Eintägige Rabattaktion rechtswidrig
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat am 19.07.2007 ein wettbewerbsrechtliches Verfahren, das mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei dem Landgericht Stuttgart begonnen hatte, durch Berufungsurteil zum Aktenzeichen 2 U 24/07 entschieden. Gestritten wurde über den Umfang einer Werbeaktion, die nur einen Tag dauern sollte.
Die Beklagte betreibt Elektronik-Discounter und hatte mit ins Auge fallenden Inseraten dafür geworben, am 03.01.2007 beim Kauf von Digital- und Videokameras einen Rabatt in Höhe der gesetzlichen Mehrwertsteuer, also 19 %, zu gewähren. Die Klägerin hatte in Erfahrung gebracht, dass dieser angekündigte Rabatt nur beim Kauf von Artikeln, die an diesem Tag auch im Markt vorrätig waren, wirklich abgezogen wurde. Wer am 03.01.2007 im Geschäft der Beklagten eine Digital- oder Videokamera, die nicht vorrätig war, bestellte, dem wurde der volle Kaufpreis berechnet. Die Klägerin mahnte die Beklagte daraufhin am 20.01.2007 wegen irreführender Werbung und wegen Verstoßes gegen das im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) verfügte Transparenzgebot ab. Nachdem die Beklagte auf die Abmahnung nicht reagiert hatte, beantragte die Klägerin bei dem Landgericht Stuttgart den Erlass einer einstweiligen Verfügung, um dieser das zukünftige Werben mit kurzfristigen Rabatten, die nur für im Markt befindliche Ware gewährt wurden, untersagen zu lassen.
Die einstweilige Verfügung erging antragsgemäß. Durch Entscheidung im Hauptsacheverfahren wurde sie inhaltlich von der Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht Stuttgart bestätigt. Die Klägerin legte gegen diese Entscheidung Berufung bei dem Oberlandesgericht Stuttgart ein. Der 2. Senat am Oberlandesgericht, der sich mit Wettbewerbsrecht zu beschäftigen hat, wies die Berufung als unbegründet zurück.
Die Richter am Oberlandesgericht Stuttgart erklärten den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Form, in der er von der Verfügungsklägerin ursprünglich bei dem Landgericht eingereicht worden war, dem Inhalt nach für ausreichend bestimmt.
Ebenso wie zuvor der Kammervorsitzende am Landgericht Stuttgart stellten sie des Weiteren fest, dass die Voraussetzungen für einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß gemäß § 4 Nr. 4 UWG vorgelegen haben. Bei einer zum Zwecke der Verkaufsförderung eingesetzten Werbeaktion müssen sämtliche Voraussetzungen, die notwendig sind, damit der Kunde von dem versprochenen Rabatt profitieren kann, bereits in der Werbung aufgeführt werden. Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte zwar darauf hingewiesen, dass die Rabattaktion nur an einem einzigen Tag, nämlich dem 03.01.2007, gelten sollte, und sie hatte auch erwähnt, dass der Rabatt nur auf „Abholpreise“ gewährt würde. Damit sei jedoch nach Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart noch nicht darauf hingewiesen worden, dass der Rabatt nur beim Kauf von zum Zeitpunkt der Aktion noch im Markt befindliche Ware gewährt wurde.
Die Klägerin behauptete, dass am Tag der Rabattaktion nur noch Restware in den Verkaufsräumen der Beklagten zu finden gewesen sei. Die Beklagte bestritt dies und trug vor, dass Digital- und Videokameras verschiedener Hersteller in unterschiedlichen Ausführungen vorhanden gewesen seien. Bei Bedarf hätten einzelne Modelle auch zusätzlich beschafft werden können. Nur Neubestellung beim Hersteller sollten von der auf den Tag begrenzten Rabattzusage nicht umfasst werden. Grundsätzlich handele es sich bei den Kameras, auf die sich das Angebot bezog, auch nicht um Ware, die bestellt werde. Der Großteil der Kunden interessiere sich dabei nur für tatsächlich im Markt vorhandene Teile. Die Nichterwähnung der Beschränkung auf vorrätige Ware sei deshalb allenfalls eine Bagatelle, die nicht geeignet sei, die ganze Werbeaktion zu einer unlauteren werden zu lassen. Das Oberlandesgericht Stuttgart schloss sich dieser Ansicht nicht an. Eine Bagatelle sei ausgeschlossen, weil die Kunden durch das Rabattversprechen dazu veranlasst werden, den Markt aufzusuchen. Dort sind sie für Verkaufsgespräche verfügbar. Manche Kunden ließen sich möglicherweise auch zu Ersatz- oder Frustkäufen bewegen. Für den aufmerksamen und informierten Durchschnittskunden sei beim Ansehen der Werbung nicht verständlich geworden, dass die Rabattzusage nicht für Bestellungen gelte. Der Hinweis auf diese Sonderbedingung hätte ebenso ins Auge fallen müssen wie die Werbeaussage selbst.
OLG Stuttgart, Urteil vom 19.07.2007, Aktenzeichen 2 U 24/07