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Verwertung rechtswidrig beschaffter E-Mails

BGH VI ZR 490/12


Verwertung rechtswidrig beschaffter E-Mails

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 30.09.2014 unter dem Az. VI ZR 490/12 entschieden, dass rechtswidrig angeeignete Mails verwendet werden dürfen, wenn daran ein öffentliches Interesse besteht, das die privaten Interessen des Absenders übersteigt. Das kann dann der Fall sein, wenn durch die Mails ein Missstand von erheblicher Bedeutung aufgedeckt wird. In dem vorliegenden Fall geht es um einen ehemaligen Minister. Dieser hatte Unterhaltszahlungen für sein außereheliches Kind nicht geleistet. Damit habe er den Sozialbetrug der Kindesmutter mitzuverantworten, so das Gericht. Denn diese habe den Namen des Klägers verschwiegen, um staatliche Unterhaltsvorschüsse zu beziehen.

Der Kläger ist von 1994 bis zum Jahre 1999 Staatssekretär des Ministeriums für Umwelt eines Bundeslandes gewesen, bis er 1999 Chef der Staatskanzlei wurde. Ab dem Oktober 2004 bis zum November 2009 ist er Finanzminister gewesen und danach zum Innenminister ernannt worden. Außerdem ist er Mitglied des Landtages gewesen. In den 90er Jahren unterhielt er eine außereheliche Beziehung zu einer Mitarbeiterin. Aus dieser Beziehung ging die Tochter E im Jahre 1997 hervor. Die Tochter E erhielt auf den Antrag der Kindesmutter bis zum Oktober 2003 Zahlungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Nachdem im Jahre 2009 der private Computer des Klägers verschwand, wurden die darauf befindlichen E-Mails zwischen der Kindesmutter und ihm der Beklagten zugespielt. Im August 2010 haben die drei Redakteure der Beklagten mit dem Kläger ein Interview geführt. Die Journalisten hielten dem Kläger vor, es ergebe sich aus den Mails, dass das Kind von ihm sei und er nicht regelmäßig Unterhalt gezahlt hätte. Somit bestehe gegen ihn der Verdacht des Sozialbetruges. Der Kläger hat daraufhin per einstweiliger Verfügung der Beklagten zu 1 untersagen lassen, die E-Mails publizistisch zu verwenden. Im September 2010 hat die Beklagte zu 2 auf ihrer Homepage einen Beitrag über die Beziehung des Klägers zu der Kindesmutter veröffentlicht. Dieser befasst sich auch mit der Geburt des Kindes sowie der möglichen Erschleichung von Sozialgeldern. Kurz darauf erschienen in den Printmedien ähnliche Berichte. Zeitgleich trat der Kläger von seinem Amt als Minister zurück. In einem Interview erklärte er, er habe die Unterhaltszahlungen für das Kind nachgeholt. Die Verwendung der privaten E-Mails zum Zweck der Berichterstattung hält er für rechtswidrig.

Das Landgericht gab dem Kläger Recht und sprach ihm einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten zu. Diese durften nicht die Beziehungen zu der Kindesmutter öffentlich (unter Heranziehung der Mails) erörtern. Die Berufungen der Beklagten hatten keinen Erfolg.
Der BGH jedoch hat auf Revisionen der Beklagten die vorinstanzlichen Urteile aufgehoben und wies die Klagen ab. Zur Begründung führt der BGH aus, dass ein Bericht, der sich auf die E-Mails zwischen dem Kläger und der ehemaligen Geliebten stützt, in die Intimsphäre des Klägers und dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreife. Der Eingriff sei jedoch nicht rechtswidrig. Denn in diesem Fall überwiege das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sowie das Recht auf Meinungsfreiheit der Beklagten. Das gelte auch dann, wenn die Informationen von Dritten in rechtswidriger Weise verschafft worden seien.
Die Beklagten hätten sich die E-Mails nicht im Wege des vorsätzlichen Rechtsbruches verschafft, sondern aus dem Einbruch in die Privatsphäre des Klägers lediglich ihren Nutzen gezogen. Die Informationen hätten einen hohen Öffentlichkeitswert und offenbarten einen erheblichen Missstand, an dessen Aufdeckung hohes öffentliches Interesse bestehe. Als Landtagsabgeordneter und Minister sei der Kläger den Personen des öffentlichen Lebens zuzurechnen, an deren Verhalten wegen der Maßgabe demokratischer Transparenz ein gesteigertes Interesse bestehe. Die E-Mails würden belegen, dass der Kläger sich über viele Jahre hinweg der finanziellen Verantwortung für sein Kind entzogen und diese auf die Steuerzahler abgewälzt habe. Er habe es im eigenen Interesse hingenommen, dass die Kindesmutter für das gemeinsame Kind Sozialleistungen bezog, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht vorlagen. Pflichtwidrig habe die Kindesmutter der Behörde den Namen des Klägers verschwiegen.

BGH, Urteil vom 30.09.2014, Az. VI ZR 490/12


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