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Arzt muss anonyme Bewertung in Internetportal dulden

„Jameda-Fall“: Arzt muss anonyme Bewertung in einem Internetportal dulden.
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Die Richter des Bundesgerichtshofs unter dem Vorsitz von Bundesrichter Gregor Galke entschieden in einer Revisionsverhandlung über die Klage eines Arztes, der geltend gemacht hatte, durch die Bewertung in dem Münchener Internetbewertungsportal Jameda in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

Jameda ist ein Portal, bei dem Internetnutzer Ärzte und andere Heilberufler sowohl suchen als auch bewerten können. Zu den Informationen, die in diesem Portal abrufbar sind, gehören neben objektiven Daten wie Namen, Anschriften und Sprechzeiten von Praxen, Fachrichtungen und Kontaktmöglichkeiten auch von Portalnutzern abgegebene Bewertungen. Die bewertenden User müssen sich lediglich mit ihrer E-Mail-Adresse registrieren lassen und bleiben ansonsten anonym.

Ein Arzt aus München, der in dem Portal mehrmals bewertet worden ist, verlangte von Jameda die Löschung der ihn betreffenden Daten und Bewertungen. Eine entsprechende Klage, bei der sich der Mediziner auf das sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ergebende Recht auf informationelle Selbstbestimmung berief, wurde sowohl vom angerufenen Amtsgericht als auch vom Landgericht abgewiesen. Auch der Versuch, in der Revision beim BGH mit seinen rechtlichen Vorstellungen durchzudringen, endete für den Arzt mit einer Abweisung.bewertung loeschen logo rgb 177
Der BGH sah sich vor die Aufgabe gestellt, zwei wichtige Rechtsgüter gegeneinander abzuwägen. Auf der einen Seite das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arztes, auf der anderen Seite das Recht auf Kommunikationsfreiheit der beklagten Partei. Das Gericht räumte ein, dass der Arzt durch die Bewertungen im Zusammenhang mit seinen Basisdaten erheblich belastet werde. Es sei nicht zu verkennen, dass Negativ-Noten die Arztwahl entsprechend beeinflussen könnten. Dadurch könnten dem Arzt durchaus wirtschaftliche Nachteile erwachsen. Zudem sei die Portalnutzung so aufgebaut, dass Missbrauch zu Lasten des Arztes nicht auszuschließen sei.

Andererseits hat die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse daran, sich in möglichst breiter Form über Möglichkeiten medizinischer Versorgung informieren zu können. Dazu gehöre, so der BGH, auch die Möglichkeit, sich in einem Bewertungsportal über Erfahrungen und Eindrücke von Patienten oder anderen Betroffenen bei einem Arztbesuch zu informieren. Diese im Portal bewerteten Erfahrungen und Eindrücke berühren die besonders geschützte Privatsphäre des Arztes nach Ansicht der BGH-Richter nicht, sondern lediglich die weniger schützenswerte Sozialsphäre. In diesem Bereich, der durch den Kontakt mit Patienten, also einem üblicherweise nicht zur Privatsphäre zu rechnenden Personenkreis, charakterisiert ist, sei es einem Arzt zuzumuten, sich auf Beobachtung durch die Öffentlichkeit und mögliche Kritik einzustellen. Bei Missbrauch, etwa durch Beleidigungen oder unwahre Tatsachenbehauptungen, stehe dem Arzt rechtlicher Schutz zu. In diesen Fällen könne er dann auch Löschung der Bewertungen verlangen.

Der Umstand, dass die Bewertungen anonym seien, ändere nichts an ihrer grundsätzlichen Zulässigkeit, urteilten die Richter unter Hinweis auf § 13 VI S. 1 TMG (Telemediengesetz). Demnach hat ein Diensteanbieter die Medien-Nutzung anonym zu ermöglichen, wenn es technisch möglich sowie zumutbar sei.

Demnach sei das Jameda-Portal gemäß § 29 I BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) berechtigt, die strittigen Daten zu erheben, zu speichern und zu nutzen sowie sie gemäß § 29 II BDSG an die Portalnutzer zu übermitteln.

BGH, Urteil vom 23.09.2014, Az: BGH VI ZR 358/13

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