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Verein darf sich nicht "Sachverständigenkammer" nennen

LG Traunstein, Urteil vom 22.07.2016, Az. 1 HK O 168/16


Verein darf sich nicht "Sachverständigenkammer" nennen

Der Begriff "Sachverständigenkammer" ist als Namensbestandteil eines privaten Vereins irreführend. Dies hat das Landgericht Traunstein mit Urteil vom 22. Juli 2016 (Az. 1 HK O 168/16) entschieden. Die angesprochenen Verkehrskreise könnten annehmen, es handle sich um eine öffentlich-rechtliche Institution mit hoheitlichen Befugnissen, etwa eine Berufskammer. Außerdem ist das Gericht der Ansicht, dass der Betreiber einer Webseite gegen die Impressumspflicht verstößt, wenn er anstelle einer ladungsfähigen Adresse nur eine Postfachnummer angibt.

Sachverhalt
Ein Verband von Sachverständigen war beim Vereinsregister des Amtsgerichts Traunstein unter dem Namen "Deutsche Sachverständigenkammer e. V." eingetragen. Unter "deutschesachverstaendigenkammer.de" betrieb er einen Internetauftritt. Nach eigenen Angaben nahm der Verband die Interessen seiner Mitglieder wahr, bot ihnen Unterstützung und führte Schulungen und Weiterbildungen durch.
Die Wettbewerbszentrale war der Meinung, die Bezeichnung "Deutsche Sachverständigenkammer" erwecke den irreführenden Eindruck, es handle sich um eine Berufskammer mit der Berechtigung, Sachverständige zu legitimieren. Nach erfolgloser Abmahnung klagte der Wettbewerbsverband auf Unterlassung. Er beantragte, dem Beklagten die Verwendung seines Vereins- und Domainnamens zu untersagen. Daneben forderte er, den Beklagten zu verpflichten, seinen Namen im Vereinsregister löschen zu lassen. Weil der Beklagte in seinem Impressum nur eine Postfachadresse angab, nahm ihn der Kläger überdies wegen Verstoßes gegen die Impressumspflicht in Anspruch.
Der beklagte Verein erwiderte, es bestehe keine Irreführungsgefahr. Durch das Kürzel "e. V." sei klar erkennbar, dass er keine öffentlich-rechtliche Körperschaft sei. Ohnehin stehe er als Fachverband, der keine Dienstleistungen an Nichtmitglieder anbiete, nicht im Wettbewerb mit Dritten. Was die Impressumspflicht anbelange, habe er seinen Internetauftritt vor der Klageeinreichung geändert.

Aus den Gründen
Das Landgericht Traunstein beurteilt den Vereinsnamen des Beklagten als irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Der Begriff "Kammer" werde mit Institutionen des öffentlichen Rechts, insbesondere mit berufsständischen Organisationen assoziiert. Berufskammern seien öffentlich-rechtliche Körperschaften, die der Selbstverwaltung eines Berufsstandes dienten, aber auch hoheitliche Aufgaben übernähmen und Satzungsgewalt ausübten.

Der Vereinsname "Deutsche Sachverständigenkammer" erwecke den Eindruck, es handle sich um eine nationale Dachorganisation von Berufskammern für Sachverständige. Die angesprochenen Verkehrskreise könnten annehmen, eine Aufgabe des Verbandes bestehe darin, Sachverständige bei der öffentlichen Bestellung und Vereidigung zu legitimieren.

Als maßgebliche Verkehrskreise identifiziert das Gericht Sachverständige. An sie richte sich der Beklagte mit seinem beanstandeten Internetauftritt. Sachverständige seien Fachleute. Dennoch seien von ihnen keine besonderen Rechtskenntnisse zu erwarten, die ihnen eine korrekte Einordnung des Vereinsnamens erlaubten.

Das Landgericht ist der Ansicht, dass der Beklagte seinen irreführenden Namen im Rahmen einer geschäftlichen Handlung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG verwendet. Der Internetauftritt des Beklagten diene unter anderem der Mitgliederwerbung. Während das Anwerben neuer Mitglieder bei nichtwirtschaftlichen Vereinen typischerweise keine geschäftliche Handlung darstelle, liege der Fall beim Beklagten anders. Letzterer fördere durch seine Eigenwerbung auch die Erwerbsinteressen seiner Mitglieder. Indem er den Mitgliedern beratend zur Seite stehe und Weiterbildung anbiete, sei er darüber hinaus selbst unternehmerisch tätig.

Dass der Beklagte mit den angesprochenen Verkehrskreisen nicht im Wettbewerb stehe, spiele hingegen keine Rolle. Von Bedeutung sei bloß, dass sein Auftritt geeignet sei, Marktteilnehmer (konkret: Sachverständige) zu einer geschäftlichen Entscheidung zu bewegen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.

In der Folge verbietet das Gericht dem Beklagten, im Geschäftsverkehr unter der Bezeichnung "Deutsche Sachverständigenkammer" aufzutreten und den entsprechenden Domainnamen zu nutzen. Da der Beklagte unter dem eingetragenen Vereinsnamen auftreten müsse, verpflichten ihn die Richter zusätzlich zu dessen Löschung aus dem Vereinsregister.

Im Übrigen bejaht das Landgericht Traunstein den klägerischen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der im Impressum angegebenen Postfachadresse. Ein Internetauftritt unter einer Postfachnummer genüge der Impressumspflicht des § 5 TMG nicht. Erforderlich sei eine ladungsfähige Anschrift. Der Beklagte habe sein Impressum zwar vor der Klageeinreichung geändert. Die Wiederholungsgefahr habe er damit allerdings nicht beseitigt, zumal er auf die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verzichtet habe.

LG Traunstein, Urteil vom 22.07.2016, Az. 1 HK O 168/16


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