des Verfassers erlangen können. Ein besonnenes und rechtlich fundiertes Vorgehen ist daher unerlässlich.

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