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Anwalt darf sich nicht "Spezialist" nennen

Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 13.04.2012, Az. 8 O 33/11 KfH
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Zwischen "Spezialist" und Fachanwalt" gibt es einen Unterschied. Diese Erfahrung musste ein Rechtsanwalt aus dem Badischen machen, der mit dem Zusatz "Spezialist für Familienrecht" warb. Einen entsprechenden Fachanwaltstitel hatte er jedoch nicht vorzuweisen. Geht nicht, befand die zuständige Rechtsanwaltskammer, und legte Klage auf Unterlassung ein. Dieser gab das Oberlandesgericht Karlsruhe statt und bestätigte damit ein gleichlautendes Urteil des Landgerichts Karlsruhe. Der Anwalt darf nicht mehr mit dem Zusatz "Spezialist" werben.

Die Rechtsanwaltskammer hatte in dem Fall moniert, dass der Anwalt wettbewerbswidrig handle. Schließlich habe er keinen entsprechenden Fachanwaltstitel, es bestehe Verwechselungsgefahr mit Kollegen, die über einen solchen verfügen. Dieser Sichtweise schloss sich das Landgericht Karlsruhe an und gab der Klage der Kammer auf Unterlassung statt (Aktenzeichen: 8 O 33/11 KfH). Das mochte der Anwalt nicht hinnehmen und legte Berufung ein.

Vergeblich. Das Oberlandesgericht Karlsruhe schloss sich der Vorinstanz an, die Berufung wurde zurückgewiesen. Das OLG stellte fest, dass der Rechtsanwaltskammer ein Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG zugestanden habe. Der beanstandete Zusatz "Spezialist für Familienrecht" sei leicht zu verwechseln mit dem Begriff "Fachanwalt für Familienrecht" und deshalb wettbewerbswidrig und damit unzulässig. Der beklagte Anwalt habe, so das Gericht, gegen § 43 b BRAO und § 7 Abs. 2 BORA verstoßen, dies stelle eine Zuwiderhandlung einer Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar. Der durchschnittliche Verbraucher könne nicht unterscheiden zwischen einem "Fachanwalt" und einem "Spezialisten", da er schon die Voraussetzungen gar nicht kenne, die nötig seien, um einen Fachanwaltstitel tragen zu dürfen. Deshalb habe hier Verwechslungsgefahr bestanden.

Kommentar

Das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe lässt in seiner Klarheit keinen Raum für Fragen. Wer ein Fachmann für eine bestimmte Sache ist (im vorliegenden Fall also für Familienrecht), der darf auch damit werben - aber nur, wenn er die Voraussetzungen dafür erworben hat. Dafür gibt es gerade im juristischen Bereich gute Gründe, denn in kniffligen Fällen vertrauen sich Mandanten im Zweifel eben lieber einem Fachanwalt an. Es kann schließlich viel auf dem Spiel stehen, da möchte man eine Rechtsberatung von jemand, der sich in dieser Materie besonders gut auskennt und entsprechende Kenntnisse und Befähigungen erworben hat. Ein Patient, der einen hartnäckigen Hautausschlag hat, wird sich in der Regel auch an einen Dermatologen wenden, also an einen Arzt, der in diesem Gebiet über spezialisierte Kenntnisse verfügt und sich tagtäglich mit Krankheiten der Haut beschäftigt. Dies ist auch eine Frage des Vertrauens: Wenn wir "Hautarzt" lesen, dann gehen wir ganz automatisch davon aus, dass wir hier von einem geprüften Experten untersucht werden. Kein Arzt würde auf die Idee kommen, sich als "Spezialist" zu bezeichnen, nur weil er sich vielleicht in seiner Freizeit intensiv mit einem bestimmten medizinischen Thema beschäftigt - das würde auch von den Patienten wenig goutiert werden. Und genauso ist es beim Anwalt. Im Empfinden des Durchschnittsbürgers ist ein Spezialist für Familienrecht jemand, der sein Wissen entsprechend erweitert hat und sich mit den Gesetzgebungen und Fallstricken im Familienrecht besonders gut auskennt, ein Fachanwalt eben, geprüft und zugelassen. Von einem juristischen Laien, der nach einem Fachanwalt sucht, zu verlangen, dass er diesen von einem "Spezialisten" unterscheiden kann, widerspricht jeder Lebenswirklichkeit. 

Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 13.04.2012, Az. 8 O 33/11 KfH 

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