Abmahnung erhalten? So reagieren Sie am besten! Ein Leitfaden

Stellen Sie sich vor, Sie öffnen Ihre E-Mails oder Ihren Briefkasten und finden ein Schreiben, das Ihre Aufmerksamkeit sofort fesselt – eine Abmahnung. Die Worte klingen bedrohlich, juristisch und unmissverständlich: Ihnen wird vorgeworfen, gegen geltendes Recht verstoßen zu haben, sei es durch die unerlaubte Nutzung eines Bildes, eine vermeintlich irreführende Werbung oder einen Markenrechtsverstoß. Für viele Betroffene ist dies ein Moment des Schocks und der Unsicherheit. Was bedeutet das konkret? Droht nun eine teure Klage? Und vor allem: Wie sollten Sie jetzt reagieren?
Eine Abmahnung ist nicht nur ein juristisches Instrument, sondern auch eine Möglichkeit, Streitigkeiten außergerichtlich und oft kostengünstig beizulegen. Sie dient dazu, Rechtsverstöße zu benennen, abzustellen und zukünftige Verstöße zu verhindern – oftmals durch eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung. Doch sie birgt auch Risiken: falsche Entscheidungen oder unbedachtes Handeln können erhebliche finanzielle und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Gleichzeitig eröffnet sie Chancen, langwierige Gerichtsverfahren zu vermeiden und rechtliche Klarheit zu schaffen.
Dieser Artikel beleuchtet die Abmahnung aus allen Perspektiven: Was sind ihre Ziele, wie ist sie aufgebaut und welche Möglichkeiten haben Sie, darauf zu reagieren? Ob Sie selbst abgemahnt wurden oder beabsichtigen, eine Abmahnung auszusprechen – wir geben Ihnen das Wissen an die Hand, um kluge Entscheidungen zu treffen und Ihre rechtlichen Interessen bestmöglich zu wahren. Denn wer die Mechanismen und Taktiken hinter der Abmahnung versteht, kann souverän und selbstbewusst handeln – ganz gleich, ob als Abmahner oder Abgemahnter.
Das Wichtigste in Kürze:
- Effektives Rechtsinstrument: Eine Abmahnung dient der außergerichtlichen Klärung von Rechtsverstößen, wie Urheber-, Marken- oder Wettbewerbsrechtsverletzungen. Sie fordert den Abgemahnten auf, das beanstandete Verhalten durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung künftig zu unterlassen.
- Kosteneffizienz und Prävention: Die Abmahnung vermeidet teure und langwierige Gerichtsverfahren, indem sie beiden Parteien eine schnellere und kostengünstigere Lösung ermöglicht. Typische Streitwerte und Anwaltskosten hängen stark vom Rechtsgebiet ab (z. B. bis zu 500.000 € im Markenrecht).
- Strategische Reaktionen: Der Abgemahnte hat mehrere Reaktionsmöglichkeiten, darunter die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung, eine Gegenabmahnung oder eine negative Feststellungsklage. Jede Entscheidung sollte fundiert sein, da finanzielle und rechtliche Risiken drohen. Professionelle rechtliche Beratung wird dringend empfohlen.
Was ist eine Abmahnung?
Muss einer Abmahnung von Anwalt eine Vollmacht beigefügt sein?
Muss eine Abmahnung eine besondere Form haben?
Welche Kosten entstehen durch eine Abmahnung?
Welche Reaktionsmöglichkeiten auf eine Abmahnung gibt es?
Was ist eine Abmahnung?
Eine Abmahnung ist ein Rechtsinstrument, das hauptsächlich im deutschen Rechtssystem Anwendung findet, um auf zivilrechtliche Streitigkeiten außergerichtlich zu reagieren. Es handelt sich dabei um eine formale Aufforderung, ein bestimmtes rechtswidriges Verhalten zu unterlassen. Eine Abmahnung ist nicht nur eine rechtliche Maßnahme, sondern auch ein Hinweis darauf, dass der Abgemahnte sein Verhalten ändern sollte, um teure und zeitaufwändige gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Ziele und Funktionen der Abmahnung
Die Abmahnung verfolgt mehrere Zwecke:
- Rechtsverletzung benennen und Abstellen
Der Abgemahnte wird auf eine Rechtsverletzung aufmerksam gemacht und dazu aufgefordert, diese künftig zu unterlassen. Dabei kann es sich um Verstöße gegen das Urheberrecht, Markenrecht, Wettbewerbsrecht oder andere Rechtsgebiete handeln. - Kosten und Prozesse vermeiden
Der Abmahner strebt an, die Angelegenheit außergerichtlich zu lösen. Ein Gerichtsverfahren kann mit hohen Kosten und einem ungewissen Ausgang verbunden sein, weshalb die Abmahnung als einvernehmlicher Lösungsversuch dient. - Sicherung der Wiederholungsfreiheit
Die Abmahnung zielt darauf ab, das beanstandete Verhalten auch in Zukunft zu verhindern. Dies wird durch die sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung sichergestellt.
Elemente einer Abmahnung
Eine Abmahnung besteht typischerweise aus folgenden Bestandteilen:
1. Aufforderung zur Unterlassung
Die Abmahnung benennt die konkrete Rechtsverletzung und fordert den Abgemahnten auf, diese unverzüglich einzustellen. Beispielsweise könnte eine Abmahnung erfolgen, wenn:
- Ein Bild ohne Zustimmung des Urhebers auf einer Webseite veröffentlicht wurde.
- Ein Produkt unzulässigerweise mit einer geschützten Marke beworben wird.
- Ein Unternehmen durch irreführende Werbung gegen das Wettbewerbsrecht verstößt.
2. Strafbewehrte Unterlassungserklärung
Der Abgemahnte wird aufgefordert, eine schriftliche Erklärung abzugeben, in der er sich verpflichtet, das beanstandete Verhalten zukünftig zu unterlassen.
Besonderheiten dieser Erklärung:
- Sie ist „strafbewehrt“, was bedeutet, dass bei einem erneuten Verstoß eine Vertragsstrafe fällig wird. Diese dient als Abschreckung und soll die Einhaltung der Verpflichtung sicherstellen.
- Die Höhe der Vertragsstrafe wird entweder in der Abmahnung vorgeschlagen oder als „angemessen“ zu bestimmen angekündigt.
3. Erstattung der Abmahnkosten
Neben der strafbewehrten Unterlassungserklärung wird häufig auch die Erstattung der Abmahnkosten verlangt. Diese umfassen:
- Anwaltskosten des Abmahners. Die Kosten bemessen sich häufig am Streitwert, der in der Abmahnung angegeben wird. Insbesondere im Urheberrecht oder Markenrecht können diese Kosten erheblich sein.
- Auslagen, die im Rahmen der Abmahnung entstanden sind.
4. Weitere Ansprüche
Je nach Sachlage können zusätzliche Forderungen geltend gemacht werden, beispielsweise:
- Auskunftsansprüche: Der Abgemahnte muss Angaben darüber machen, in welchem Umfang die Rechtsverletzung stattgefunden hat. Im Urheberrecht kann dies z. B. bedeuten, offenzulegen, wie oft ein geschütztes Werk verwendet wurde.
- Schadensersatzforderungen: Insbesondere im gewerblichen Bereich kann der Abmahner verlangen, dass ihm der durch die Rechtsverletzung entstandene Schaden ersetzt wird.
Rechtsgrundlagen der Abmahnung
Eine Abmahnung stützt sich auf verschiedene gesetzliche Grundlagen, je nach betroffenem Rechtsgebiet:
- Urheberrecht (§ 97a UrhG):
Regelt die Voraussetzungen für eine berechtigte Abmahnung und begrenzt die Höhe der Kosten, insbesondere bei Erstverstößen. - Markenrecht (§ 14 MarkenG):
Erlaubt es Markeninhabern, bei Verletzungen ihrer Marke vorzugehen. - Wettbewerbsrecht (§ 13 UWG):
Ermöglicht Abmahnungen bei Verstößen gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb.
Bedeutung der Abmahnung für den Abmahner
Der Abmahner ist gut beraten, vor einer Klage eine Abmahnung auszusprechen. Der wichtigste Grund dafür ist, dass eine Klage ohne vorherige Abmahnung riskant ist.
- Risiko des sofortigen Anerkenntnisses: Nach § 93 ZPO trägt der Kläger die Prozesskosten, wenn der Beklagte die Klage sofort anerkennt. Eine vorherige Abmahnung schützt den Kläger vor diesem Szenario.
- Dokumentation: Durch die Abmahnung dokumentiert der Abmahner seine Bemühungen, die Angelegenheit außergerichtlich zu lösen. Dies kann später im Verfahren als Nachweis dienen.
Warum gibt es Abmahnungen?
Abmahnungen dienen mehreren Zwecken, sowohl aus juristischer als auch praktischer Sicht:
- Entlastung der Gerichte: Abmahnungen fördern außergerichtliche Einigungen und reduzieren die Zahl der Gerichtsverfahren.
- Warnfunktion: Sie ermöglichen es dem Abgemahnten, sein Verhalten zu überdenken und anzupassen, bevor es zu rechtlichen Konsequenzen kommt.
- Kosteneffizienz: Für beide Parteien ist eine außergerichtliche Lösung in der Regel kostengünstiger und schneller als ein Gerichtsverfahren.
Die Abmahnung ist ein zentrales Instrument des deutschen Zivilrechts, um Streitigkeiten effektiv und kostensparend außergerichtlich zu lösen. Für den Abmahner bietet sie eine Möglichkeit, Rechtsverstöße zu adressieren und zukünftige Verletzungen zu verhindern. Für den Abgemahnten ist sie ein klarer Hinweis auf bestehende Probleme und eine Chance, teure Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Dennoch sollte jede Abmahnung sorgfältig geprüft und im Zweifel rechtlich begleitet werden.
Muss einer Abmahnung von Anwalt eine Vollmacht beigefügt sein?
Die Frage, ob einer anwaltlichen Abmahnung eine Vollmacht beigefügt sein muss, hängt von mehreren Faktoren ab, insbesondere davon, ob eine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung beigefügt wurde. Die rechtlichen Anforderungen an die Vollmachtsvorlage sind insbesondere durch § 174 Satz 1 BGB und die dazu ergangene Rechtsprechung geregelt.
Differenzierung nach Inhalt der Abmahnung
1. Abmahnung ohne vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung
- Enthält die Abmahnung weder eine Vollmachtsurkunde noch eine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung, kann der Abgemahnte die Abmahnung unverzüglich zurückweisen.
- Rechtsgrundlage: Nach § 174 Satz 1 BGB ist eine einseitige Willenserklärung unwirksam, wenn der Absender ohne Vorlage einer Vollmacht handelt und die Vollmacht vom Empfänger angefordert wird.
- Folge: In solchen Fällen besteht ein Rückweisungsrecht des Abgemahnten, da Zweifel daran bestehen können, ob der Anwalt tatsächlich im Auftrag des Abmahnenden handelt.
2. Abmahnung mit vorformulierter strafbewehrter Unterlassungserklärung
- Wenn die Abmahnung eine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung enthält, sieht die Rechtsprechung darin ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrags.
- BGH, Urteil vom 17.09.2009, Az. I ZR 217/07 („Testfundstelle“)
- BGH, Urteil vom 19.06.2010, Az. I ZR 140/08 („Vollmachtsnachweis“)
- Die Beifügung der Unterlassungserklärung wird als ein Angebot gewertet, das unabhängig von der Vorlage einer Vollmacht als wirksam gilt. Eine Vollmachtsvorlage ist in diesem Fall nicht erforderlich.
- Erklärung: Die vorformulierte Unterlassungserklärung zeigt, dass der Anwalt in Abstimmung mit seinem Mandanten handelt, wodurch die Notwendigkeit einer Vollmacht entfällt.
Wichtige rechtliche Aspekte
- Unverzügliche Zurückweisung (§ 174 Satz 1 BGB)
- Um die Abmahnung wegen fehlender Vollmacht zurückzuweisen, muss dies unverzüglich geschehen. „Unverzüglich“ bedeutet, dass die Zurückweisung ohne schuldhaftes Zögern erfolgt. In der Praxis sollte dies innerhalb weniger Tage geschehen.
- Kein Rückweisungsrecht bei Unterlassungserklärung
- Wenn eine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung beigefügt ist, besteht kein Rückweisungsrecht wegen fehlender Vollmacht. Die Abmahnung bleibt wirksam, und der Abgemahnte muss auf die Forderungen reagieren.
- Rückwirkender Nachweis der Vollmacht
- Selbst wenn der Abgemahnte die Vollmacht anfordert, kann der Abmahnende diese nachreichen, um Zweifel an der Berechtigung auszuräumen. In solchen Fällen wird die Abmahnung nachträglich wirksam.
Praxisempfehlungen für Abgemahnte
- Prüfung der Abmahnung:
- Überprüfen Sie, ob die Abmahnung eine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung enthält. Falls nicht, kann die fehlende Vollmacht ein Ansatzpunkt sein, die Abmahnung zurückzuweisen.
- Unverzügliche Reaktion:
- Falls Sie die Abmahnung wegen fehlender Vollmacht zurückweisen möchten, muss dies schnell geschehen. Lassen Sie sich idealerweise rechtlich beraten.
- Rechtliche Beratung einholen:
- Auch wenn die Abmahnung formal zurückgewiesen werden kann, sollten Sie das zugrunde liegende Verhalten prüfen, da eine erneute Abmahnung oder gerichtliche Schritte drohen könnten.
Muss eine Abmahnung eine besondere Form haben?
Eine Abmahnung im zivilrechtlichen Bereich (z. B. im Wettbewerbsrecht, Urheberrecht oder Markenrecht) unterliegt keiner gesetzlich vorgeschriebenen besonderen Form, muss aber bestimmte inhaltliche und formale Anforderungen erfüllen, um wirksam zu sein. Hier sind die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
1. Form der Abmahnung
- Keine gesetzliche Formvorschrift: Eine Abmahnung kann grundsätzlich schriftlich, elektronisch (z. B. per E-Mail) oder sogar mündlich erfolgen. In der Praxis wird jedoch fast ausschließlich die schriftliche Form genutzt, da diese als Beweismittel dient.
- Sonderregelungen bei bestimmten Rechtsgebieten:
- Wettbewerbsrecht (§ 13 UWG): Hier sollte aus Beweiszwecken die Textform eingehalten werden. Das bedeutet, die Abmahnung sollte per Brief, Fax oder E-Mail erfolgen.
- Urheberrecht (§ 97a UrhG): Auch im Urheberrecht sollte die Textform eingehalten werden. Die Abmahnung muss zudem spezifische Angaben enthalten (siehe unten).
2. Warum wird schriftliche Form bevorzugt?
- Beweissicherung: Die schriftliche Form ermöglicht den Nachweis, dass die Abmahnung erfolgt ist und welchen Inhalt sie hatte. Dies ist besonders wichtig, wenn der Fall vor Gericht weitergeführt wird.
- Rechtsklarheit: Ein schriftliches Dokument gibt dem Abgemahnten die Möglichkeit, die Vorwürfe und Forderungen klar nachzuvollziehen.
3. Inhaltliche Anforderungen
Eine Abmahnung muss bestimmte inhaltliche Mindestanforderungen erfüllen, damit sie wirksam ist. Sie sollte klar und präzise formuliert sein, um Missverständnisse zu vermeiden. Folgende Punkte sind dabei essenziell:
a) Konkretisierung der Rechtsverletzung
- Die Abmahnung muss die beanstandete Handlung oder Unterlassung klar beschreiben, sodass der Abgemahnte genau weiß, was ihm vorgeworfen wird.
Beispiel aus dem Urheberrecht: - „Sie haben auf Ihrer Website www.beispielseite.de das Bild ‚XYZ‘ ohne Genehmigung des Rechteinhabers verwendet. Die Nutzung erfolgte am 15. Januar 2025.“
- Wettbewerbsrecht: Eine unlautere Werbemaßnahme muss genau beschrieben werden, etwa: „Ihre Werbeaussage ‚Bestpreisgarantie‘ ist irreführend, da nachweislich günstigere Angebote existieren.“
b) Aufforderung zur Unterlassung
- Es muss klar formuliert werden, dass der Abgemahnte das beanstandete Verhalten künftig zu unterlassen hat. Dies wird oft durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung unterstützt, die der Abgemahnte unterschreiben soll.
c) Setzen einer Frist
- Eine Abmahnung sollte immer eine Frist enthalten, innerhalb derer der Abgemahnte auf die Forderungen reagieren muss.
- Übliche Fristen: 7 bis 14 Tage (je nach Dringlichkeit).
- Urheberrecht (§ 97a Abs. 2 UrhG): Hier muss die Frist angemessen sein. Eine zu kurze Frist kann die Abmahnung unwirksam machen.
d) Androhung rechtlicher Schritte
- Der Abmahner muss deutlich machen, dass bei Nichtbefolgung rechtliche Schritte (z. B. einstweilige Verfügung, Klage) eingeleitet werden.
e) Kostenaufstellung
- Wird die Übernahme der Abmahnkosten gefordert (z. B. Anwaltskosten), müssen diese detailliert aufgeführt und begründet werden.
- Urheberrecht (§ 97a Abs. 3 UrhG): Ausnahme in der Kostenregelung.
- Wettbewerbsrecht: Der Streitwert, auf dem die Abmahnkosten basieren, muss angegeben sein.
4. Fehlerhafte Abmahnungen
Eine fehlerhafte oder unwirksame Abmahnung hat keine bindende Wirkung. Typische Fehler sind:
- Unklare Beschreibung der Rechtsverletzung.
- Fehlende Fristsetzung.
- Überzogene oder unberechtigte Forderungen (z. B. überhöhte Abmahnkosten).
- Nichtbeachtung der Formvorschriften.
Der Abgemahnte kann in solchen Fällen:
- Die Abmahnung zurückweisen.
- Eine sogenannte negativen Feststellungsklage einreichen, um gerichtlich klären zu lassen, dass die Abmahnung unbegründet ist.
Welche Kosten entstehen durch eine Abmahnung?
Die Kosten, die durch eine Abmahnung entstehen, hängen von mehreren Faktoren ab, insbesondere von der Berechtigung der Abmahnung, dem Gegenstandswert und der Rechtsmaterie. Eine Abmahnung ist ein effektives Mittel, um außergerichtlich Ansprüche geltend zu machen, kann jedoch für den Abgemahnten erhebliche finanzielle Folgen haben. Dieser Artikel beleuchtet die Rechtsgrundlagen, die Berechnungsweise der Kosten und die relevante Rechtsprechung.
1. Grundsatz: Wann sind Abmahnkosten erstattungsfähig?
Die Kosten einer Abmahnung sind erstattungsfähig, wenn die Abmahnung:
- berechtigt ist, d. h., dass ein materiell-rechtlicher Unterlassungsanspruch besteht,
- wirksam ist, also den formellen Anforderungen entspricht,
- und erforderlich war, um den Abgemahnten außergerichtlich zur Unterlassung des beanstandeten Verhaltens zu bewegen.
Rechtsprechung:
- Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass die Abmahnung eine Maßnahme sein muss, die dem Abgemahnten den Weg weist, um ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden (z. B. BGH, Urteil vom 31.10.2018, Az. I ZR 73/17 – Jogginghosen).
2. Berechnungsgrundlage: Gegenstandswert
Der Gegenstandswert (oder Streitwert im gerichtlichen Verfahren) ist die Basis für die Berechnung der Abmahnkosten. Er gibt den wirtschaftlichen Wert des Anspruchs an, der mit der Abmahnung verfolgt wird.
a) Unterlassungsansprüche
- Der Gegenstandswert wird vom Rechtsanwalt festgelegt und basiert auf einer Beurteilung der Bedeutung der Sache, dem Ausmaß der Rechtsverletzung und der wirtschaftlichen Tragweite.
- Häufige Gegenstandswerte:
- Urheberrecht: 1.000 bis 10.000 Euro bei einfachen Fällen (z. B. unerlaubte Fotoverwendung), bis zu 500.000 Euro bei schwerwiegenden Verstößen.
- Markenrecht: Typischer Gegenstandswert liegt zwischen 25.000 und 500.000 Euro, je nach Bekanntheit der Marke und Schwere des Verstoßes.
- Wettbewerbsrecht: Oft 10.000 bis 50.000 Euro bei durchschnittlichen Fällen.
b) Forderungen auf Schadensersatz
- Bei Schadensersatzforderungen entspricht der Gegenstandswert dem geltend gemachten Betrag.
Beispiel: Der Abmahner verlangt 5.000 Euro Schadensersatz für die unerlaubte Nutzung eines Bildes. Der Gegenstandswert beträgt ebenfalls 5.000 Euro.
3. Anwaltskosten: Berechnung nach RVG
Die Höhe der Anwaltskosten richtet sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Eine typische Abmahnung führt zu einer 1,3-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG.
4. Besondere Aspekte und relevante Rechtsprechung
a) Relevanz des Gegenstandswerts
- Der Gegenstandswert ist entscheidend für die Kostenhöhe, unterliegt jedoch einem gewissen Ermessensspielraum des Rechtsanwalts. Willkürliche Festsetzungen sind jedoch nicht zulässig.
Rechtsprechung: Der Gegenstandswert muss alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen (BGH, Urteil vom 23.04.2020, Az. I ZR 85/19 – Preisänderungsregelung).
b) Teilweise berechtigte Abmahnungen
- Wird die Abmahnung nur teilweise als berechtigt angesehen, sind die Abmahnkosten anteilig zu erstatten.
Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 10.12.2009, Az. I ZR 149/07.
c) Missbräuchliche Abmahnungen
- Missbräuchliche Abmahnungen, z. B. solche mit überhöhten Gegenstandswerten oder aus rein finanziellen Motiven, sind unwirksam und führen zu einer Zurückweisung der Kostenerstattung.
5. Besondere Regelungen bei Internetstreitigkeiten
a) Fliegender Gerichtsstand
- Bis Ende 2020 konnte der Abmahner bei Internetstreitigkeiten weitgehend frei entscheiden, welches Gericht zuständig ist. Dies führte zu erheblichen Kostenunterschieden.
Aktuelle Regelung: Seit Ende 2020 ist der fliegende Gerichtsstand im Wettbewerbsrecht eingeschränkt (§ 14 Abs. 2 Satz 2, 3 Nr. 1 UWG).
b) Abmahnkosten im Urheberrecht
- Bei einfachen Fällen und Erstabmahnungen sind die Kosten nach § 97a Abs. 3 UrhG gedeckelt. Dies gilt jedoch nur für nicht-gewerbliche Verstöße.
6. Kosten bei mehreren Abmahnungen
Tritt der gleiche Rechtsverstoß bei mehreren Personen oder Unternehmen auf, sind die Abmahnkosten unter Umständen zu reduzieren:
- Rechtsprechung: Bei gleichartigen Abmahnungen gegen rechtlich oder wirtschaftlich nicht verbundene Parteien können diese als „eine Angelegenheit“ gemäß § 15 Abs. 2 RVG gewertet werden. In diesem Fall darf nur einmalig abgerechnet werden (BGH, Urteil vom 06.06.2019, Az. I ZR 150/18 – Der Novembermann).
Welche Reaktionsmöglichkeiten auf eine Abmahnung gibt es?
Eine Abmahnung erfordert eine strategisch durchdachte Reaktion, da die falsche Vorgehensweise erhebliche finanzielle oder rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Je nach Situation und rechtlicher Grundlage gibt es mehrere Optionen, die der Abgemahnte in Betracht ziehen sollte. Nachfolgend werden diese Möglichkeiten ausführlich erläutert, einschließlich ihrer jeweiligen Vorteile, Risiken und rechtlichen Konsequenzen.
1. Abgabe einer Unterlassungserklärung mit Zahlung der Abmahnkosten
Diese Vorgehensweise ist in der Regel die sicherste und gebräuchlichste Variante, wenn die Abmahnung berechtigt ist. In diesem Fall erkennt der Abgemahnte die Rechtsverletzung an und verpflichtet sich, das beanstandete Verhalten künftig zu unterlassen. Zusätzlich erstattet er die in der Abmahnung geltend gemachten Kosten.
Damit diese Reaktion sinnvoll ist, müssen zwei wesentliche Bedingungen erfüllt sein:
- Die Abmahnung muss sachlich und rechtlich korrekt sein. Das bedeutet, dass tatsächlich ein Unterlassungsanspruch des Abmahners besteht.
- Der Abgemahnte muss in der Lage sein, den gerügten Rechtsverstoß dauerhaft und vollständig abzustellen.
Wird eine Unterlassungserklärung abgegeben, verpflichtet sich der Abgemahnte in der Regel lebenslang, das beanstandete Verhalten zu unterlassen. Zudem enthält die Erklärung eine Vertragsstrafenklausel, die bei einem zukünftigen Verstoß greift. Daher ist Vorsicht geboten: Ein einmaliger Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung kann existenzbedrohende Vertragsstrafen nach sich ziehen.
In vielen Fällen enthalten die vorgefertigten Unterlassungserklärungen des Abmahners Regelungen, die zu weitreichend und ungünstig für den Abgemahnten sind. Deshalb wird dringend davon abgeraten, die beigefügte Erklärung ohne Prüfung durch einen fachkundigen Anwalt zu unterschreiben. Der Anwalt kann die Erklärung modifizieren, um die Verpflichtungen des Abgemahnten auf das rechtlich Notwendige zu begrenzen und so das Risiko zu minimieren.
2. Abgabe einer Unterlassungserklärung ohne Zahlung der Abmahnkosten
Diese Option wird gewählt, wenn Zweifel an der Berechtigung der Abmahnung bestehen. Der Abgemahnte erklärt sich bereit, das beanstandete Verhalten zukünftig zu unterlassen, bestreitet jedoch die Erstattung der Abmahnkosten.
Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt darin, dass der Abgemahnte das Risiko eines teuren und aufwändigen Unterlassungsprozesses vermeidet. Gleichzeitig zwingt er den Abmahner dazu, die Erstattung der Abmahnkosten gerichtlich geltend zu machen. Dies kann für den Abmahner mit einem hohen Kosten- und Zeitaufwand verbunden sein.
Allerdings besteht auch hier die Verpflichtung, das beanstandete Verhalten vollständig und dauerhaft einzustellen. Sollte der Abgemahnte erneut gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen, wird die vereinbarte Vertragsstrafe fällig.
Die gerichtliche Durchsetzung der Abmahnkosten durch den Abmahner birgt für beide Seiten finanzielle Risiken. Die Gerichtskosten in einem solchen Verfahren bemessen sich nicht nach dem hohen Streitwert der Unterlassungsansprüche, sondern lediglich nach der Höhe der geltend gemachten Abmahnkosten. Wird die Forderung des Abmahners gerichtlich bestätigt, muss der Abgemahnte nicht nur die Abmahnkosten, sondern auch die Prozesskosten beider Parteien tragen. Sollte die Forderung jedoch abgewiesen werden, trägt der Abmahner die Verfahrenskosten.
3. Keine Unterlassungserklärung und keine Zahlung der Abmahnkosten
Diese Variante wird gewählt, wenn der Abgemahnte die Abmahnung für unberechtigt hält oder nicht sicherstellen kann, dass er das beanstandete Verhalten dauerhaft unterlassen kann. In diesem Fall verzichtet der Abgemahnte bewusst darauf, eine Unterlassungserklärung abzugeben oder die Abmahnkosten zu zahlen.
Reagiert der Abgemahnte auf diese Weise, riskiert er, dass der Abmahner eine einstweilige Verfügung oder eine Klage einreicht, um seine Ansprüche durchzusetzen. Dies führt in der Regel zu zusätzlichen Kosten, da die Gerichts- und Anwaltskosten in einem gerichtlichen Verfahren in der Regel höher ausfallen als die ursprünglichen Abmahnkosten.
Die Verweigerung einer Unterlassungserklärung kann dennoch sinnvoll sein, wenn der Abgemahnte davon überzeugt ist, dass die Abmahnung unberechtigt ist. In diesem Fall sollte er jedoch eine Schutzschrift hinterlegen, um einer möglichen einstweiligen Verfügung des Abmahners vorzubeugen. Eine Schutzschrift ermöglicht es dem Abgemahnten, seine Sichtweise dem Gericht darzulegen, bevor eine Verfügung erlassen wird.
4. Negative Feststellungsklage
Die negative Feststellungsklage ist eine proaktive Verteidigungsstrategie. Hierbei wendet sich der Abgemahnte aktiv an das Gericht, um feststellen zu lassen, dass die in der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche entweder ganz oder teilweise unbegründet sind. Diese Klageform setzt ein berechtigtes Interesse des Abgemahnten voraus, was bei einer vorausgegangenen Abmahnung in der Regel gegeben ist.
Der Vorteil dieser Strategie besteht darin, dass der Abgemahnte die Initiative übernimmt und so die Prozessführung kontrollieren kann. Dies ist insbesondere bei unberechtigten oder missbräuchlichen Abmahnungen sinnvoll. Der Nachteil liegt in den zusätzlichen Kosten, die durch die Klage entstehen können, insbesondere wenn das Gericht die Ansprüche des Abmahners bestätigt.
5. Gegenabmahnung
Eine Gegenabmahnung wird ausgesprochen, wenn der Abgemahnte feststellt, dass der Abmahner selbst Rechtsverstöße begeht. Dabei wird der Abmahner mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert, die er dem Abgemahnten gemacht hat. Diese Vorgehensweise dient dazu, den Druck auf den Abmahner zu erhöhen und dessen Glaubwürdigkeit zu hinterfragen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass eine Gegenabmahnung nicht allein deshalb rechtsmissbräuchlich ist, weil sie eine Reaktion auf eine vorausgegangene Abmahnung ist (BGH, Urteil vom 21.01.2021, Az. I ZR 17/18 – Berechtigte Gegenabmahnung). Dies ist insbesondere dann relevant, wenn die ursprüngliche Abmahnung den Anschein hat, eher finanzielle Interessen als den Schutz von Rechten zu verfolgen.
Die richtige Reaktion auf eine Abmahnung hängt von der Berechtigung der Ansprüche und den individuellen Umständen des Abgemahnten ab. Während die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung bei berechtigten Abmahnungen oft der sicherste Weg ist, kann die Verweigerung jeglicher Ansprüche sinnvoll sein, wenn die Abmahnung offensichtlich unberechtigt ist. In jedem Fall sollte jedoch eine fundierte rechtliche Prüfung erfolgen, da die finanziellen und rechtlichen Konsequenzen schwerwiegend sein können. Ein erfahrener Rechtsanwalt kann helfen, die beste Verteidigungsstrategie zu entwickeln und unnötige Kosten zu vermeiden.
Ansprechpartner
Frank Weiß
Alexander Bräuer
Frank Weiß
Alexander Bräuer
Andere über uns
WEB CHECK SCHUTZ
Gestalten Sie Ihre Internetseite / Ihren Onlineshop rechts- und abmahnsicher.
Erfahren Sie mehr über die Schutzpakete der Anwaltskanzlei Weiß & Partner für die rechtssichere Gestaltung Ihrer Internetpräsenzen.