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Auch Einladung zur Fortbildung für Rechtsanwälte ist Werbung

AG Leipzig, Urteil vom 18.07.2014, Az. 107 C 2154/14
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Rechtsanwälte müssen sich fortbilden. Deshalb müssen sie es aber trotzdem nicht hinnehmen, unverlangt Einladungen zu Fortbildungsveranstaltungen zu erhalten. Diese Erfahrung musste jetzt der Anbieter einer solchen Veranstaltung machen: Ein per Mail eingeladener Anwalt verklagte ihn vor dem Amtsgericht Leipzig erfolgreich auf Unterlassung (Urteil vom 18.07.2014, Az. 107 C 2154/14).

Im Oktober 2013 hatte ein Rechtsanwalt eine ebenso unverlangte wie unerbetene E-Mail in seinem Postfach. Inhalt: Eine Einladung zum Hessischen Medizinrechtstag. Hier sollte es um Themen wie das Patientenrechtsgesetz und die Patientenverfügung sowie um das Europarecht und dessen Einflüsse auf das Deutsche Medizinrecht gehen. Der Absender war der verantwortliche Organisator der Veranstaltung.

Der Eingeladene fackelte nicht lange und forderte von dem Absender eine strafbewährte Unterlassungserklärung mit dem Inhalt, ihm künftig keine Werbung mehr per Mail, Fax oder Post zuzustellen oder ihn diesbezüglich per Telefon zu kontaktieren. Außerdem wollte der Anwalt wissen, woher der Veranstalter seine Kontaktdaten habe. Der Beklagte wehrte sich, es habe sich bei der Einladung zu dem Kongress nicht um eine Werbe-Mail gehandelt. Schließlich sei der Anwalt von Berufs wegen verpflichtet, sich fortzubilden. Da müsse er auch die Zusendung von entsprechenden Weiterbildungsangeboten hinnehmen. Dieser Einlassung folgte das Amtsgericht jedoch nicht.

Ein Anwalt sei aus berufsrechtlichen Gründen verpflichtet, jede E-Mail sorgfältig zu lesen, so das AG. Deshalb sei eine E-Mail mit werbendem Inhalt ein Eingriff in dessen Gewerbebetrieb. Zudem habe es sich bei der fraglichen Mail sehr wohl um Werbung gehandelt. Denn von Werbung sei immer dann auszugehen, wenn der Absender damit den Absatz seiner Waren oder Dienstleistungen steigern wolle. Mit der Einladung zu dem Kongress übe der Beklagte als Veranstalter sein Gewerbe aus, hier mit dem Zweck, den Empfänger als Besucher des Medizinrechtstags zu gewinnen. Die geforderte Unterlassungserklärung sei auch deshalb berechtigt, weil eine Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt worden sei. Zwar hatte der Beklagte versichert, er habe den Anwalt aus seinem Verteiler genommen. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass dieser erneut in jenen Verteiler aufgenommen werde, schreibt das Gericht in seinem Urteil.

Nicht durchsetzen konnte sich der Anwalt dagegen mit dem zweiten Teil seiner Klage. Der Beklagte hatte angegeben, die E-Mail-Adresse des Klägers aus dem Internet entnommen zu haben. Damit war der Beklagte nach Ansicht des AG seiner Auskunftspflicht bereits nachgekommen. Tatsächlich hatte der Anwalt selbst eingeräumt, dass seine E-Mail-Adresse im Netz verfügbar sei. Aus diesem Grund, so das Gericht, sei es auch unerheblich, ob der Beklagte die Adresse an Dritte weitergegeben habe, da diese leicht von jedem selbst besorgt und verwendet werden könne.

Kommentar
Ausgerechnet mit einem Anwalt sollte man sich besser nicht anlegen. Natürlich wollte der Beklagte dem Kläger keine Fernseher, keine Kredite oder irgendwelche Wundermittelchen zweifelhafter Herkunft verkaufen. Unverlangte Werbung war die Einladung zu dem Ärztekongress aber dennoch. Das Argument des Veranstalters, ein Anwalt müsse sich von Berufs wegen fortbilden, deshalb dürfe man ihn ungefragt zu Fortbildungsveranstaltungen einladen, ließ das Gericht zu Recht nicht durchgehen. So wie ein normaler Verbraucher prinzipiell seine Einkäufe ohne jegliche Werbeinformationen tätigen kann, so dürfte auch ein Jurist nicht auf unverlangte Weiterbildungsangebote angewiesen sein.

AG Leipzig, Urteil vom 18.07.2014, Az. 107 C 2154/14

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