Absolute Schutzhindernisse bei der Markenanmeldung: Ein Leitfaden

Der Wunsch, eine Marke eintragen zu lassen, birgt enormes Potenzial: Es geht darum, das eigene Unternehmen, Produkte oder Dienstleistungen vor Nachahmung zu schützen und sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil zu sichern. Doch der Weg zur erfolgreichen Markenanmeldung ist voller Fallstricke. Nicht selten scheitert eine Marke bereits an den sogenannten absoluten Schutzhindernissen, bevor sie überhaupt das Markenregister erreicht. Diese Hindernisse sind keine bloßen Formalitäten – sie schützen fundamentale Prinzipien wie den freien Wettbewerb und die Interessen der Allgemeinheit. Doch was genau verbirgt sich hinter Begriffen wie „fehlender Unterscheidungskraft“ oder „Verstoß gegen die guten Sitten“? Und wie lässt sich das eigene Zeichen erfolgreich durch diese rechtlichen Hürden manövrieren?
In einer zunehmend komplexen Markenlandschaft ist es für Unternehmer essenziell, die rechtlichen Anforderungen zu kennen. Absolute Schutzhindernisse sind der Kompass, der sicherstellt, dass Marken nicht nur kreativ und markant, sondern auch rechtskonform sind. Diese rechtlichen Rahmenbedingungen sorgen dafür, dass Monopole auf beschreibende Begriffe verhindert, Verbraucher geschützt und die Grundwerte unserer Gesellschaft gewahrt bleiben.
Dieser Leitfaden beleuchtet die wichtigsten absoluten Schutzhindernisse, erklärt ihre Bedeutung anhand praxisnaher Beispiele und zeigt Strategien auf, um sie zu überwinden. Lernen Sie, welche Stolpersteine es zu vermeiden gilt, und sichern Sie sich mit einem klaren Verständnis der Spielregeln den Schlüssel zu einem erfolgreichen Markenschutz. Denn die richtige Vorbereitung kann den entscheidenden Unterschied machen – nicht nur für Ihre Marke, sondern auch für den Erfolg Ihres Unternehmens.
Das Wichtigste in Kürze:
- Schutzhindernisse sichern Wettbewerb: Absolute Schutzhindernisse verhindern die Eintragung von Marken, die beschreibend, irreführend oder gegen die öffentliche Ordnung verstoßen. Dadurch wird der freie Zugang zu grundlegenden Begriffen und gesellschaftlichen Werten geschützt.
- Strategien zur Markenregistrierung: Beschreibende oder schwache Marken können durch kreative Abwandlungen, Verkehrsdurchsetzung oder Kombinationen dennoch eingetragen werden. Beispiele wie „Selters“ oder „Sparkassen-Rot“ verdeutlichen die Möglichkeiten zur Überwindung solcher Hindernisse.
- Proaktive Markenanmeldung: Markenanmelder sollten ihre Zeichen sorgfältig prüfen und neutral formulieren, um Täuschungsgefahr oder Verstöße gegen Sitten und Ordnung zu vermeiden. Präzisierungen und Eingrenzungen der Waren- oder Dienstleistungsklassen erhöhen die Erfolgschancen erheblich.
Was kann ich mir mit einer Marke schützen?
Ab wann besteht Markenschutz?
Was versteht man unter „absolute Schutzhindernisse“?
Was sind absolute Schutzhindernisse?
1. Fehlende grafische Darstellbarkeit
2. Fehlende Unterscheidungskraft
3. Beschreibende Angaben
4. Gattungsbezeichnungen
5. Täuschungsgefahr
6. Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten
Was kann ich mir mit einer Marke schützen?
Eine Marke schützt verschiedene Arten von Kennzeichen, die im geschäftlichen Verkehr verwendet werden, um Produkte oder Dienstleistungen von anderen zu unterscheiden. Durch die Eintragung einer Marke beim zuständigen Markenamt erhalten Sie ein exklusives Recht, die Marke für die geschützten Waren oder Dienstleistungen zu nutzen. Umfassende Informationen haben wir Ihne in einem separaten Leitfaden zusammengestellt.
Ab wann besteht Markenschutz?
Markenschutz besteht grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Eintragung der Marke in das entsprechende Markenregister, wie beispielsweise beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in Deutschland, dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) in der EU oder bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) bei internationalen Markenanmeldungen. Mit der Eintragung wird die Marke rückwirkend ab dem Anmeldetag geschützt. Der Markenschutz tritt also offiziell in Kraft, sobald der Eintragungsprozess abgeschlossen ist, beginnt jedoch rechtlich betrachtet bereits ab dem Datum der Anmeldung.
Eine Ausnahme bildet die sogenannte „Benutzungsmarke“. Hier entsteht der Markenschutz nicht durch Eintragung, sondern durch den tatsächlichen Gebrauch der Marke im geschäftlichen Verkehr. In Deutschland ist dies nach § 4 Nr. 2 MarkenG möglich, wenn die Marke Verkehrsgeltung erlangt hat, das heißt, wenn sie in den Augen der relevanten Zielgruppe als Kennzeichen eines bestimmten Unternehmens etabliert ist. Allerdings ist der Nachweis einer Benutzungsmarke aufwendig und birgt rechtliche Unsicherheiten, weshalb die Eintragung als sichererer Weg gilt.
Der Schutz gilt ab der Eintragung für die in der Anmeldung definierten Klassen von Waren oder Dienstleistungen und kann theoretisch unendlich lange aufrechterhalten werden, sofern die Marke regelmäßig verlängert wird (in der Regel alle zehn Jahre) und weiterhin genutzt wird. Eine ungenutzte Marke kann nach Ablauf einer bestimmten Frist (in Deutschland fünf Jahre) angefochten und gelöscht werden.
Zusammenfassend besteht Markenschutz ab dem Anmeldedatum, sofern die Marke erfolgreich eingetragen wird, oder durch nachgewiesene Verkehrsgeltung im Fall einer Benutzungsmarke.
Was versteht man unter „absolute Schutzhindernisse“?
Unter absoluten Schutzhindernissen versteht man gesetzliche Gründe, die der Eintragung einer Marke in das Markenregister entgegenstehen. Diese Hindernisse beziehen sich ausschließlich auf die Marke selbst und ihre Eignung, die grundlegenden Anforderungen des Markenrechts zu erfüllen. Sie werden von den zuständigen Markenämtern (z. B. DPMA, EUIPO) von Amts wegen geprüft, unabhängig davon, ob ein Dritter Widerspruch erhebt.
Absolute Schutzhindernisse dienen dazu, den freien Wettbewerb zu schützen, indem sie verhindern, dass allgemeine, beschreibende oder irreführende Zeichen oder solche, die gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen, monopolisiert werden können. Außerdem gewährleisten sie, dass Marken ihre wesentliche Funktion, nämlich die Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen unterschiedlicher Unternehmen, erfüllen können.
Die gesetzlichen Grundlagen für absolute Schutzhindernisse finden sich im deutschen Markenrecht (§ 8 MarkenG) sowie in der europäischen Unionsmarkenverordnung (Art. 7 UMV). Wenn ein absolutes Schutzhindernis vorliegt, wird die Eintragung der Marke abgelehnt oder, falls die Marke bereits eingetragen wurde, auf Antrag wieder gelöscht.
Was sind absolute Schutzhindernisse?
Im deutschen Markenrecht sind die absoluten Schutzhindernisse in § 8 des Markengesetzes (MarkenG) geregelt, auf europäischer Ebene finden sie sich in Art. 7 der Unionsmarkenverordnung (UMV). Nachfolgend werden die wesentlichen Schutzhindernisse erläutert, ergänzt durch praxisnahe Beispiele und wegweisende Rechtsprechung.
1. Fehlende grafische Darstellbarkeit (§ 8 Abs. 1 MarkenG, Art. 7 Abs. 1 a) UMV)
Die fehlende grafische Darstellbarkeit war historisch eines der zentralen absoluten Schutzhindernisse im Markenrecht. Sie besagte, dass eine Marke nur dann eingetragen werden konnte, wenn sie klar, eindeutig und objektiv dargestellt werden konnte. Diese Anforderung war notwendig, um sicherzustellen, dass eine Marke eindeutig identifizierbar ist, im Markenregister dokumentiert werden kann und die beanspruchten Schutzrechte für Dritte nachvollziehbar bleiben.
Warum grafische Darstellbarkeit?
Die grafische Darstellbarkeit war ursprünglich vor allem für traditionelle Markenformen wie Wort-, Bild- oder Wort-Bild-Marken kein Problem, da diese durch Buchstaben, Zahlen oder grafische Symbole dargestellt werden konnten. Mit der Entwicklung moderner Markenformen wie Klangmarken, Farbmarken oder Geruchsmarken stieß diese Anforderung jedoch an ihre Grenzen, da diese nicht ohne weiteres in grafischer Form darstellbar sind.
Anforderungen an die Darstellbarkeit
Um den Anforderungen zu genügen, musste die Darstellung so erfolgen, dass sie:
- Klarheit bietet – die Marke muss präzise identifizierbar sein.
- Eindeutigkeit gewährleistet – es dürfen keine Mehrdeutigkeiten bestehen.
- Objektivität sicherstellt – Dritte müssen die Marke anhand der Darstellung ohne subjektive Interpretationen nachvollziehen können.
Zulässige Formen der Darstellung umfassten:
- Klangmarken: Darstellung durch Notenbilder oder Sonagramme.
- Farbmarken: Angabe der Farbe durch standardisierte Farbklassifikationssysteme wie RAL oder Pantone.
- Geruchs- und Geschmacksmarken: Darstellung durch chemische Formeln oder präzise Beschreibungen, was jedoch in der Praxis oft schwierig ist.
Beispiele für grafische Darstellbarkeit
- Erfolgreiche Farbmarke:
Kärcher hat die Farbe „Zinkgelb“ (RAL 1018) erfolgreich als Farbmarke für Hochdruckreiniger schützen lassen. Die präzise Angabe nach dem RAL-Farbsystem erfüllte die Anforderungen an Klarheit und Eindeutigkeit. - Erfolgreiche Hörmarke:
Die Erkennungsmelodie eines deutschen Fernsehsenders wurde als Hörmarke eingetragen (DE 30004649). Die Darstellung erfolgte durch ein Sonagramm, das die Tonfolge grafisch wiedergibt. - Abgelehnte Geruchsmarke:
Der Geruch von „Honig aus Nektar von Besenheideblüten“ für Golfbälle wurde abgelehnt, da die Beschreibung nicht präzise und objektiv genug war, um die Marke eindeutig zu identifizieren.
Aktuelle Entwicklungen durch die Markenrechtsreform 2019
Mit der Markenrechtsreform 2019 wurde die zwingende Anforderung der grafischen Darstellbarkeit für Unionsmarken gelockert. Stattdessen gilt nun, dass eine Marke auf jede geeignete Weise dargestellt werden kann, solange die Darstellung klar, präzise, selbstständig, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist (Art. 4 UMV). Dadurch können Marken heute in neuen Formaten eingereicht werden, wie z. B.:
- Audiodateien für Klangmarken, anstelle von Notenbildern.
- Digitale Animationsdateien für Bewegungsmarken.
- Multimedia-Dateien, die kombinierte audiovisuelle Inhalte umfassen.
Diese Änderung ermöglicht es, die Vielfalt moderner Markenformen besser zu berücksichtigen und den technischen Fortschritt bei der Markendarstellung zu nutzen.
Die fehlende grafische Darstellbarkeit war ein zentrales Schutzhindernis, das sicherstellte, dass Marken eindeutig identifizierbar und rechtlich durchsetzbar sind. Während diese Anforderung für traditionelle Markenformen kein Problem darstellte, führte sie bei modernen Markenformen wie Geruchs- oder Bewegungsmarken oft zu Schwierigkeiten. Durch die Lockerung dieser Anforderung im Zuge der Markenrechtsreform wurde das Markenrecht an die Anforderungen der digitalen und technologischen Entwicklung angepasst, wodurch mehr Flexibilität bei der Darstellung moderner Markenformen möglich wurde. Dennoch bleibt das grundlegende Ziel bestehen: eine präzise, klare und objektive Darstellung, die für Dritte nachvollziehbar ist.
2. Fehlende Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 7 Abs. 1 b) UMV)
Die fehlende Unterscheidungskraft ist eines der zentralen absoluten Schutzhindernisse im Markenrecht. Eine Marke besitzt keine Unterscheidungskraft, wenn sie nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Hauptfunktion einer Marke, nämlich als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu dienen, wird dadurch beeinträchtigt.
Grundlagen der Unterscheidungskraft
Die Fähigkeit einer Marke, als Herkunftshinweis zu fungieren, ist unerlässlich. Der Bundesgerichtshof (BGH) definiert die Unterscheidungskraft wie folgt:
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet.
Eine Marke muss also vom angesprochenen Verkehrskreis – z. B. Verbraucher oder Fachkreise – als Kennzeichen eines Unternehmens wahrgenommen werden. Dabei gilt ein großzügiger Maßstab: Schon eine geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, Beschluss vom 17.10.2013, Az. I ZB 11/13 – grill meister).
Beurteilung der Unterscheidungskraft
- Betrachtung der Marke als Gesamtheit:
Der Verkehr nimmt die Marke so wahr, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen. Besteht eine Marke aus mehreren Elementen, wird bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit ausgegangen (EuGH, Urteil vom 16.09.2004, Az. C-329/02). - Keine unterschiedlichen Maßstäbe für Waren- und Dienstleistungsmarken:
Für die Prüfung der Unterscheidungskraft gelten einheitliche Maßstäbe, unabhängig davon, ob es sich um Waren oder Dienstleistungen handelt (BGH, Beschluss vom 15.05.2014, Az. I ZB 29/13 – DüsseldorfCongress). - Besondere Anforderungen an Kategorien wie Slogans, 3D-Marken und Farben:
- Slogans: Früher galten Sonderregeln für Slogans. Heute werden sloganartige Wortfolgen wie andere Wortmarken geprüft. Dennoch werden rein werbliche Aussagen häufig wegen mangelnder Unterscheidungskraft abgelehnt.
- 3D-Marken: Diese sind nur unterscheidungskräftig, wenn sie erheblich von der Norm oder Branchenüblichkeit abweichen (EuGH, Urteil vom 12.12.2019, Az. C-783/18 P – Glasamphore).
- Farbmarken: Für abstrakte Farben gilt, dass sie nur bei besonderen Umständen unterscheidungskräftig sind, z. B. durch Verkehrsdurchsetzung (BGH, Beschluss vom 21.07.2016, Az. I ZB 52/15 – Sparkassen-Rot).
- Unterscheidungskraft für spezifische Waren oder Dienstleistungen:
Die Beurteilung erfolgt im Hinblick auf die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke Schutz beansprucht. Der Maßstab hängt von der mutmaßlichen Wahrnehmung eines durchschnittlichen Verbrauchers ab, der angemessen informiert und aufmerksam ist (BGH, Beschluss vom 22.01.2009, Az. I ZB 52/08 – DeutschlandCard).
Rechtsprechung und Beispiele
- „Baby-Dry“ (EuGH, Urteil vom 20.09.2001 – C-383/99):
Die Kombination aus „Baby“ und „Dry“ wurde trotz beschreibender Elemente als Marke für Windeln eingetragen, da die Wortkombination ungewöhnlich und unterscheidungskräftig war. - „Grillstar“:
Der Begriff wurde für Grillprodukte abgelehnt, da er als rein werbliche Anpreisung ohne Unterscheidungskraft angesehen wurde. - „FUCKING AWESOME“ (EuG, Urteil vom 15.03.2023 – T-178/22):
Der Ausdruck wurde als rein werbliche Aussage abgelehnt. Verbraucher sahen darin keine betriebliche Herkunftsangabe, sondern nur eine Qualitätsanpreisung. - „Bro-Secco“ (BPatG, Beschluss vom 12.08.2019 – 26 W (pat) 25/14):
Die Marke wurde gelöscht, da sie rein beschreibend auf ein alkoholisches Getränk in Anlehnung an „Prosecco“ verwies. - „Sparkassen-Rot“ (BGH, Beschluss vom 21.07.2016 – I ZB 52/15):
Die Farbe Rot wurde als Marke eingetragen, da die Sparkasse durch ihre langfristige und umfangreiche Nutzung Verkehrsdurchsetzung erlangt hatte. - „St. Pauli Girl“ (BGH, Beschluss vom 08.12.1999 – I ZB 25/97):
Chinesische Schriftzeichen für „St. Pauli Girl“ wurden abgelehnt, da sie für deutsche Verbraucher nicht einprägsam und unterscheidungskräftig waren.
Verkehrsdurchsetzung als Ausnahme
Auch wenn einer Marke ursprünglich die Unterscheidungskraft fehlt, kann sie durch Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG) Schutz erlangen. Dies setzt voraus, dass die Marke durch intensive Nutzung im Markt von den beteiligten Verkehrskreisen als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen wahrgenommen wird.
- Beispiel: Die abstrakte Farbe Blau von Nivea wurde durch Verkehrsdurchsetzung als Farbmarke anerkannt.
Herausforderungen bei modernen Markenformen
- 3D-Marken:
Normale Verpackungs- oder Produktformen werden meist als rein funktional angesehen und nicht als Herkunftshinweis. Nur außergewöhnliche Formen wie die Coca-Cola-Flasche können Unterscheidungskraft haben. - Abstrakte Farben:
Abstrakten Farbmarken fehlt häufig die Unterscheidungskraft, da Verbraucher Farben oft nicht als betriebliche Herkunftsangabe wahrnehmen. Die Sparkasse konnte ihre Marke „Rot“ schützen lassen, weil sie durch langjährige Nutzung Verkehrsdurchsetzung nachwies. - Akronyme und Abkürzungen:
Abkürzungen wie „ABS“ für „Antiblockiersystem“ sind schutzunfähig, wenn sie eine beschreibende Bedeutung haben. Hingegen können Abkürzungen mit eigenständigem Charakter schutzfähig sein, wie bei „SNUGGLEDOWN“ für Möbel und Kissen.
Die fehlende Unterscheidungskraft ist ein häufiges Hindernis bei der Eintragung von Marken, insbesondere bei beschreibenden Begriffen, alltäglichen Wörtern oder banalen Gestaltungen. Sie stellt sicher, dass nur Zeichen geschützt werden, die ihre zentrale Funktion als Herkunftshinweis erfüllen können. Mit kreativer Gestaltung, Verkehrsdurchsetzung oder einem ungewöhnlichen Gesamteindruck kann dieses Schutzhindernis jedoch überwunden werden. Die Rechtsprechung zeigt, dass die Anforderungen oft im Einzelfall interpretiert werden müssen.
3. Beschreibende Angaben (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, Art. 7 Abs. 1 c) UMV)
Beschreibende Angaben stellen ein wesentliches Schutzhindernis im Markenrecht dar. Sie umfassen Zeichen oder Begriffe, die ausschließlich dazu dienen, Merkmale oder Eigenschaften der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben. Diese Zeichen sind nicht eintragungsfähig, da sie für den freien Wettbewerb verfügbar bleiben müssen.
Wesentliche Kriterien für beschreibende Angaben
Beschreibende Angaben beziehen sich auf Merkmale wie:
- Art oder Beschaffenheit (z. B. „weich“ für Stoffe),
- Menge oder Umfang (z. B. „500 ml“ für Getränke),
- Funktion oder Zweck (z. B. „Schlafgut“ für Betten),
- geografische Herkunft (z. B. „Schwarzwald“ für Kuckucksuhren),
- Zeitpunkt oder Methode der Herstellung (z. B. „frisch gepresst“ für Säfte).
Das Hauptziel ist es, zu verhindern, dass allgemeine Begriffe, die andere Marktteilnehmer zur Beschreibung ihrer Produkte benötigen, monopolisiert werden. Dadurch bleibt die freie Verfügbarkeit solcher Begriffe für alle Marktteilnehmer gewährleistet.
Freihaltebedürfnis der Allgemeinheit
Ein zentrales Argument gegen die Eintragung beschreibender Angaben ist das sogenannte Freihaltebedürfnis der Allgemeinheit. Dieses besteht nicht nur, wenn ein Begriff aktuell beschreibend verwendet wird, sondern auch, wenn er in Zukunft dafür geeignet ist. Markenämter und Gerichte treffen deshalb oft Prognoseentscheidungen, um die langfristige Verfügbarkeit solcher Begriffe zu sichern.
Beispiel:
Man stelle sich vor, eine Molkerei hätte sich die Begriffe „fettarm“ und „entrahmt“ als Marken schützen lassen. In einem solchen Fall könnten Wettbewerber ihre Produkte nicht mehr sinnvoll bezeichnen, was zu einer monopolartigen Stellung führen würde. Besonders kritisch wird dies in Bereichen, in denen nur eine begrenzte Anzahl von Alternativen verfügbar ist, wie etwa bei Farbmarken.
Rechtliche Anforderungen
- Konkreter Bezug zu Waren und Dienstleistungen:
Das Freihaltebedürfnis muss speziell für die Waren oder Dienstleistungen bestehen, für die die Eintragung beantragt wird. Ein Begriff kann für ein Produkt beschreibend sein, für ein anderes hingegen schutzfähig. - Prognoseentscheidung:
Markenämter prüfen nicht nur die aktuelle Nutzung eines Begriffs, sondern auch seine potenzielle Eignung, in Zukunft beschreibend verwendet zu werden. Eine Marke ist löschungsreif, wenn sie sowohl zum Zeitpunkt der Anmeldung als auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung beschreibend war (BPatG, Beschluss vom 28.01.2022 – Schulkreide). - Beschreibende Angaben in einer Amtssprache der EU:
Bei Unionsmarken (Art. 7 Abs. 2 UMV) reicht es aus, dass ein Begriff in einer der Amtssprachen der EU beschreibend ist. Beispielsweise wurde „SÜTAT“ aufgrund seiner Bedeutung für den türkischsprachigen Verkehr abgelehnt (EuG, Urteil vom 26.07.2023, Az. T-315/22).
Möglichkeiten zur Überwindung des Schutzhindernisses
- Bekanntheitsgrad und Verkehrsdurchsetzung:
Eine beschreibende Marke kann durch Verkehrsdurchsetzung schutzfähig werden, wenn sie durch intensive Nutzung im Verkehr als Marke wahrgenommen wird (§ 8 Abs. 3 MarkenG). - Beispiel: Der Begriff „Selters“ wurde als geografische Bezeichnung für Mineralwasser ursprünglich beschreibend angesehen, erlangte jedoch durch Verkehrsdurchsetzung Markenschutz.
- Abwandlungen:
Beschreibende Begriffe können durch kreative Abwandlungen schutzfähig gemacht werden, wenn sie eine ausreichende Distanz zum beschreibenden Charakter aufweisen. - Beispiel: Begriffe wie „Polyestra“ statt „Polyester“ oder „Schorli“ statt „Schorle“ wurden als schutzfähig anerkannt (BPatG, Beschluss vom 20.07.2022 – 26 W (pat) 521/20).
- Kombination beschreibender Begriffe:
Die Kombination beschreibender Begriffe kann schutzfähig sein, wenn sie einen neuen Bedeutungsgehalt oder eine fantasievolle Einheit bildet. - Beispiel: „Beck’s Light“ wurde für Bier eingetragen, da die Kombination einen eigenständigen Gesamteindruck vermittelte.
- Fremdsprachige Begriffe:
Fremdsprachige Begriffe können in bestimmten Fällen schutzfähig sein, wenn sie im Inland nicht als beschreibend wahrgenommen werden. - Beispiel: Die Marke „SNUGGLEDOWN“ wurde in Deutschland als Marke für Kopfkissen und Möbel eingetragen, obwohl der Begriff im Englischen beschreibend ist.
Relevante Rechtsprechung
- „Doublemint“ (EuGH, Urteil vom 23.10.2003 – C-191/01):
Der Begriff wurde abgelehnt, da er beschreibend für Kaugummi mit „doppeltem Minzgeschmack“ war. - „Smart2Future“ (BPatG, Beschluss vom 14.07.2021):
Trotz Wortneuschöpfung wurde die Marke als beschreibend abgelehnt, da sie keine ausreichende Distanz zum beschreibenden Charakter aufwies. - „JUST ORGANIC“ (EuG, Urteil vom 05.10.2022):
Die Kombination aus Wort- und Bildelementen wurde abgelehnt, da sie lediglich eine beschreibende Aussage darstellt („nur Bio“) und keine Unterscheidungskraft besitzt. - „SÜTAT“ (EuG, Urteil vom 26.07.2023):
Die Marke wurde abgelehnt, da der Begriff für türkischsprachige Verbraucher beschreibend ist.
Das Schutzhindernis der beschreibenden Angaben stellt sicher, dass grundlegende Begriffe, die zur Beschreibung von Waren oder Dienstleistungen erforderlich sind, für den freien Wettbewerb erhalten bleiben. Markenanmelder können dieses Hindernis durch kreative Abwandlungen, Kombinationen oder den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung überwinden. Dennoch bleibt die Abwägung zwischen Monopolinteressen und dem Freihaltebedürfnis der Allgemeinheit ein zentraler Bestandteil der markenrechtlichen Prüfung.
4. Gattungsbezeichnungen (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, Art. 7 Abs. 1 d) UMV)
Gattungsbezeichnungen stellen ein weiteres wichtiges absolutes Schutzhindernis im Markenrecht dar. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 des deutschen Markengesetzes (MarkenG) und Art. 7 Abs. 1 d) der Unionsmarkenverordnung (UMV) sind Zeichen, die ausschließlich aus Bezeichnungen bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder im redlichen und etablierten Handelsverkehr zur Bezeichnung der Gattung von Waren oder Dienstleistungen üblich sind, von der Eintragung als Marke ausgeschlossen.
Definition von Gattungsbezeichnungen
Gattungsbezeichnungen sind allgemeine Begriffe, die zur Beschreibung einer bestimmten Produktart oder Dienstleistung verwendet werden und keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft geben. Sie dienen dazu, Produkte oder Dienstleistungen nach ihrer Art zu kategorisieren, ohne dass dabei eine Unterscheidung zwischen Anbietern vorgenommen wird.
Beispiele für Gattungsbezeichnungen sind:
- „Ketchup“ für Tomatensauce,
- „Thermoskanne“ für isolierende Behälter,
- „Baguette“ für ein französisches Brot.
Rechtliche Grundlage und Zielsetzung
Das Schutzhindernis soll verhindern, dass Begriffe, die allgemein verwendet werden, monopolisiert werden. Verbraucher müssen diese Begriffe zur Beschreibung von Waren oder Dienstleistungen nutzen können, ohne Gefahr zu laufen, Markenrechte zu verletzen. Unternehmen sollen zudem nicht daran gehindert werden, diese Begriffe im normalen Geschäftsverkehr zu verwenden.
Die Hauptfunktion des Schutzhindernisses liegt also darin, den freien Wettbewerb zu sichern und eine ungehinderte Nutzung gängiger Begriffe zu gewährleisten.
Anforderungen an Gattungsbezeichnungen
- Allgemeiner Sprachgebrauch:
Der Begriff muss im allgemeinen Sprachgebrauch etabliert sein und zur Beschreibung der Gattung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. - Handelsüblichkeit:
Der Begriff muss im redlichen und etablierten Handelsverkehr gängig sein, um die Gattung der Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben. - Zeitpunkt der Prüfung:
Eine Marke kann nicht eingetragen werden, wenn sie zum Zeitpunkt der Anmeldung als Gattungsbezeichnung verwendet wird. Wird ein Begriff erst nach der Eintragung zu einer Gattungsbezeichnung, kann die Marke nachträglich für verfallen erklärt werden (§ 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 58 Abs. 1 b) UMV).
Beispiele für Gattungsbezeichnungen
- „Thermoskanne“:
Der Begriff war ursprünglich eine geschützte Marke. Im Laufe der Zeit wurde er jedoch zur Bezeichnung einer Produktgattung und verlor damit seinen Markenschutz. - „Escalator“ (USA):
Der Begriff war ursprünglich als Marke geschützt, wurde jedoch durch generische Nutzung zur Gattungsbezeichnung und verlor seinen Schutz. - „Selters“:
Ursprünglich eine geografische Herkunftsbezeichnung für Mineralwasser aus Selters. Später wurde der Begriff als Gattungsbezeichnung für Mineralwasser verwendet, bevor er durch Verkehrsdurchsetzung als Marke wieder eingetragen werden konnte.
Gattungsbezeichnung durch Nutzung
Ein ursprünglich unterscheidungskräftiges Zeichen kann durch seine intensive Nutzung im Sprachgebrauch zur Gattungsbezeichnung werden und damit den Markenschutz verlieren. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Verbraucher den Begriff nicht mehr als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen wahrnehmen, sondern nur noch als allgemeine Bezeichnung für eine Produktkategorie.
Beispiele:
- „Jeep“: Wird häufig als Gattungsbezeichnung für Geländewagen verwendet, ist jedoch weiterhin als Marke geschützt.
- „Aspirin“: Wird oft generisch für Schmerzmittel verwendet, hat jedoch in Deutschland weiterhin Markenschutz.
Grenzen der Schutzfähigkeit
Eine Gattungsbezeichnung kann unter folgenden Bedingungen geschützt werden:
- Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG):
Wenn ein Begriff durch intensive Nutzung im Verkehr herkunftsweisend wahrgenommen wird, kann er trotz ursprünglicher Gattungsbedeutung eingetragen werden. - Beispiel: „Selters“ als Marke für Mineralwasser.
- Kreative Gestaltung oder Abwandlung:
Eine grafisch gestaltete oder abgeänderte Gattungsbezeichnung kann schutzfähig sein, wenn sie Unterscheidungskraft erlangt. - Beispiel: „Tetra Pak“ für Verpackungen.
Gattungsbezeichnungen sind wesentliche Elemente des allgemeinen Sprachgebrauchs und des fairen Wettbewerbs. Sie dürfen nicht als Marke monopolisiert werden, da dies den freien Zugang zu allgemein verwendeten Begriffen einschränken würde. Um dieses Schutzhindernis zu überwinden, müssen Anmelder entweder eine Verkehrsdurchsetzung nachweisen oder durch kreative Abwandlung bzw. Gestaltung Unterscheidungskraft schaffen. Dennoch bleibt die klare Abgrenzung zwischen Gattungsbezeichnung und markenfähigem Zeichen ein zentraler Aspekt bei der Prüfung von Markenanmeldungen.
5. Täuschungsgefahr (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG, Art. 7 Abs. 1 g) UMV)
Die Täuschungsgefahr ist ein wichtiges absolutes Schutzhindernis im Markenrecht, das verhindern soll, dass Zeichen als Marken eingetragen werden, die das Publikum über wesentliche Eigenschaften der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen täuschen könnten. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 des deutschen Markengesetzes (MarkenG) und Art. 7 Abs. 1 g) der Unionsmarkenverordnung (UMV) sind Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, Beschaffenheit, geografische Herkunft oder sonstige Merkmale der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen.
Was versteht man unter Täuschungsgefahr?
Die Täuschungsgefahr im markenrechtlichen Kontext bedeutet, dass ein Zeichen bei den angesprochenen Verkehrskreisen falsche Vorstellungen oder Erwartungen hinsichtlich der Ware oder Dienstleistung wecken kann. Die Täuschung muss sich direkt aus dem Zeichen ergeben und objektiv nachvollziehbar sein. Es reicht nicht aus, dass eine Täuschung nur in Verbindung mit anderen Umständen oder durch die Art der Verwendung im Geschäftsverkehr entsteht.
Merkmale und Anforderungen
- Inhalt der Täuschung:
Die Täuschungsgefahr bezieht sich auf die Aussagen, die das Zeichen über die gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen vermittelt. Die Täuschung kann sich beispielsweise auf folgende Aspekte beziehen: - Art oder Beschaffenheit (z. B. „Naturrein“ für ein chemisch hergestelltes Produkt),
- geografische Herkunft (z. B. „Champagne“ für Schaumwein aus Deutschland),
- Zusammensetzung (z. B. „100 % Baumwolle“ für ein Mischgewebe),
- Qualität oder spezifische Eigenschaften (z. B. „Bio“ für ein nicht biologisch hergestelltes Produkt).
- Objektive Täuschung:
Die Täuschung muss aus dem Zeichen selbst hervorgehen, unabhängig von der Absicht des Anmelders. Maßgeblich ist die Auffassung eines durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Verbrauchers. - Eignung zur Täuschung:
Es ist nicht erforderlich, dass das Zeichen tatsächlich täuscht. Es genügt, wenn die Möglichkeit besteht, dass es bei einem relevanten Teil des Publikums falsche Vorstellungen hervorruft. - Bezug auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen:
Die Täuschungsgefahr wird konkret im Hinblick auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen geprüft. Ein Zeichen, das für ein bestimmtes Produkt täuschend wirkt, kann für ein anderes Produkt schutzfähig sein. - Erkennbarkeit der Täuschung:
Gemäß § 37 Abs. 3 MarkenG und Art. 7 Abs. 1 g) UMV darf die Anmeldung nur zurückgewiesen werden, wenn die Täuschungsgefahr „ersichtlich“ ist. Dies bedeutet, dass die Täuschung klar und nachvollziehbar sein muss.
Beispiele für täuschende Marken
- „Champagne“ für Schaumwein außerhalb der Champagne:
Der Begriff „Champagne“ ist eine geschützte geografische Angabe. Eine Marke, die diesen Begriff für Schaumweine aus anderen Regionen verwendet, würde die Verbraucher über die geografische Herkunft täuschen. - „100 % Baumwolle“ für ein Mischgewebe:
Ein solcher Begriff vermittelt den Eindruck, dass das Produkt ausschließlich aus Baumwolle besteht, was nicht der Realität entspricht. - „Bio“ für konventionelle Produkte:
Der Begriff „Bio“ suggeriert, dass das Produkt biologisch hergestellt wurde. Eine solche Marke wäre täuschend, wenn das Produkt diese Eigenschaft nicht erfüllt. - „Swarovski“ für synthetische Steine anderer Hersteller:
Der Name „Swarovski“ wird von Verbrauchern mit hochwertigen Kristallen verbunden. Die Nutzung des Begriffs für minderwertige Produkte würde falsche Erwartungen wecken.
Abgrenzung zur Irreführung im Wettbewerbsrecht
Die Täuschungsgefahr im Markenrecht ist nicht mit der Irreführung nach dem Wettbewerbsrecht (UWG) gleichzusetzen. Während die markenrechtliche Täuschungsgefahr ausschließlich auf die Eignung des Zeichens zur Irreführung abzielt, können beim UWG auch Umstände wie die konkrete Vermarktung eine Rolle spielen.
Strategien zur Überwindung der Täuschungsgefahr
- Klarstellung durch Zusatzangaben:
Täuschungsgefahren können durch präzisierende Zusätze entschärft werden. Beispielsweise könnte eine Marke wie „Swiss Cheese“ für einen Käse außerhalb der Schweiz durch einen erklärenden Zusatz wie „nach Schweizer Art hergestellt“ geschützt werden. - Eingrenzung der Waren und Dienstleistungen:
Eine präzisere Formulierung der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen kann helfen, eine Täuschungsgefahr zu vermeiden. - Verkehrsdurchsetzung:
In seltenen Fällen kann eine täuschende Marke durch Verkehrsdurchsetzung schutzfähig werden, wenn der Verkehr sie trotz der täuschenden Elemente als Herkunftshinweis wahrnimmt. Dies ist jedoch eine Ausnahme.
Die Täuschungsgefahr ist ein wichtiges Instrument, um Verbraucher vor falschen Erwartungen zu schützen. Marken, die potenziell irreführend sind, werden nicht eingetragen, um die Transparenz im Handel zu gewährleisten und das Vertrauen der Verbraucher zu bewahren. Markenanmelder sollten daher darauf achten, dass ihre Zeichen keine Eigenschaften oder Merkmale suggerieren, die die Produkte oder Dienstleistungen nicht erfüllen.
6. Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten (§ 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG, Art. 7 Abs. 1 f) UMV)
Ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten ist ein absolutes Schutzhindernis, das die Eintragung von Marken verhindert, die gegen grundlegende gesellschaftliche Werte oder Prinzipien verstoßen. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 des deutschen Markengesetzes (MarkenG) und Art. 7 Abs. 1 f) der Unionsmarkenverordnung (UMV) dürfen Marken nicht eingetragen werden, wenn sie geeignet sind, die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten zu verletzen.
Was bedeutet „öffentliche Ordnung“ und „gute Sitten“?
- Öffentliche Ordnung:
Der Begriff umfasst die grundlegenden rechtlichen und sozialen Normen, die für das Funktionieren der Gesellschaft unabdingbar sind. Dazu gehören die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sowie der Schutz fundamentaler gesellschaftlicher Werte. - Gute Sitten:
Dieser Begriff beschreibt den allgemeinen Anstand und die moralischen Grundprinzipien, die in der Gesellschaft allgemein akzeptiert sind. Marken, die beleidigend, diskriminierend oder herabwürdigend wirken, verstoßen gegen die guten Sitten.
Merkmale des Schutzhindernisses
- Objektive Beurteilung:
Es ist nicht erforderlich, dass die Marke tatsächlich gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstößt. Es genügt, dass sie geeignet ist, solche Werte zu verletzen. - Wahrnehmung durch den Durchschnittsverbraucher:
Die Beurteilung richtet sich nach der Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Verbrauchers, der zur Zielgruppe der Marke gehört. - Keine regionalen Unterschiede bei Unionsmarken:
Bei Unionsmarken wird geprüft, ob ein Verstoß in einem relevanten Teil der Europäischen Union vorliegt. Wenn dies in nur einem Land der Fall ist, wird die Marke für die gesamte EU abgelehnt.
Beispiele für Verstöße
- Beleidigende oder diskriminierende Begriffe:
Marken, die Menschen aufgrund ihrer Ethnie, Religion, Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung herabwürdigen, verstoßen gegen die guten Sitten. - Beispiel: Die Bezeichnung „Fucking Awesome“ wurde für Kleidung abgelehnt, da sie im englischsprachigen Verkehr als vulgär wahrgenommen wird (EuG, Urteil vom 15.03.2023, Az. T-178/22).
- Verherrlichung von Gewalt oder illegalen Aktivitäten:
Marken, die Gewalt oder kriminelle Handlungen glorifizieren, können nicht eingetragen werden. - Beispiel: Der Name „Pablo Escobar“ als Marke wurde abgelehnt, da er den bekannten Drogenboss glorifiziert (EuG, Urteil vom 17.04.2024, Az. T-255/23).
- Trivialisierung von Tragödien oder sensiblen Themen:
Marken, die schwere menschliche Tragödien oder sensible Themen auf herabwürdigende Weise verwenden, werden als sittenwidrig betrachtet. - Beispiel: Der Begriff „Covidiot“ wurde abgelehnt, da er eine der schwersten Pandemien der jüngeren Geschichte trivialisiert (EUIPO, Beschluss vom 16.05.2024, Az. R0260/2021-G).
- Verwendung verfassungswidriger Symbole oder Begriffe:
Marken, die mit verfassungswidrigen Organisationen oder Symbolen in Verbindung stehen, sind nicht eintragungsfähig. - Beispiel: Die Abkürzung „NPD“ wurde abgelehnt, da sie auf die verfassungsfeindliche Partei „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ hinweist (BPatG, Urteil vom 02.12.2024, Az. 29 W (pat) 54/22).
- Verstoß gegen religiöse Empfindungen:
Marken, die religiöse Symbole oder Begriffe auf herabwürdigende oder unangemessene Weise verwenden, können gegen die guten Sitten verstoßen. - Beispiel: Ein Antrag für eine Marke mit dem Namen „Allah“ wurde abgelehnt, da sie religiöse Gefühle verletzen könnte.
Rechtsprechung zur öffentlichen Ordnung und guten Sitten
- „La Mafia se sienta a la mesa“ (EuG, Urteil vom 15.03.2018, Az. T-1/17):
Der Markenname „Die Mafia setzt sich an den Tisch“ wurde abgelehnt, da er die Mafia romantisiert und ihre negativen sozialen und kulturellen Auswirkungen trivialisiert. - „COVIDIOT“ (EUIPO, Beschluss vom 16.05.2024):
Die Marke wurde abgelehnt, da sie eine globale Tragödie trivialisiert und als sittenwidrig betrachtet wurde. - „Fuck Cancer“ (EUIPO, Beschluss vom 30.07.2019):
Der Begriff wurde abgelehnt, da die explizite Sprache gegen die guten Sitten verstößt, auch wenn der Zweck der Marke (Kampf gegen Krebs) positiv war. - „Mein Kampf“ (BPatG, Beschluss vom 27.04.2005):
Die Verwendung des Titels von Adolf Hitlers Buch wurde als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung abgelehnt.
Strategien zur Überwindung des Schutzhindernisses
- Neutrale Formulierungen:
Markenanmelder sollten provokative oder beleidigende Begriffe vermeiden und auf neutrale oder fantasievolle Bezeichnungen setzen. - Kulturelle Sensibilität:
Vor allem bei Unionsmarken sollte die kulturelle Vielfalt innerhalb der EU berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass ein Zeichen nicht in einem Teil der EU als sittenwidrig angesehen wird. - Klarstellende Zusatzangaben:
In manchen Fällen kann eine potenziell irreführende oder unangemessene Marke durch ergänzende Erläuterungen entschärft werden.
Das absolute Schutzhindernis des Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten schützt grundlegende gesellschaftliche und moralische Werte. Es verhindert, dass Marken eingetragen werden, die das Vertrauen der Verbraucher in das Markenrecht und den fairen Wettbewerb beeinträchtigen könnten. Markenanmelder sollten bei der Wahl ihrer Zeichen darauf achten, dass diese nicht nur rechtlich zulässig, sondern auch gesellschaftlich akzeptabel sind.
Ansprechpartner
Frank Weiß
Alexander Bräuer
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