500 € bei unerlaubter Online-Nutzung von Illustrationen
Die unerlaubte Verwendung von Illustrationen im Internet löst regelmäßig Ansprüche des Rechteinhabers aus. Im Mittelpunkt steht dabei die fiktive Lizenzgebühr zuzüglich eines Zuschlags für die fehlende Urhebernennung. Das AG München hat am 14.02.2025 (Az.: 161 C 19189/24) in einem praxisnahen Fall insgesamt 500 € zugesprochen. Die Entscheidung zeigt, wie Gerichte den Schadensersatz schätzen, wenn es keine belastbaren Marktpreise oder nachweisbare eigene Lizenzpraxis des Künstlers gibt.
Worum ging es konkret?
Eine katholische Pfarrei hatte auf ihrer Webseite drei Kinder-Illustrationen auf Werbeflyern für Erzieherstellen genutzt – ohne Lizenz und ohne Namensnennung. Der Illustrator forderte außergerichtlich 1.800 €: pro Illustration 300 € als fiktive Lizenzgebühr, zuzüglich 100 % Zuschlag wegen fehlender Urhebernennung, also 600 € pro Bild. Das Gericht sprach insgesamt 500 € zu.
Warum nur 500 €?
Das Gericht sah die Urheberrechtsverletzung als gegeben an, bewertete jedoch die Höhe des Schadensersatzes eigenständig. Mangels hinreichend belegter Lizenzpraxis setzte es die fiktive Lizenz für alle drei Grafiken auf insgesamt 250 € fest und verdoppelte diesen Betrag wegen der fehlenden Urhebernennung. Ergebnis: 500 €.
Der rechtliche Rahmen
Illustrationen sind urheberrechtlich geschützt
Illustrationen genießen urheberrechtlichen Schutz, wenn sie eine eigene geistige Schöpfung darstellen. Das ist bei individuell gestalteten, kreativen Zeichnungen häufig der Fall. Ohne Nutzungsrecht liegt eine rechtswidrige Verwertung vor, die Unterlassung, Schadensersatz und Auskunft auslösen kann.
Wie wird der Schadensersatz bemessen?
In der Praxis spielt die Lizenzanalogie eine zentrale Rolle. Es wird gefragt: Welche angemessene Lizenzgebühr hätten vernünftige Vertragsparteien vereinbart? Gibt es keine branchenüblichen Tarife und ist keine eigene, am Markt durchgesetzte Lizenzierungspraxis belegbar, schätzt das Gericht die Höhe des Betrags unter Würdigung aller Umstände. Dabei besteht ein weiter Ermessensspielraum.
Zuschlag bei fehlender Urhebernennung
Die Urhebernennung ist ein eigenständiges Recht des Urhebers. Wird sie weggelassen, wird in vielen Konstellationen ein Zuschlag auf die fiktive Lizenz angenommen. Das AG München hat hier 100 % gewählt. Maßgeblich sind unter anderem Art und Umfang der Nutzung, Qualität der Arbeit und die Kontextwirkung der Namensnennung.
Die Kernaussagen des AG München im Überblick
Belege für eine eigene Lizenzpraxis sind entscheidend
Pauschale Preislisten oder vereinzelte Rechnungen genügen oft nicht, wenn sie keine tatsächlich durchgesetzte Marktpraxis belegen. Wer höhere Beträge verlangen möchte, sollte vergleichbare, regelmäßig erzielte Lizenzen dokumentieren. Wichtig ist die konkrete Nutzungsform: Medium, Reichweite, Platzierung, Dauer, Anzahl der Werke und Gestaltungsqualität.
Gerichtliche Schätzung mit weitem Spielraum
Fehlen harte Marktindizien, schätzt das Gericht. Das AG München hat für drei Grafiken zusammen 250 € angesetzt und dabei u. a. die Intensität der Nutzung, die Qualität sowie einen realistischen Mengenrabatt berücksichtigt. Diese Erwägungen sind fallbezogen, bieten aber Orientierung für ähnliche Sachverhalte.
100-%-Zuschlag für die fehlende Urhebernennung
Als Ausgleich für den entgangenen Vermögens- und Werbeeffekt der Namensnennung hat das Gericht die fiktive Lizenz verdoppelt. Der Zuschlag fällt in der Praxis unterschiedlich aus; ein Aufschlag von 100 % wird bei klarer Relevanz der Urhebernennung häufig diskutiert und hier bestätigt.
Bedeutung für die Praxis von Kreativen
So erhöhen Sie Ihre Durchsetzungschancen
- Eigene Lizenzpraxis belegen: Sammeln Sie vergleichbare Rechnungen und Verträge, die Ihre marktüblichen Preise widerspiegeln.
- Nutzungsparameter dokumentieren: Medium, Platzierung, Dauer, Reichweite, Anzahl der Motive, Exklusivität.
- Namensnennung vereinbaren: Der Mehrwert der Attribution sollte vertraglich fixiert sein; bei Verstößen kann ein Zuschlag verlangt werden.
- Beweise sichern: Screenshots, Webarchiv-Nachweise, Veröffentlichungszeitraum und Kontext.
- Angemessene Forderung formulieren: Realistische Lizenzkalkulation plus Zuschlag; zusätzlich Unterlassung und Auskunft in Betracht ziehen.
Bedeutung für Unternehmen, Agenturen und Einrichtungen
So vermeiden Sie Risiken
- Rechtekette klären: Liegt eine ausdrückliche Lizenz für den konkreten Einsatzzweck vor (Online, Social, Flyer-Download, Kampagnenlaufzeit)?
- Lizenzen dokumentieren: Verträge, E-Mails, Rechnungen geordnet ablegen; Freigaben nachvollziehbar sichern.
- Namensnennung beachten: Wenn vereinbart oder üblich, Urheber deutlich nennen.
- Stock- und Freilizenzen prüfen: Nutzungsbedingungen sorgfältig lesen (z. B. Verbote bei Logos, Merch, Templates).
- Interne Prozesse etablieren: Freigabeworkflows, Rechte-Checklisten, Verantwortlichkeiten und Schulungen.
Häufige Fragen aus der Beratung
Gilt die 500-€-Grenze auch in anderen Fällen?
Die 500 € sind kein Pauschalbetrag. Sie ergeben sich aus der Einzelfallabwägung. In anderen Konstellationen können höhere oder niedrigere Summen angemessen sein.
Wann ist ein Zuschlag wegen fehlender Urhebernennung angezeigt?
Ein Zuschlag kommt insbesondere in Betracht, wenn die Namensnennung üblich oder vertraglich vorgesehen ist und einen eigenen wirtschaftlichen Wert hat. Die Höhe richtet sich nach den Umständen.
Zählt jede Preisliste als Beleg?
Preislisten sind ein Anhaltspunkt, ersetzen aber keine belastbare Marktpraxis. Überzeugender sind tatsächlich erzielte Lizenzen in vergleichbaren Nutzungsszenarien.
Spielt ein Mengenrabatt eine Rolle?
Ja, wenn mehrere Illustrationen einheitlich genutzt werden, berücksichtigen Gerichte oft einen Mengenrabatt. Das senkt die fiktive Lizenz pro Werk.
Checkliste für die Anspruchsdurchsetzung
- Verstoß dokumentieren und Screenshots sichern
- Nutzungsumfang feststellen: Zeit, Ort, Medium, Anzahl, Platzierung
- Eigene Lizenzpraxis und Vergleichsfälle zusammenstellen
- Lizenzanalogie kalkulieren und Zuschlag wegen fehlender Urhebernennung prüfen
- Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz außergerichtlich geltend machen
Fazit
Das Urteil des AG München macht deutlich: Ohne belegte Marktpraxis schätzen Gerichte die fiktive Lizenz und gewichten Nutzungsintensität, Qualität sowie Mengenrabatte. Die fehlende Urhebernennung kann den Betrag spürbar erhöhen. Wer seine Lizenzpraxis sauber dokumentiert, verschafft sich bessere Karten – und wer nutzt, sollte Rechte frühzeitig klären, um unnötige Kosten zu vermeiden.
Ansprechpartner
Alexander Bräuer
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