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Überschrift zur Widerrufsbelehrung möglich

BGH, Urteil vom 09.11.2011, Az. I ZR 123/10


Überschrift zur Widerrufsbelehrung möglich

Der Kläger, ein Online-Versandhandel für Elektrogeräte, verwendete auf seiner Internetseite eine Widerrufsbelehrung, die mit dem Satz "Verbraucher haben das folgende Widerrufsrecht" überschrieben war. Der in derselben Branche tätige Beklagte war der Meinung, dieser Einleitungssatz begründe einen Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 312c BGB, § 355 BGB alte Fassung, mahnte den Kläger zunächst ab und klagte dann auf Unterlassung wegen Wiederholungsgefahr nach § 8 Abs. 1 S. 1 UWG. Zur Begründung führte er an, für einen Kaufinteressenten, der den Satz lese, sei nicht klar, ob er selbst unter den Begriff "Verbraucher" falle. Der Rechtsstreit, bei dem es um die Zulässigkeit der Widerrufsbelehrung und die Zahlung der Abmahnkosten ging, wurde in letzter Instanz vom BGH entschieden. Dieser hatte zu prüfen, ob der Klägerin unlauteres Verhalten vorgeworfen werden konnte. Dies hätte die Verletzung einer zur Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer bestimmten gesetzlichen Vorschrift vorausgesetzt. Zu diesen Vorschriften zählt die Pflicht des Unternehmers, den Verbraucher zum Schutz vor Überrumpelung in klarer und verständlicher Form über sein Recht zum Widerruf und die Details der Ausübung zu belehren. Der BGH hat - wie zuvor Landgericht und Oberlandesgericht - keine Pflichtverletzung der Klägerin erkennen können. Er war der Meinung, die Widerrufsbelehrung der Klägerin habe dem fernabsatzrechtlichen Gebot hinreichender Deutlichkeit gemäß § 312c Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. genügt und die Abmahnung des Beklagten sei unbegründet gewesen. Folgerichtig verneinte er auch einen Anspruch des Beklagten aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG auf Erstattung der Abmahnungskosten. Der BGH war der Auffassung, dass die Klägerin mit dem verwendeten Text, der dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1, 3 BGB-InfoV entsprach, ihre gesetzliche Pflicht, Verbraucher über ihr Widerrufsrecht in Kenntnis zu setzen, erfüllt habe. Daran, dass die Belehrung den Anforderungen an hinreichende Klarheit und Verständlichkeit entsprochen habe, habe auch die zusätzliche Überschrift über dem eigentlichen Belehrungstext nichts geändert. Sinn und Zweck der Widerrufsbelehrung sei es, den Verbraucher über sein Recht zu informieren und ihn in die Lage zu versetzen, dieses auch auszuüben. Deshalb dürften Widerrufsbelehrungen grundsätzlich keine Zusatzerklärungen mit eigenem Inhalt enthalten, die dazu geeignet seien, den Verbraucher abzulenken. Im vorliegenden Fall habe die ergänzende Überschrift zu der Belehrung jedoch im Gegenteil dazu gedient, den Inhalt der Widerrufsbelehrung für den Verbraucher deutlicher und verständlicher zu machen. Eine inhaltliche Änderung der eigentlichen Widerrufsbelehrung sei dadurch nicht vorgenommen worden, weil die einleitende Überschrift sich außerhalb des der Musterbelehrung entsprechenden Textes befunden habe. Auch die Auffassung des Beklagten, der Begriff "Verbraucher" in der Überschrift sei missverständlich, teilte der BGH nicht. Der Unternehmer, der eine Widerrufsbelehrung erteile, sei nicht dafür verantwortlich, wenn ein Verbraucher sich irrtümlich nicht für einen solchen halte und daher davon ausgehe, nicht zum Widerruf berechtigt zu sein. Ob ein Verbraucher die Widerrufsbelehrung zur Kenntnis nehme und wie er sie gegebenenfalls interpretiere, sei nicht Sache des Unternehmers. Die Klägerin habe die Widerrufsbelehrung auf ihrer Internetseite in ordnungsgemäßer Form zur Verfügung gestellt und sei zu einer darüber hinausgehenden Prüfung, ob es sich bei den Adressaten um Verbraucher oder Unternehmer gehandelt habe, nicht verpflichtet gewesen.
Form und Inhalt ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrungen bei Fernabsatzgeschäften sind Themen, die die Gerichte immer wieder beschäftigen. Der BGH hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass eine Konkretisierung der Widerrufsbelehrung dahingehend, dass sie ausschließlich für Verbraucher gilt und nicht auch Unternehmern als Käufer eingeräumt werden soll, nicht zu beanstanden ist, wenn sie vom eigentlichen Belehrungstext abgegrenzt ist und dessen inhaltliche Klarheit nicht beeinträchtigt. Wer als Online-Händler eine solche abgesetzte Überschrift mit der Musterbelehrung in Anlage 1 zu Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 2 EGBGB verwendet, dürfte damit auf der sicheren Seite sein.

BGH, Urteil vom 09.11.2011, Az. I ZR 123/10


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