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Abmahnung ist umsatzsteuerpflichtig - Alles Wichtige

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Abmahnungen sind im deutschen Rechtssystem ein zentrales Instrument zur außergerichtlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten, insbesondere im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes, des Urheber- und Wettbewerbsrechts. Eine entscheidende Frage in diesem Kontext ist die umsatzsteuerliche Behandlung von Abmahnungen: Sind diese steuerpflichtig? Dieser Beitrag bietet eine umfassende Analyse der umsatzsteuerlichen Behandlung von Abmahnungen, gestützt auf maßgebliche Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) und des Bundesgerichtshofs (BGH).

Definition und Zweck der Abmahnung

Eine Abmahnung ist eine formale Aufforderung eines Rechteinhabers an einen mutmaßlichen Rechtsverletzer, ein bestimmtes rechtswidriges Verhalten zu unterlassen. Sie dient mehreren Zwecken:

  • Hinweisfunktion: Der Verletzer wird auf sein rechtswidriges Verhalten aufmerksam gemacht.
  • Konfliktvermeidungsfunktion: Es wird die Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung geschaffen.
  • Kostenvermeidungsfunktion: Durch die Abmahnung sollen kostspielige Gerichtsverfahren vermieden werden.

Umsatzsteuerliche Behandlung von Abmahnungen

Rechtliche Grundlagen

Die umsatzsteuerliche Behandlung von Abmahnungen war lange Zeit umstritten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jedoch in mehreren Urteilen klargestellt, dass Abmahnungen als steuerbare und steuerpflichtige Leistungen zu betrachten sind.

BFH-Urteil vom 13. Februar 2019 (Az. XI R 1/17):

In diesem richtungsweisenden Urteil entschied der BFH, dass Zahlungen, die ein Unternehmer als Aufwendungsersatz aufgrund von urheberrechtlichen Abmahnungen erhält, umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschs zu qualifizieren sind. Der BFH führte aus:

"Zahlungen, die an einen Unternehmer als Aufwendungsersatz aufgrund von urheberrechtlichen Abmahnungen zur Durchsetzung seines Unterlassungsanspruchs geleistet werden, sind umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und dem von ihm abgemahnten Rechtsverletzer zu qualifizieren."

Der BFH begründete dies damit, dass durch die Abmahnung dem Rechtsverletzer der Vorteil verschafft wird, einen kostspieligen Gerichtsprozess zu vermeiden. Dieser Vorteil stellt eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung dar.

Erweiterung auf den gesamten gewerblichen Rechtsschutz

Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte diese Rechtsprechung und weitete sie auf den gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes aus. In einem Hinweisbeschluss vom 21. Januar 2021 (Az. I ZR 87/20) stellte der BGH fest:

"Diese Rechtsprechung [...] ist auf den gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes auszudehnen und findet insbesondere auch im Kennzeichenrecht Anwendung."

Damit wurde klargestellt, dass die Umsatzsteuerpflicht nicht nur für Abmahnungen im Urheber- und Wettbewerbsrecht gilt, sondern für alle Bereiche des gewerblichen Rechtsschutzes.

Praktische Auswirkungen für Abmahnende und Abgemahnte

Für den Abmahnenden

  • Rechnungsstellung: Der Abmahnende muss die Umsatzsteuer auf die Abmahnkosten erheben und an das Finanzamt abführen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Abgemahnte zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
  • Vorsteuerabzug: Sofern der Abmahnende selbst umsatzsteuerpflichtig ist, kann er die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.

Für den Abgemahnten

  • Kostenübernahme: Der Abgemahnte hat die Abmahnkosten einschließlich der Umsatzsteuer zu tragen. Ist er vorsteuerabzugsberechtigt, kann er die gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen.

Praxisbeispiele

  1. Urheberrechtsverletzung: Ein Fotograf entdeckt, dass eines seiner Bilder ohne seine Zustimmung auf einer kommerziellen Website verwendet wird. Er beauftragt einen Anwalt, der den Betreiber der Website abmahnt und zur Unterlassung sowie zur Erstattung der Anwaltskosten auffordert. Die in Rechnung gestellten Anwaltskosten enthalten die gesetzliche Umsatzsteuer, die der Fotograf an das Finanzamt abführt.
  2. Markenrechtsverletzung: Ein Unternehmen stellt fest, dass ein Konkurrent ein ähnliches Logo verwendet, das zu Verwechslungen bei den Kunden führt. Es erfolgt eine Abmahnung mit der Aufforderung zur Unterlassung und zur Kostenerstattung. Auch hier sind die Abmahnkosten umsatzsteuerpflichtig.

Fazit

Die umsatzsteuerliche Behandlung von Abmahnungen ist durch die Rechtsprechung des BFH und des BGH eindeutig geklärt: Abmahnungen stellen steuerbare und steuerpflichtige Leistungen dar. Sowohl Abmahnende als auch Abgemahnte sollten sich dieser Tatsache bewusst sein und die Umsatzsteuer entsprechend berücksichtigen. Eine korrekte Handhabung der Umsatzsteuer bei Abmahnungen ist essenziell, um rechtliche und finanzielle Nachteile zu vermeiden.

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