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Rechtsmissbräuchliche Abmahnung

Rechtsmissbräuchliche Abmahnung; falsche Belehrung über Rückgaberechte, fehlerhafte Bestellschaltfläche sowie Umsatzsteuerausweis bei Kleinunternehmern; Zahlungsanspruch


Rechtsmissbräuchliche Abmahnung

1. Bei überhöhten Abmahnkosten, vereinzelt vorgenommenen Abmahnungen, Kontrollkäufen durch einen beauftragten Rechtsanwalt, anderen Tätigkeiten (z.B. Controlling) des beauftragten Rechtsanwalts beim Abmahnenden oder der Wahl eines ortsfremden deutschen Gerichts im Rahmen einer Abmahnung den Internethandel betreffend kann nicht zwingend von einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung ausgegangen werden. 

2. Falsche Angaben in der Belehrung über die Rückgaberechte können zu einer Abmahnung berechtigen.

3. Gleiches gilt für eine nicht den Vorschriften entsprechende Bestellfunktion auf einer Internetseite.

4. Die Nichtausweisung der Umsatzsteuer bei Kleinunternehmern kann hingegen nicht abgemahnt werden.

5. Ein Zahlungsanspruch hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten besteht unabhängig davon, ob der Abmahnende seinen Prozessbevollmächtigten bereits bezahlt hat.

In vorliegendem Fall hatte ein Internethändler einen Konkurrenten abgemahnt, weil dieser in seiner Belehrung hinsichtlich der Rückgaberechte des Kunden falsche Angaben in Bezug auf die anzuwendenden Gesetzesvorschriften machte, indem er auf ein veraltetes Gesetz hinwies. Weiterhin erfolgte die Abmahnung hinsichtlich der fehlenden eindeutigen Formulierung auf der Bestellfunktion sowie des Nichtausweises der Umsatzsteuer. Der Abmahnende hatte gegenüber anderen Konkurrenten über einen längeren Zeitraum vereinzelte Abmahnungen vorgenommen und dafür einen Rechtsanwalt beauftragt, der in anderen Funktionen bei ihm beschäftigt war. Dieser Rechtsanwalt hatte zur Prüfung der Vorwürfe Kontrollkäufe durchgeführt und schließlich für die Abmahnung die Gebühren für einen schwierigeren Rechtsvorgang angesetzt. Der Abmahnende hatte außerdem ein ortsfremdes Gericht für die Abmahnung gewählt.

1. Das Gericht stellt klar, dass die Wahl des Gerichtsstandes bei Abmahnungen im Internethandel den Vorschriften des sog. „fliegender Gerichtsstandes“ entspreche, da nach § 14 Abs. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) der Tatort maßgeblich sei, dieser bei Internetgeschäften jedoch die gesamte Bundesrepublik Deutschland betreffe (vgl. OLG Hamm, Az. 4 W 148/07 und 4 U 10/08).

Eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung (§ 8 Abs. 4 UWG) könne nicht alleine daraus erkannt werden, dass der Abmahnende bereits zuvor andere Mitbewerber abgemahnt habe. Grundlage für einen Rechtsmissbrauch sei nämlich das „sachfremde Motiv“, z.B. in Form eines „Gebührenerzielungsinteresses“ (vgl. BGH, Az. I ZR 237/98, I ZR 76/98 sowie OLG Hamm, Az. 4 U 13/04). Die Beweispflicht obliege dabei zuerst dem Beklagten (vgl. BGH, Az. I ZR 294/97 und I ZR 300/02).

Zwar könne in vorliegendem Fall von einer überhöhten Berechnung der Anwaltskosten ausgegangen werden, da es sich lediglich um einen einfachen Sachverhalt gehandelt habe, dies erfülle jedoch noch nicht den Tatbestand der Rechtsmissbräuchlichkeit (vgl. auch BGH, Az. I ZR 42/10). Der hohe Streitwert sei hingegen berechtigt, da gleich mehrere Wettbewerbsverstöße abgemahnt worden seien.

2. Hinsichtlich der Berechtigung der Abmahnung führt das Gericht aus, dass die Belehrung über das Rückgaberecht des Kunden aktuell zu haben sei (vgl. OLG Hamm, Az. 4 U 26/13). Weiterhin habe diese Belehrung auch über die Folgen einer Rückgabe zu informieren (vgl. §§ 346 und 357 BGB).

3. Weiterhin müsse die Schaltfläche, die zu einer kostpflichtigen Bestellung führe, immer eindeutig im Sinne des § 312g Abs. 3 BGB beschriftet sein.

Diese beiden Verstöße seien für die Entscheidungen des Kunden maßgeblich und stellten daher eine „spürbare Beeinträchtigung“ dar (vgl. BGH, Az. I ZR 66/09, OLG Hamm, Az. 4 U 134/12 und 4 U 26/13), die sogar Einfluss auf einen Widerspruch haben könne (vgl. OLG Hamm, Az. 4 U 99/11).

4. Eine Abmahnung hinsichtlich der Nichtangabe der Umsatzsteuer sei hingegen zu unrecht erfolgt, da der Abgemahnte ein Kleinunternehmer nach § 19 UStG sei, worauf er auf seiner Internetseite ausreichend hingewiesen habe.

5. Unabhängig davon, ob der Abmahnende seinen Prozessbevollmächtigten bereits bezahlt habe, müsse der Abgemahnte die Rechtsanwaltskosten aus der Abmahnung entrichten (vgl. OLG Hamm, Az. 134/12).

Für die Praxis bedeutet dieses Urteil, dass Abmahnungen durchaus auch von Rechtsanwälten, die in einem anderweitigen Geschäftsverhältnis mit dem Abmahnenden stehen, durchgeführt werden können. Diese sind auch zu „Kontrollkäufen“ berechtigt. Der Abmahnende kann bei Internetgeschäften den Gerichtsstand frei wählen. Den Verdacht einer Rechtsmissbräuchlichkeit muss dabei der Abgemahnte belegen.

Bei der Anlage einer Internetverkaufsseite muss der Händler darauf achten, dass er die Rechtsbelehrungen vollständig durchführt und die Bestellfläche über einen klaren Vermerk „zahlungspflichtig bestellen“ verfügt.

Kleinunternehmer, die von der Umsatzsteuer befreit sind, brauchen diese auf ihren Internetseiten nicht auszuweisen, sollten allerdings auf ihre Tätigkeit als Kleinunternehmer hinweisen.

OLG Hamm, Urteil vom 19.11.2013, Az. 4 U 65/13


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