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Wann liegen neue Personenkraftwagen vor?

BGH, Urteil vom 05.03.2015, Az. I ZR 164/13


Wann liegen neue Personenkraftwagen vor?

Der Bundesgerichtshof hat im März 2015 entschieden, dass zur Beurteilung, ob ein Automobil als Neu- oder als Gebrauchtwagen verkauft wird, objektivierbare Umstände zu erwägen sind. Zu diesen Umständen können beispielsweise die Dauer der Zulassung und die Laufleistung des Wagens gerechnet werden.

Im vom BGH verhandelten Fall ging es um einen Händler für Neu- und Gebrauchtfahrzeuge, der im Februar 2012 ein Inserat veröffentlicht hatte, in dem er einen Seat Ibiza anbot. In der Anzeige wurden Angaben zu Fahrzeugtyp, Monat und Jahr der Erstzulassung sowie Fahrleistung gemacht: „Ibiza ST 1.4i, 04/11, 63 kW, 200 km.” Die Anzeige enthielt allerdings keine Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zu den CO2-Emissionen. Ein Verbraucherschutzverein klagte daraufhin gegen den Händler, da es beim Verkauf von Neuwagen Vorschrift ist, den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen anzugeben. Der Händler gab jedoch an, es habe sich um einen Gebrauchtwagen gehandelt. Das Gericht der ersten Instanz wies die Klage zurück. Das Oberlandesgericht Oldenburg als Berufungsgericht war allerdings anderer Ansicht und sprach der Klägerin einen Unterlassungsanspruch gegen den Autohändler zu. Bei dem beworbenen Fahrzeug handele es sich um einen Neuwagen, der auch gemäß § 5 Abs. 1 der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) mit allen Angaben beworben werden müsse.

Der BGH hob das Urteil des OLG Oldenburg auf und verwies den Fall an das Gericht zurück. Das Oldenburger Gericht habe nämlich nicht dargestellt, aufgrund welcher Tatsachen es zu der Einschätzung gelangt sei, es handele sich um den Verkauf eines Neuwagens. Für den BGH als Revisionsgericht sei es aber notwendig, dass das Berufungsgericht den Sachstand, anhand dessen es sein Urteil gefällt hat, in seinem Urteil auch aufführt. Der BGH könne als Revisionsinstanz nicht selbst den Sachverhalt ermitteln. Das OLG Oldenburg hatte, so der BGH in seiner Begründung, in seinem Urteil weder eigene Tatsachenfeststellungen aufgeführt, noch Feststellungen der ersten Instanz zitiert, anhand derer es zu seinem Urteil hätte gelangen können. So aber sei nicht erkennbar, aufgrund welcher Erwägungen das Gericht zu der Ansicht gelangt sei, es handele sich um ein Neufahrzeug und nicht um einen Gebrauchtwagen.

In seiner Begründung war das Berufungsgericht offenbar nur deshalb von einem Neuwagenverkauf ausgegangen, weil der Kilometerstand des Fahrzeugs laut Anzeige nur 200 km betragen hatte. Dabei hatte es als unwesentlich angenommen, dass seit der Erstzulassung bereits zehn Monate vergangen waren. Außerdem hatte der Händler vor Gericht angegeben, dass die in der Anzeige angegebene Kilometerleistung falsch gewesen sei, in Wirklichkeit habe sie 2.200 km betragen. Dies hatte das Gericht aber als unwesentlich angesehen. Die Definition eines Neuwagens sieht aber vor, dass ein Fahrzeug seit der Herstellung zu keinem anderen Zweck als zum Weiterverkauf erworben worden ist. Eine Zwischennutzung in anderer Absicht, zum Beispiel als Vorführwagen, sei aber bei einer Kilometerleistung über 1.000 km nicht unwahrscheinlich, so der BGH. Das OLG Oldenburg hätte prüfen müssen, ob die Angabe des Händlers richtig gewesen sei, der angegeben hatte, dass die in der Anzeige angegebenen 200 km auf einen Übertragungsfehler der Zeitungsredaktion zurückgingen. Zudem müsste das Gericht die Frage klären, ob das zehn Monate alte Fahrzeug während dieser Zeit dauerhaft oder nur kurzfristig zugelassen gewesen sei. Eine dauerhafte Zulassung würde nämlich gegen die Annahme sprechen, dass es sich um einen Neuwagen handele, ganz gleichgültig, wie die Kilometerleistung des Wagens sei.

Der Bundesgerichtshof hat mit diesem Urteil verdeutlicht, dass zur Einschätzung der Frage, ob ein Händler einen Wagen als Neu- oder als Gebrauchtwagen verkauft, nicht nur der Augenschein der Verkaufsanzeige in Erwägung zu ziehen ist, sondern auch die weitere Faktenlage. Das Alter des Fahrzeugs, die Dauer der Zulassung und die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs müssen erfasst und vom Gericht abgewogen werden, um zu einer gültigen Beurteilung gelangen zu können.

BGH, Urteil vom 05.03.2015, Az. I ZR 164/13


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