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10-jährige Verjährungsfrist bei Filesharing

AG Itzehoe, 92 C 64/14
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das AG Itzehoe (AG) beschäftigte sich mit der Frage, wann Schadensersatzansprüche aus Peer-to-Peer (P2P)-Urheberrechtsverletzungen verjähren, insbesondere damit, ob die Verjährung nach drei oder zehn Jahren eintritt.

Vorliegend hatte der Kläger eine negative Feststellungsklage erhoben, um gerichtlich feststellen zu lassen, dass der Beklagten, der Inhaberin der Urheberrechte an einem Film, ihm gegenüber keine Schadensersatzansprüche aus einer Urheberrechtsverletzung zustehen.

Die Beklagte trug vor, der Kläger habe den Film im März 2010 über ein sogenanntes BitTorrent-Programm / P2P-Netzwerk von seinem Internetanschluss aus öffentlich zugänglich gemacht. Sie habe durch die Mithilfe der Telekom die IP-Adresse des Klägers ausfindig gemacht und im Juni 2010 Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Der Kläger bestritt, die Urheberrechtsverletzung begangen zu haben und verwies im Übrigen auf die Verjährung der Ansprüche.

Das AG erklärte die Klage für zulässig aber unbegründet, da der Beklagten möglicherweise Schadensersatzansprüche zustünden. Es sei ihr gelungen, die Urheberrechtsverletzung durch den Kläger zu beweisen; durch die Auskunft der Telekom seit hinreichend belegt, dass es sich bei der IP-Adresse um den Internetanschluss des Klägers handele. Des Weiteren habe dieser nicht dargelegt, dass zum fraglichen Zeitpunkt außer ihm noch jemand Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt habe oder dieser nicht ausreichend gesichert gewesen sei. Daher greife die tatsächliche Vermutung, dass er als Inhaber des Anschlusses die Rechtsverletzung begangen habe.

Die etwaigen Ansprüche der Beklagten seien auch nicht verjährt. Grundsätzlich verjährten deliktische Schadensersatzansprüche (das sind solche aus unerlaubten Handlungen) aus Urheberrechtsverletzungen in drei Jahren, wobei die Frist mit dem Schluss des Jahres beginnt,

[...] in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt haben müsste. [...]

Somit wäre die Verjährung zum 31.12.2013 eingetreten. Hier läge aber eine Ausnahme vom Regelfall vor, weshalb eine Verjährungsfrist von zehn Jahren gelte.

Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger durch die Urheberrechtsverletzung auf Kosten der Berechtigten etwas erlangt habe. Das AG begründete seine Auffassung damit, dass der Beklagten das Recht zur öffentlichen Verwertung des Filmwerks zustünde - von diesem Recht habe der Kläger ohne rechtlichen Grund Gebrauch gemacht und es daher auf Kosten der Beklagten erlangt. Der Gebrauch eines Rechtes könne aber nicht herausgegeben werden, und so müsse auf den objektiven Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechtes abgestellt werden. Ein Gegenwert bestünde in einer angemessenen Lizenzgebühr für die Nutzung eines solchen Rechtes.

Das Gericht könne daher nicht ausschließen, dass der Beklagten durch das Verhalten des Klägers ein Lizenzschaden entstanden sei, welchen sie aufgrund der langen Verjährung von zehn Jahren gegen den Kläger geltend machen könne. Das Feststellungsbegehren des Klägers wäre aber nur begründet gewesen,

[...] wenn der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt aufgrund der vermeintlichen Urheberrechtsverletzung ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Kläger zustehen würde. [...]

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Amtsgerichte Frankfurt (Urteil vom 30.10.2014, Az. 32 C 205/14), Düsseldorf (Urteil vom 24.07.2014, Az. 57 C 15659/13) und Kassel (Urteil vom 24.07.2014, Az. 410 C 625/14) in ähnlich gelagerten Fällen zuletzt von einer dreijährigen Verjährungsfrist ausgegangen sind. Die Gerichte hatten festgestellt, dass die zehnjährige Verjährungsfrist für den Ersatz der Abmahnkosten und den Anspruch auf Lizenz-Schadensersatz nicht greife.

Aufgrund dieses neuen Urteils ist zu erwarten, dass Rechteinhaber versuchen werden, bereits verjährt geglaubte Schadensersatzforderungen wegen Filesharings erneut durchzusetzen.

AG Itzehoe, Urteil vom 22.10.2014, Az. 92 C 64/14

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