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Löschpflicht bei verbotenen Werbeaussagen

OLG Stuttgart Beschluss vom 10.09.2015, Az. 2 W 40/15


Löschpflicht bei verbotenen Werbeaussagen

Wer wegen einer unlauteren Aussage im Internet zur Unterlassung verurteilt wurde, ist verpflichtet, die verbotene Äußerung auch aus dem Cache gängiger Suchmaschinen entfernen zu lassen. Dies hat das Oberlandesgericht Stuttgart mit Urteil vom 10. September 2015 (Az. 2 W 40/15) entschieden. Die Stuttgarter Richter verlangen ferner, dass der Unterlassungspflichtige seine Löschanträge schriftlich stellt, sie mit einer Sanktionsdrohung versieht und ihren Erfolg zeitnah prüft.


Sachverhalt
Die Unterlassungsschuldnerin vermittelt an Abiturienten, deren Zulassungsantrag für das Medizinstudium in Deutschland abgelehnt wurde, Studienplätze in Osteuropa. Unter dem Titel "Medizin studieren trotz Ablehnungsbescheid" veröffentlichte sie auf verschiedenen Portalen eine Pressemitteilung, in der sie ihre Dienstleistung bewarb.
Eine Konkurrentin hielt die Werbung für wettbewerbswidrig. Sie verklagte die Studienplatzvermittlerin vor dem Landgericht Stuttgart erfolgreich auf Unterlassung. Als die Unterlassungsgläubigerin kurze Zeit nach Zustellung des Urteils die Pressemitteilung der Schuldnerin googelte, fand sie immer noch mehrere Treffer. Außerdem ließ sich die Meldung aus dem Google-Cache abrufen. Die Gläubigerin betrieb daher das Vollstreckungsverfahren. Das Landgericht setzte ein Ordnungsgeld von 25.000 Euro fest.

Dagegen erhob die Unterlassungsschuldnerin sofortige Beschwerde. Sie war der Meinung, sie hafte nicht für den Inhalt des Google-Cache. Eine ständige Suchpflicht auf Google sei unverhältnismäßig. Zum Zeitpunkt des Vollstreckungsantrags sei von den beanstandeten Fundstellen nur noch die eines Presseportals auffindbar gewesen. Die Unterlassungsschuldnerin gab an, sie habe dessen Betreiber telefonisch kontaktiert, um eine Löschung ihrer Werbemitteilung zu erwirken. Der Portalbetreiber sei trotz mehrerer Versuche nicht erreichbar gewesen. Davon abgesehen fand die Schuldnerin den Betrag des Ordnungsgeldes unangemessen hoch.

Mit Nichtabhilfebeschluss legte das Landgericht die Sache dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vor.

Aus den Gründen
Das Oberlandesgericht stützt das landgerichtliche Urteil. Ein Unterlassungsgebot beinhalte nicht bloß den Verzicht auf künftige Verletzungshandlungen, sondern gleichermaßen die Beseitigung des Störungszustandes. Bei wettbewerbswidrigen Werbeaussagen im Internet seien organisatorische Maßnahmen im eigenen Unternehmen und gegenüber Dritten zu ergreifen. An die getroffenen Maßnahmen seien strenge Anforderungen zu stellen. Wer sich zur Verbreitung seiner Werbebotschaften des Internets bediene, müsse die mit diesem Medium verbundenen Gefahren beherrschen.

Der Schuldner hafte zwar nicht für eigenständige Veröffentlichungen Dritter oder solche, die erst nach langer Zeit auftauchten oder lediglich über ungewöhnliche Suchwege zu finden seien. Dritte, die er zur Veröffentlichung veranlasst habe, und die gängigen Suchmaschinen müsse der Unterlassungspflichtige aber während eines absehbaren Zeitraums wiederholt kontrollieren. Er könne sich nicht unter Hinweis auf einen unverhältnismäßigen Aufwand von der Kontrollpflicht befreien. Der Unterlassungsschuldner genüge seiner Verpflichtung nur, wenn die ergriffenen Maßnahmen objektiv dazu geeignet seien, die Gefahr einer erneuten Verbreitung der verbotenen Aussage zu beseitigen.

Vorliegend war dies nicht der Fall. Der Senat ist der Auffassung, dass die Unterlassungsschuldnerin für die Löschung der streitgegenständlichen Werbeaussagen aus dem Cache von Google verantwortlich war. Dass Suchmaschinen Seiteninhalte speicherten und mithin die Entfernung des unlauteren Inhalts auf der fraglichen Webseite nicht genüge, um die weitere Verbreitung zu verhindern, sei bekannt. Entsprechend habe die Unterlassungspflichtige schuldhaft gegen den Verbotstitel verstoßen, indem sie auf einen Löschantrag bei Google verzichtet habe. Keine Rolle spiele, dass Google die meisten der beanstandeten Suchtreffer zum Zeitpunkt des Vollstreckungsantrags nicht mehr angezeigt habe. Ordnungsmittel seien mit der schuldhaften Verletzung der Unterlassungspflicht verwirkt. Ein Weiterbestehen des Verstoßes bis zum Einreichen des Ordnungsmittelantrags sei nicht erforderlich.

Die telefonischen Löschungsbemühungen gegenüber dem Portalbetreiber halten die Stuttgarter Richter ebenfalls für unzureichend. Um den Betreiber von der Dringlichkeit der Angelegenheit zu überzeugen, wäre ihrer Ansicht nach eine schriftliche Aufforderung mit Sanktionsdrohung nötig gewesen. Der mündlichen Anfrage habe der gebotene Nachdruck gefehlt. Das gelte umso mehr, als der Angerufene trotz mehrerer Versuche nicht erreichbar gewesen sei. Die Unterlassungsschuldnerin habe darüber hinaus die Pflicht gehabt, den Erfolg ihrer Löschanfrage zeitnah zu überwachen.

An der Höhe des Ordnungsgeldes hat das Oberlandesgericht nichts auszusetzen. Angesichts der hohen Vergütungen im Geschäft der Studienplatzvermittlung erfülle das verhängte Ordnungsgeld seinen Zweck, künftige Verstöße zu verhindern und begangene Verletzungshandlungen zu sanktionieren. Komme hinzu, dass die Unterlassungsschuldnerin bereits in anderen Fällen Ordnungsmittel verwirkt habe.

OLG Stuttgart Beschluss vom 10.09.2015, Az. 2 W 40/15


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