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50 Kilometer auf dem Tacho noch kein Gebrauchtwagen

LG Freiburg, Urteil vom 14.04.2014, Az. 12 0 72/13
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Wenn ein Händler in einer Tageszeitung oder in einem Prospekt einen Neuwagen bewirbt, muss er gut lesbare und auch für den flüchtigen Leser leicht verständliche Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zur CO2-Emmission des Fahrzeugs machen. Klingt einfach, ist es aber offenbar nicht immer: In gleich zwei Fällen wurde ein Autohaus wegen ebendieser Angaben bzw. dem Fehlen derselben verklagt. Der Kläger hatte aber nur in einem Fall Erfolg (Landgericht Freiburg, Urteil vom 14.04.2014, Az. 12 0 72/13).

In Fall 1 hatte das beklagte Autohaus in einer Zeitungsanzeige einen Neuwagen beworben und dabei pflichtgemäß auf den Kraftstoßverbrauch und die CO2-Emmissionen hingewiesen, und zwar in derselben Schriftart, wie es die Ausstattungsmerkmale und die Finanzierungsmöglichkeiten beworben hatte. Denn diese Pflichtangaben, so will es die entsprechende Verordnung, müssen nicht nur gut lesbar und leicht verständlich sein, sie dürfen zudem nicht weniger hervorgehoben werden als die übrigen Werbeinformationen. Genau das stellte der Kläger aber in Abrede, und er ging sogar noch darüber hinaus.

Tatsächlich hatte der Kläger moniert, dass die Angaben in der strittigen Anzeige bei flüchtigem Lesen nicht leicht verständlich und zudem für einen flüchtigen Leser nicht gut lesbar seien. Letzteres verlangt die Verordnung aber gar nicht. Die Angaben müssen zwar gut zu lesen sein, aber eben nicht speziell auch für einen flüchtigen Leser - wobei für das Gericht zudem offenbar nicht ersichtlich war, durch welche Umstände jemand, der einen Text nur überfliegt, diesen weniger gut lesen könne als einer, der sich etwas mehr Zeit nimmt. Auf diesen Widerspruch hatte das LG den Kläger bereits in der mündlichen Verhandlung aufmerksam gemacht. Vergeblich, er beharrte auf seine Einlassung. Diese Klage wies das Gericht jedenfalls ab. Und was das Verständnis betrifft: Es sei zudem nicht nachvollziehbar, weshalb auch beim flüchtigen Lesen die strittigen Angaben nicht leicht zu verstehen sein sollten.

In Fall 2 hatte der beklagte Händler die Angaben zum Benzinverbrauch und zur CO2-Emmission weggelassen, da er der Meinung war, dass es sich bei dem beworbenen Auto gar nicht um ein Neufahrzeug handelte. Tatsächlich hatte er den Wagen bei einem Händlerkollegen in Österreich erworben. Das Fahrzeug war für knapp zwei Wochen zugelassen worden und hatte eine Laufleistung von 50 Kilometern.

Trotzdem sei der Pkw als Neuwagen einzustufen, so die Auffassung des LG. Daran änderte es auch nichts, dass das Auto bereits älter als ein Jahr war. Das Fahrzeug war von dem Beklagten nur aufgekauft worden, um es baldmöglichst wieder zu verkaufen. Es gehe in diesem Zusammenhang zudem nicht darum, den Pkw kaufrechtlich zu bewerten, sondern darum, dass der Verbraucher über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emmissionen informiert werden müsse. Die Klage in diesem Punkt hatte deshalb Erfolg.

Kommentar
Was sich der Kläger wohl dabei gedacht hatte, als er die "gute Lesbarkeit auch für einen flüchtigen Leser" monierte? Ein Text ist, bedingt durch Schriftart und Schriftgröße, gut lesbar oder eben nicht. Die entsprechende Verordnung orientiert sich an einer EU-Richtlinie, und diese fordert ebenfalls nur die gute Lesbarkeit und die gute Verständlichkeit - letztere auch für den flüchtigen Leser. Anhaltspunkte dafür, dass die Verordnung mehr verlange als die Mindestanforderungen der Richtlinie, mochte das LG aber nicht erkennen. Und dass jemand, der die Angaben nur überfliege, diese nicht verstehen könne, stellte es ebenfalls in Abrede. Anders sah es in Fall 2 aus: Sicher, der Wagen bereits einmal zugelassen, aber nur für wenige Tage. Und er hatte auch einige Kilometer auf dem Tacho, allerdings nur 50. Verkauft wurde er zudem nicht an einen Privatmann, sondern von Händler zu Händler. Das reicht ihn in der Tat nicht aus, um ihn im allgemeinen Verständnis der Verbraucher als Gebrauchtfahrzeug zu qualifizieren. So sah es auch das Gericht und urteilte dementsprechend.

LG Freiburg, Urteil vom 14.04.2014, Az. 12 0 72/13

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