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Wettbewerbswidrigkeit bei unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen

BGH, Urteil vom 31.05.2012, Az. I ZR 45/11


Wettbewerbswidrigkeit bei unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), in denen eine nicht angemessene Benachteiligung von Verbrauchern zu sehen ist, weswegen diese unwirksam sind, können einen Wettbewerbsverstoß darstellen, entschied der u. a. für das Wettbewerbsrecht zuständige erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe. Ein solcher Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht kann auch durch Mitbewerber des Verstoßenden im Wege einer Unterlassungsklage gerichtlich verfolgt werden (BGH, Urteil vom 31.05.2012, Az.. I ZR 45/11).

Sachverhalt und Hergang des Verfahrens
Die Beklagte vertreibt Zubehör- und Ersatzteile für geländefähige Kraftfahrzeuge über das Internet. Im Zuge dieser umfangreichen Geschäfte kommen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zum Einsatz. Teile dieser AGB entsprechen jedoch nicht den durch Rechtsprechung und Literatur aufgestellten rechtlich bindenden Standards. Sie sind folglich unwirksam. So heißt es in den AGB der Beklagten u. a.:
„Für einen Teil der Waren besteht keine Vorratshaltung, der Käufer hat kein Recht wegen zu langer Lieferdauer Ansprüche zu stellen“
„Ansprüche, insbesondere eine verschuldensunabhängige Haftung, ist ausgeschlossen. Für Schäden, die nicht an der Ware selbst entstanden sind, haftet der Verkäufer nur bei Vorsatz, bei grober Fahrlässigkeit des Inhabers, deren Erfüllungsgehilfen und bei schuldhafter Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit."

Der Kläger ist ein direkter Konkurrent der Beklagten. Er war auf die oben aufgeführten unwirksamen AGB-Klauseln aufmerksam geworden und wandte sich deshalb an die ordentlichen Gerichte. Er machte einen Unterlassungsanspruch aus § 8 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geltend. Er wollte es seinem Konkurrenten damit durch die Gerichte untersagen lassen, weiterhin die unwirksamen AGB-Klauseln zu verwenden. Dies wurde damit begründet, dass in der unzulässigen Verwendung der AGB ein Verstoß gegen allgemeine Verhaltensregeln des Marktes zu sehen sei.

Sowohl das Landgericht Stuttgart (LG Stuttgart, Urteil vom 22.07.2010, Az. 17 O 136/10) als auch das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG Stuttgart, Urteile vom 24.02.2011 und 19.05.2011, Az. 2 U 104/10), welches als Berufungsinstanz tätig wurde, gaben der Klage statt.

Auszug aus den Gründen
Der erste Zivilsenat des BGH schloss sich der Ansicht der beiden Stuttgarter Gerichte an. Deren Urteile wurden bestätigt und der Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Das von seinem Konkurrenten erstrittene Verbot, weiterhin unwirksame AGB-Klauseln zu verwenden, hatte damit in allen Instanzen Bestand. Der BGH stellte außerdem klar, dass die Verwendung unwirksamer AGB-Klauseln eine unlautere Geschäftspraktik darstellt, die auch von Konkurrenten des Verstoßenden im Wege einer Klage gerichtlich geahndet werden kann.

Zu diesem Befund gelangten die Bundesrichter, indem sie die Klauselverbote des AGB-Rechts, die u. a. in den §§ 307 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) niedergelegt sind, als allgemeine Verhaltensnormen des Marktes einstufte. An solche haben sich alle Marktteilnehmer zu halten. Diese Einstufung wurde mit einem Schutz der Verbraucher begründet. Schließlich sei auch – so der erste Senat – ein Verstoß gegen die übliche Sorgfalt anzunehmen, wenn unwirksame AGB-Klauseln bewusst weiter verwendet werden. Denn ein Verbraucher werde von der Verwendung dieser Klauseln davon abgehalten, berechtigte Ansprüche gegen den Verwender durchzusetzen.

Kommentar und Bewertung des Urteils
Das Urteil des BGH reiht sich in seine bisherige Rechtsprechung zum Wettbewerbs- und Verbraucherrecht ein. Es ist eine immer enger werdende Verzahnung der beiden Rechtsgebiete zu erkennen. Diese liegt u. a. darin begründet, dass Vorschriften des Verbraucherschutzes (z. B. AGB-Klauselverbote) in die Wertungen des Wettbewerbsrechts miteinbezogen werden. Dies ist zu begrüßen. Für Unternehmer steigt hiermit jedoch der Druck, rechtskonforme AGB zu verwenden. Denn nach dem Urteil können nicht nur betroffene Verbraucher, die regelmäßig von der wirtschaftlichen Überlegenheit von Unternehmen abgeschreckt werden, die Unwirksamkeit von AGB gerichtlich erstreiten, sondern auch direkte Konkurrenten des Verwenders.

Darüber hinaus wird durch das Urteil eine Frage entschieden, die auch bei den Oberlandesgerichten umstritten war. Damit konnte durch höchstrichterliche Rechtsprechung die juristische Vorhersehbarkeit in Fällen der vorliegenden Art gesteigert werden.

BGH, Urteil vom 31.05.2012, Az. I ZR 45/11


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