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Arbeitnehmerüberlassung ohne die erforderliche Erlaubnis

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt am Main hat mit seinem Urteil vom 29.01.2015 unter dem Az. 6 U 63/14 entschieden, dass ein Personalverleiher auch ohne behördliche Erlaubnis wettbewerbskonform sein könne.

Die Parteien sind Dienstleister im Messeservice. Auf seiner Homepage X.de wirbt der Beklagte mit der Vermittlung von deutschsprachigem Personal mit guten Englischkenntnissen.
Im Gegensatz zur Klägerin verfügt er nicht über eine Genehmigung nach dem
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Mit den überwiegend weiblichen Personen schließt der Beklagte Verträge ab, die als "Auftrag" überschrieben sind.
Der Beklagte stellt seinen Kunden die vom Personal erbrachten Leistungen in Rechnung und zahlt dem Personal das Honorar aus.
Nach Ansicht der Klägerin betreibt der Beklagte unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung und verhält sich wettbewerbswidrig. Er spare sich Kosten und Aufwand für das Zulassungsverfahren und vermittle gegenüber Kunden den Eindruck, „unbürokratisch“ zu handeln. Die Klägerin begehrt vom Beklagten Unterlassung, Schadensersatz und Auskunft.
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Es bestehe kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch, da die Erlaubnispflicht nach § 1 AÜG eine reine Marktzutrittsregel sei und nicht eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Auch so genannte deliktische Ansprüche könne die Klägerin nicht stellen und deren Begehren könne daher keinen Erfolg haben.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter und wirft dem LG vor, es habe den § 4 Nr. 11 UWG nicht korrekt angewendet sowie § 1 AÜG nicht zutreffend ausgelegt. Außerdem habe das LG die §§ 9 und 10 AÜG in ihrer Tragweite für den Streitgegenstand nicht erfasst.
Das LG hätte berücksichtigen müssen, dass die Kenntnisse, die für die Erlaubniserteilung nach § 3 AÜG nötig seien. Auch die übrigen Voraussetzungen hätten Auswirkungen auf das Marktverhalten des Personalverleihers, daher komme dieser Vorschrift eine Schutzfunktion für alle Marktpartner zu.
Des Weiteren habe das LG übersehen, dass Messehostessen als abhängig Beschäftigte auch Verbraucherinnen im Sinne des § 2 UWG seien. Im Urteil vom 31.05.12 unter dem Az. I ZR 45/11 habe der BGH klargestellt, eine Marktverhaltensregelung liege bereits dann vor, wenn der Unternehmer gegen die sachliche Sorgfaltspflicht verstoßen habe und dieser Verstoß Verbraucher von der Verfolgung berechtigter Ansprüche abzuhalten geeignet sei. Dies müsse auf die Lage der Messehostessen angewendet werden. Diese seien in der Regel nicht informiert darüber, dass sozialversicherungsrechtliche Ansprüche entstünden, wenn sie bei einem Verleiher im Sinne des AÜG beschäftigt seien.

Das OLG jedoch sieht die Berufung nicht als begründet an. Der Klägerin stünden nach seiner Ansicht keine wettbewerbsrechtlichen und auch keine deliktsrechtlichen Unterlassungsansprüche oder sonstige Ansprüche im begehrten Umfang zu. Zwar betreibe der Beklagte eine Arbeitnehmerüberlassung ohne die nötige behördliche Erlaubnis. Jedoch könne die Klägerin hiergegen nicht erfolgreich vorgehen, da in einem Verstoß gegen die Erlaubnispflicht kein unlauteres Verhalten im wettbewerbsrechtlichen Sinne und auch kein Verstoß gegen zivilrechtliche Vorschriften liege.

Der Beklagte verleihe zwar Arbeitnehmer ohne hierfür eine Erlaubnis zu haben, dieser Verstoß sei jedoch lediglich bußgeldbewehrt gemäß § 16 AÜG.
Es handele sich bei diesen Vorschriften um Marktzutrittsregelungen. Solche werden von § 4 Nr. 11 UWG nur dann erfasst, wenn sie zugleich Marktverhaltensregelungen seien. Eine solche Doppelfunktion sei in der Regel dann gegeben, wenn die Betätigung einer Erlaubnis bedarf und die Norm damit zugleich im Interesse aller Marktpartner eine gewisse Sicherheit, Qualität bzw. Unbedenklichkeit der betreffenden Waren und Dienstleistungen sicherstelle. Eine solche Schutzfunktion besitzen etwa Vorschriften, die die Voraussetzung zur Ausübung der Tätigkeit formulieren. Das sei hier jedoch nicht der Fall.
Das AÜG habe lediglich eine sozialpolitische Zielrichtung. Die Arbeitnehmer sollen vor einer Ausbeutung geschützt werden. In diesem Sinne sei im Übrigen eine besondere Qualifikation des Verleihers nicht erforderlich, es genüge der Nachweis seiner Zuverlässigkeit (§§ 2 und 3 AÜG).

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 29.01.2015, Az. 6 U 63/14

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