Arbeitgeberbeleidigung auf Facebook
Ein Arbeitnehmer, der seinen Arbeitgeber auf seiner Facebook-Seite grob beleidigt (§§ 626, 823, 1004 BGB, § 185 StGG), muss mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen. Eine fristlose Kündigung ist bei einer besonderen Schwere der Tat gerechtfertigt. Grobe Beleidigungen fallen unter den Tatbestand der Schmähkritik, die nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist.
Facebook und andere soziale Netzwerke erfreuen sich großer Beliebtheit. Schnell gerät man in die Versuchung, nicht nur positiven Content zu posten, sondern sich seinen Frust von der Seele zu schreiben und über den Chef oder ungeliebte Kollegen zu lästern. Dabei vertraut man auf die Privatsphäre, denn schließlich teilt man seine Beiträge ja nur mit ausgesuchten Freunden. Beschwerden und Lästereien über den Arbeitgeber und Kollegen können jedoch schnell nach hinten losgehen und die falschen Leute, im schlimmsten Fall sogar die Betroffenen selbst erreichen.
Diese Erfahrung musste ein Arbeitnehmer machen, der sich auf seiner Facebook-Seite über seinen Arbeitgeber in beleidigender und herabwürdigender Art und Weise geäußert hatte. Er beschwerte sich über zwei Abmahnungen, die er angeblich aufgrund von Fehlverhalten erhalten hatte. Sein Post enthielt radikale Beleidigungen, mit denen er seinen Vorgesetzten als „Wixer“, „Scheißhaufen“ und „Drecksau“ bezeichnete. Insgesamt listet sein Facebook-Profil 70 Freunde auf, wovon 36 Kollegen sind. Der Vorgesetzte, den diesen Beleidigungen trafen, gehörte nicht zu diesen Freunden. In den Folgetagen führte der Arbeitnehmer mit mehreren dieser Freunde eine öffentliche Unterhaltung, die auf die Pinnwand gepostet wurde und für alle Freunde einsehbar war. In dieser Unterhaltung berichtete der spätere Kläger von weiteren firmeninternen Ereignissen. Erschwerend kommt hinzu, dass er sich negativ über einen Kunden geäußert hat, was einen wirtschaftlichen Schaden für das Unternehmen nach sich ziehen kann. Nicht nur die siebzig im Profil aufgeführten Freunde hatten Zugriff auf diese öffentliche Unterhaltung, sondern auch Freunde dieser Freunde.
Eine für die Personalabteilung tätige Mitarbeiterin nahm über das Profil eines Freundes Zugriff auf die Seite des späteren Klägers und kopierte den streitgegenständlichen Inhalt. Anschließend informierte sie die Geschäftsleitung. Die Geschäftsleitung entschied sich nach Anhörung des Betriebsrates für eine fristlose, hilfsweise fristgerechte beziehungsweise hilfsweise Kündigung zum nächstmöglichen Termin. Der Arbeitnehmer wehrte sich mit einer Klage, die in der Sache jedoch erfolglos blieb. Er machte einen Bedienfehler für die öffentliche Unterhaltung auf der Pinnwand verantwortlich. Tatsächlich habe er diese Unterhaltung vertraulich über private Nachrichten führen wollen. Er könne sich nicht erklären, wie diese Einträge auf die Pinnwand gelangt seien. Angesichts der jahrelangen Erfahrungen des Klägers mit Facebook wiesen die Richter diesen Einwand jedoch zurück.
Eine fristlose Kündigung wegen Beleidigung ist nur dann ungerechtfertigt, wenn diese Äußerungen im vertraulichen Kreis, zum Beispiel während eines Gesprächs mit Arbeitskollegen fallen. In diesem Fall ist der Arbeitnehmer berechtigt, sich auf seine Privatsphäre und die Vertraulichkeit des Gesprächs zu berufen. Der Kläger kann sich jedoch nicht darauf berufen, da er die Vertraulichkeit durch seine öffentliche Unterhaltung aufgehoben hat. Er hat Firmeninterna öffentlich preisgegeben und seinen Arbeitgeber grob beleidigt. Der streitgegenständliche Content war einem großen Personenkreis zugänglich. Der Arbeitnehmer kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Inhalt seiner Seite nur für Freunde einsehbar gewesen ist, da zu diesen Freunden auch Arbeitskollegen gehören. Damit wurde die Unterhaltung auf der Pinnwand „betriebsöffentlich“, von Vertraulichkeit kann keine Rede mehr sein. Erschwerend kommt hinzu, dass der Seiteninhalt nicht nur die Freunde im Profil erreicht, sondern über entsprechende Einstellungen auch die Freunde von den Freunden. Auf diese Weise erreicht ein eigentlich vertraulicher Content einen überschaubaren Kreis von Personen. Grobe und ehrverletzende Beleidigungen rechtfertigen eine fristlose Kündigung, wenn diese Äußerungen öffentlich erfolgen. Der Kläger kann sich nicht auf sein Recht der freien Meinungsäußerung berufen. Das Arbeitsgericht hält eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung für gerechtfertigt. Der Kläger entging der fristlosen Kündigung aufgrund seines Alters von 52 Jahren und seiner langen Betriebszugehörigkeit von mehr als 30 Jahren.
In diesem Fall entschieden die Richter, es sei dem Arbeitgeber zumutbar, dass Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist fortzuführen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist empfindlich gestört. Die verhaltensbedingte Kündigung erfordert regelmäßig das Prognoseprinzip, mit dem festgestellt wird, ob der Arbeitnehmer in Zukunft ein ähnliches Verhalten zeigen wird, ob also eine Wiederholungsgefahr besteht oder nicht.
AG Hagen, Urteil vom 16.05.2012, Az. 3 Ca 2597/11