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Wikipedia Beitrag Schleichwerbung

OLG München: Wikipedia Einträge von Unternehmen können Schleichwerbung darstellen


Knapp eineinhalb Millionen Artikel finden sich mittlerweile im freien Online Lexikon Wikipedia. Diese decken beinahe jeden Lebensbereich ab, egal ob Pflanze, Stadt oder auch Unternehmen – die Wikipedia hat in den weitaus meisten Fällen einen passenden Artikel parat. Das Besondere ist, dass die Autoren eines Artikels anonym bleiben – jeder kann Einträge unter einem Pseudonym erstellen oder bereits bestehende Artikel verändern.

Nachvollziehbar, dass Unternehmen einen Wikipedia Artikel haben wollen, in dem sie natürlich auch möglichst positiv dargestellt und gegenüber direkten Konkurrenten aufgewertet werden. In einem solcher Fälle gab am 10. Mai 2012 allerdings das Oberlandesgericht München der Unterlassungsklage eines Unternehmers statt, der in dem Wikipediaeintrag eines Mitbewerbers einen Verstoß gegen das Verbot von Schleichwerbung sah (Az.: 29 U 515/12).

Was ist Schleichwerbung?

§4 Nr. 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) beinhaltet das Verbot von Schleichwerbung. Diese liegt gemäß § 4 Nr. 3 UWG vor, wenn jemand den Werbecharakter geschäftlicher Handlungen verschleiert. Davon betroffene Konkurrenten können in solchen Fällen nach §§ 8,9 UWG Beseitigung der unlauteren Handlung und deren zukünftige Unterlassung verlangen und haben zudem einen Schadensersatzanspruch gegen den Wettbewerbsgesetzverletzer. Durch das Verbot von Schleichwerbung sollen Verbraucher und andere Unternehmer vor unfairem Wettbewerb geschützt werden.

Umgangssprachlich wird Schleichwerbung häufig mit „Product Placement“ gleichgesetzt, bei welchem Produkte in Film und Fernsehen dergestalt präsentiert werden, dass für das Produkt oder die dahinterstehende Marke geworben wird. Während Schleichwerbung allerdings grundsätzlich untersagt ist, ist „Product Placement“ unter Einhaltung der Anforderungen des § 7 VII Satz 2 RStV (Rundfunkstaatenvertrag), insbesondere der Kennzeichnungspflicht, erlaubt, auch wenn es entgeltlich stattfindet.
Unlautere Werbung oder auch Schleichwerbung liegt demgegenüber folglich immer dann vor, wenn die Werbeeigenschaft einer Handlung vertuscht werden soll.
Beispielhaft für Schleichwerbung sind so genannte Kaffeefahrten, bei denen der Zweck der Fahrt, der in einer reinen Werbeveranstaltung besteht, durch eine vermeintlich kulturelle Tagesfahrt verdeckt wird.

Aber auch auf den ersten Blick rein informative Wikipedia Artikel können bei näherer Betrachtung unter diesen Begriff der Schleichwerbung fallen, wie die Münchner Richter im Mai entschieden.

Das Urteil des OLG München Az.: 29 U 515/12

Im zur Entscheidung stehenden Fall klagte ein Hersteller eines Weihrauchpräparates, wie es häufig gegen entzündungsbedingte Beschwerden chronisch Kranker eingenommen wird, gegen einen Konkurrenten.
Dieser hatte unter einem Pseudonym einen Eintrag zu Weihrauchartikeln verfasst und hat sich dabei negativ über das konkurrierende Produkt des Klägers ausgelassen.

Das Oberlandesgericht bestätigte die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abgegebene Einschätzung des Landgerichts München I und verpflichtete den Klagegegner zur Unterlassung der wettbewerbswidrigen Aussagen auf Wikipedia unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 Euro.

Bei einem gewöhnlichen Wikipediaeintrag erwarten Leser, wie bei jeder anderen Enzyklopädie, einen sachlichen und informativen Inhalt. Werden Werbeaussagen in einen solchen Artikel eingebettet, so kann der Nutzer sie nicht als solche erkennen, da er davon ausgeht, über Fakten informiert zu werden.

Der Klagegegner sei als Geschäftsführer des Unternehmens auch im Sinne des § 4 Nr. 3 UWG geschäftlich tätig gewesen, als er den Artikel verfasst hat. Dafür spricht unter anderem, dass er unter einem Firmennamen und nicht unter seinem bürgerlichen Namen auf der Diskussionsseite mitgeschrieben hat.

Gegen diese Beurteilung konnte sich der Klagegegner auch nicht mit der Schutzbehauptung wehren, aus den Diskussionsbeiträgen zum fraglichen Artikel sei er als Urheber eindeutig zu erkennen und somit verschleiere er keine Werbeaussagen.
Ein normaler User besucht, so die Richter des OLG, beim Lesen eines Wikipedia Artikels nicht dessen Diskussionsforum.

Fazit für Unternehmen

Unternehmen sollten, sofern sie Wikipediaeinträge über sich selbst anfertigen, sehr vorsichtig mit wertenden Aussagen sein. Diese könnten schnell als unzulässige Schleichwerbung im Sinne des §4 Nr. 3 UWG eingestuft werden, vor allem, wenn sie in ein scheinbar sachliches Gewand gekleidet werden.

Dies gilt jedoch im Lichte dieses Urteils nicht nur für Statements zu dem eigenen Unternehmen oder Produkt, sondern auch für Aussagen über Konkurrenten, die ebenfalls in den Bereich der Schleichwerbung fallen.

Das Verbot solcher unlauterer Wettbewerbshandlungen lässt sich auch nicht dadurch umgehen, dass man Dritte mit der Erstellung der Texte beauftragt, da deren Verhalten ebenfalls dem Unternehmen zugerechnet werden kann


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