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Anzahl der Bestellbuttons bei mehreren Online-Verträgen

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Landgericht Berlin entschied am 23.03.2023, dass verschiedene gleichzeitig abgeschlossene Online-Verträge mit Verbrauchern nur dann zustande kommen, wenn für jedes Vertragsverhältnis ein klar und eindeutig formulierter Bestellbutton zur Verfügung gestellt wird. Das erfordere § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB.


Reicht ein Button mit „weiter mit Prime kostenlos“ aus?

Die Beklagte betrieb ein Onlineportal. Die Klägerin buchte darüber eine Flugreise und ging daneben noch eine „Prime-Mitgliedschaft“ ein. Die dafür verwendeten Schaltflächen waren lediglich mit den Aufschriften „Weiter“ und „weiter mit Prime kostenlos“ beschriftet. Für die Buchung der Flugreise verwendete die Beklagte die Schaltfläche „jetzt kaufen“. Die Klägerin verlangte die Rückabwicklung der Prime Mitgliedschaft und die dafür angefallenen 74,99 EUR. Die 1. Instanz gab der Klage statt; hiergegen legte die Beklagte Berufung ein. 


Keine „Prime-Mitgliedschaft“ zustande gekommen

Das Landgericht Berlin befand, die Beklagte sei zur Rückzahlung des auf die „Prime-Mitgliedschaft“ geleisteten Betrages von 74,99 EUR verpflichtet. Denn die Zahlung sei ohne Rechtsgrund erfolgt; ein Vertrag über die „Prime-Mitgliedschaft“ sei nicht zustande gekommen. Für die Bestellung sei kein Button mit einem Hinweis wie „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer ähnlich eindeutigen Formulierung verwendet worden. 


Keine gut lesbaren und mit eindeutigen Formulierungen versehene Bestellbuttons

Damit habe die Beklagte den Anforderungen des § 312 j Abs. 3 BGB nicht genügt, so das Gericht. Die von der Beklagten verwandten Schaltflächen seien lediglich mit den Aufschriften „Weiter“ und „weiter mit Prime kostenlos“ beschriftet gewesen. Zwar habe die Beklagte für die Beendigung der Flugbuchung auch die Schaltfläche „jetzt kaufen“ verwendet. Ob diese den Anforderungen des § 312 j Abs. 3 BGB gerecht werde, könne aber dahinstehen. Denn in Fällen, in denen auf elektronischem Wege gleichzeitig mehrere Verträge mit dem Verbraucher abgeschlossen werden, müsse die Hinweispflicht für jedes Vertragsverhältnis gesondert beachtet werden. Diesen Anforderungen hätte die Beklagte nur genügt, wenn sie für den Abschluss der „Prime-Mitgliedschaft“ eine gesonderte zweite und den Anforderungen des § 312 j Abs. 3 BGB entsprechende Schaltfläche vorgesehen hätte. An einer solchen habe es aber vorliegend gefehlt. Damit sei aber neben der Flugbuchung kein weiteres Vertragsverhältnis über eine „Prime-Mitgliedschaft“ zustande gekommen. 


Kostenfreier Probezeitpunkt verpflichtet trotzdem zur Zahlung

Das LG befand, dass der Vertrag über die „Prime-Mitgliedschaft“ auch ein solcher sei, der die Klägerin zu einer Zahlung iSd § 312 j Abs. 2 BGB „verpflichtet“ habe. Dies gelte selbst dann, wenn der Vertrag innerhalb eines kurzfristigen Probezeitraums kostenfrei gekündigt werden könne. Denn auch bedingte Zahlungsverpflichtungen des Verbrauchers unterfallen dem Anwendungsbereich der §§ 312 j Abs. 2 und 3 BGB.


Keine Aufrechnung durch Flugpreisermäßigung

Auch stehe der Beklagten kein Recht auf Hilfsaufrechnung zu, so das Gericht weiter. Bereicherungsrechtliche Gegenansprüche im Zusammenhang mit einer durch den Abschluss der „Prime-Mitgliedschaft“ verbundenen Flugpreisermäßigung stehen der Beklagten nicht zu. Denn Sinn und Zweck von § 312 j Abs. 3 BGB schließe saldierbare oder aufrechenbare Bereicherungsansprüche des Unternehmers grundsätzlich aus. Der Beklagten sei ein Rückgriff auf das Bereicherungsrecht nur dann eröffnet, wenn die klägerseitige Berufung auf den Ausschluss jeder Vergütungspflicht ausnahmsweise gegen Treu und Glauben verstößt. Vorliegend handele es sich aber bereits wegen der Geringfügigkeit der „Prime-Mitgliedschaft“-Ersparnis nicht um einen solchen Fall. 


Revision zugelassen

Die Kammer ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Damit solle eine höchstrichterliche Klärung der Reichweite des § 312j Abs. 3 BGB bei mehreren gleichzeitig im elektronischen Rechtsverkehr geschlossenen Verträgen ermöglicht werden. 

Landgericht Berlin, Urteil vom 23.03.2023, Az. 67 S 9/23

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