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DSGVO: Anspruch auf Auskunft auch bei anderweitiger Nutzung | OLG Düsseldorf 2024

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Ein DSGVO-Auskunftsverlangen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass möglicherweise eine anderweitige Nutzung der Informationen beabsichtigt gewesen ist. Die Entscheidung über grenzüberschreitenden digitalen Dienstleistungen im Spannungsfeld von Datenschutzrecht und Online-Glücksspielen erging durch das Oberlandesgericht Düsseldorf mit seinem Beschluss vom 2. Dezember 2024.

Hintergrund: Online-Glücksspiel und verspätete Auskunftserteilung

Der Kläger hatte an Online-Glücksspielen der Beklagten teilgenommen. Diese ist in Malta ansässig und in Deutschland als Anbieter nicht zugelassen. Außergerichtlich forderte der Kläger in einem Schreiben an die Beklagte die Offenlegung seiner personenbezogenen Daten, insbesondere eine detaillierte Übersicht seiner Spiel- und Zahlungshistorie. Hintergrund seiner Anfrage war der Verdacht, dass ihm aufgrund erheblicher Verluste Rückzahlungsansprüche zustehen könnten, die er dann, notfalls gerichtlich, geltend machen würde. Diese Auskunft wurde jedoch nicht innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist erteilt. Infolgedessen hat der Kläger eine sogenannte Stufenklage erhoben. Im Laufe des Prozesses wurde die geforderte Auskunft schließlich erteilt. Diese offenbarte, dass der Kläger, entgegen seiner Annahme, keine Verluste erlitten hat. Daraufhin hat der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Beklagte forderte nun, dass dem Kläger die Verfahrenskosten auferlegt werden.

Beklagte haftet für Verfahrenskosten trotz später Auskunft

Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass die Kosten des Verfahrens von der Beklagten vollständig zu tragen sind, auch wenn sich der ursprüngliche Verdacht des Klägers nicht bewahrheitet hat. Der Auskunftsanspruch des Klägers nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO war berechtigt und die Beklagte ist durch die verspätete Erfüllung in Verzug geraten. Demnach hatte der Kläger einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch. Das Recht auf Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO besteht in den Grenzen des Art. 12 Abs. 5 DSGVO ganz unabhängig von den mit der Auskunft verfolgten Zwecken.

Auskunftsverlangen begründet eigenständiges Schuldverhältnis

Das vom Kläger an die Beklagte gerichtete vorgerichtliche Auskunftsverlangen nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO begründete zwischen den Parteien ein eigenes Schuldverhältnis im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung befand sich die Beklagte mit der von ihr nach dem Inhalt dieses Schuldverhältnisses an den Kläger zu erteilenden Auskunft auch gemäß § 286 Abs. 1 und 2 Nr. 2 BGB in Verzug. Für den Verzugseintritt bedarf es keiner Mahnung, wenn der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung bestimmt ist, die sich kalendarisch berechnen lässt. Da die Monatsfrist verstrichen war, ohne dass die Auskunft erteilt wurde, befand sich die Beklagte in Verzug. Das Gericht stellte klar, dass ein Auskunftsanspruch auch dann besteht, wenn die betroffene Person die Daten für die Vorbereitung eines finanziellen Anspruchs verwenden möchte.

Folgen der Entscheidung für Anbieter und Verbraucher

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat erhebliche Auswirkungen für die Praxis. Anbieter von Online-Diensten, insbesondere im Glücksspielsektor, müssen sich darauf einstellen, dass sie sich Schadensersatzansprüchen aussetzen, auch wenn keine Datenschutzverletzung im klassischen Sinne vorliegt. Durch verspätete oder unvollständige Auskünfte machen sie sich haftbar, auch hinsichtlich der Verfahrenskosten. Verbraucher profitieren von dieser Entscheidung, da ihre Rechte auf Transparenz und Informationszugang gestärkt werden.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 12.02.2024, Az. 16 W 93/23

 

FAQ: DSGVO-Auskunftsanspruch und Haftung bei verspäteter Auskunft

1. Muss ein Unternehmen immer Auskunft nach Art. 15 DSGVO erteilen?

Ja, unabhängig davon, zu welchem Zweck der Betroffene die Informationen anfordert.

2. Was passiert, wenn ein Unternehmen die DSGVO-Auskunft verspätet erteilt?

Das Unternehmen gerät in Verzug und haftet für die entstandenen Verfahrenskosten.

3. Besteht ein Anspruch auf Auskunft auch bei Verdacht auf finanzielle Ansprüche?

Ja, das Recht auf Auskunft ist unabhängig davon, ob der Betroffene die Daten für finanzielle Forderungen verwenden möchte.

4. Wann befindet sich ein Unternehmen im Verzug bei einer DSGVO-Auskunft?

Wenn die gesetzliche Frist von einem Monat nach Art. 12 Abs. 3 DSGVO ohne Antwort abgelaufen ist, gerät das Unternehmen automatisch in Verzug.

5. Müssen Anbieter im Online-Glücksspielbereich besondere Vorsicht walten lassen?

Ja, sie sollten besonders sorgfältig mit Auskunftsanfragen umgehen, um mögliche Kostenrisiken durch verspätete Antworten zu vermeiden.

6. Können Verbraucher mit einer DSGVO-Auskunft weitere Ansprüche vorbereiten?

Ja, Verbraucher können Auskünfte nutzen, um mögliche Rückforderungsansprüche oder Schadensersatzforderungen vorzubereiten.

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