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Leistungsschutz der Romanfigur Pippi Langstrumpf

OLG Köln, 6 U 176/11


Leistungsschutz der Romanfigur Pippi Langstrumpf

In diesem Rechtsstreit war es die Aufgabe des Gerichts festzustellen, ob die Abbildung eines Kindes beziehungsweise einer Frau in einem „Pippi-Landstrumpf“-Karnevalskostüm eine Nachahmungshandlung der originalen Romanfigur darstellt und damit gegen den unlauteren Wettbewerb verstößt. 

Der Klägerin stehen laut Übertragungsvertrag vom 26.03.1998 die Nutzungsrechte an den Werken Astrid Lindgrens und damit an der Romanfigur Pippi Langstrumpf zu. Die Beklagte ist Betreiberin mehrerer Supermärkte, in denen sie die streitgegenständlichen „Pippi Langstrumpf“-Karnevalskostüme verkauft. Die Beklagte verwendete die streitgegenständlichen Lichtbilder zur Bewerbung ihrer Karnevalskostüme. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz in Form einer fiktiven Lizenzzahlung. Sie behauptet, in einem vergleichbaren Fall eine Lizenzgebühr in Höhe von 50.000 Euro erhalten zu haben. Das Gericht der ersten Instanz, das Landgericht Köln, folgte der Eingabe der Klägerin und verurteilte die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr von 50.000 Euro nebst Zinsen. Ihre Urteilsentscheidung beruht auf § 97 UrhG

Die Beklagte ist daraufhin vor dem Oberlandesgericht Köln in Berufung gegangen. Der Senat hat das Urteil der Vorinstanz mit Urteil vom 24.02.2012 bestätigt. Die Klägerin ging gegen diese Entscheidung vor dem Bundesgerichtshof in Revision, der das Urteil des Senats aufhob und die Entscheidung zurückverwiesen hat an das Berufungsgericht. Die Beklagte sieht die Klägerin hinsichtlich wettbewerbsrechtlicher Ansprüche als nicht aktivlegitimiert an. Sie beantragt, das Urteil des Landgerichts Köln vom 10.08.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie trägt vertieft zu ihren Ansprüchen gemäß der §§ 9, 3, 4 Nr. 9 UWG vor und beruft sich gleichzeitig auf § 6 Abs. 2 UWG. Wegen des übrigen Sachverhalts wird gemäß § 540 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. 

Das Gericht stellt fest, die Berufung ist begründet. Die streitgegenständlichen Werbeabbildungen stellen eine freie Benutzung im Sinne des § 23 UrhG dar, jedoch keine verbotene Übernahme der urheberrechtlich geschützten Romanfigur der „Pippi Langstrumpf“ gemäß § 23 UrhG. Die lauterkeitsrechtlichen Ansprüche knüpfen hier unmittelbar an die Urheberrechte der Klägerin an der Romanfigur an. Aus diesen, nicht aus den Marktverhaltensregeln des UWG, folgen die Schutzansprüche an dem Leistungsergebnis, das seinerseits ergänzend im Wettbewerbsrecht vor der unlauteren Vermarktung durch Mitbewerber geschützt wird. Auch besteht ein Vorrang des Markenrechts. Im Markenrecht gilt der Sonderrechtsschutz eingeschränkt vorrangig vor dem ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz. Markenrechtliche und lauterkeitsrechtliche Ansprüche können nebeneinander bestehen, wenn sie an unterschiedliche Sachverhalte anknüpfen. Die Abbildungen gehen über eine hinter der Romanfigur stehende abstrakte und nicht schutzfähige Idee hinaus. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügen gerade bei überdurchschnittlich gut bekannten Werken geringe Andeutungen, insbesondere in Bezug auf äußere Merkmale, um einen deutlichen Bezug zu diesen herzustellen. 

Hier liegt eine nachschaffende Nachahmung unter Einsatz eigener Leistungen vor, die die fremde Leistung als Vorbild benutzt. Es liegt keine Unlauterkeit i. S. d. § 4 Nr. 9 UWG vor, da keine unlauteren Begleitumstände vorliegen. Die streitgegenständlichen Abbildungen sind nicht dazu geeignet, eine Herkunftstäuschung, eine Rufausbeutung und eine Rufbeeinträchtigung herbeizuführen. Hier liegt lediglich eine Assoziation an das Originalprodukt vor, da den angesprochenen Verkehrskreisen klar ist, dass es sich bei den Abbildungen nicht um die originale Romanfigur „Pippi Langstrumpf“ handelt, sondern um eine für den Karneval verkleidete Person, die die "Pippi Landstrumpf" darstellt. Daher können die angesprochenen Verbraucher nicht den Eindruck gewinnen, es handele sich bei diesen Werbeabbildungen um lizenzrechtlich erworbene Lichtbilder oder eine Nachahmung des Originals. 

Dies ist umso mehr zu verneinen, als dass es sich bei den abgebildeten Karnevalskostümen um Produkte handelt, die der Verbraucher in einem Discount-Supermarkt im Niedrigpreissegment erwirbt. Die streitgegenständlichen Lichtbilder sind nicht geeignet, den Ruf der Klägerin zu beeinträchtigen, bedenkt man, dass die beworbenen Karnevalskostüme von eher minderwertiger Qualität sind und daher die Vermarktung der Romanfigur „Pippi Langstrumpf“ nicht behindern. Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass es sich bei „Pippi Langstrumpf“ um eine Markenware oder eine Markendienstleistung handelt. Es liegen keine Unlauterkeitstatbestände gemäß § 6 UWG vor, da die steitgegenständlichen Abbildungen nicht über die Herkunft täuschen, noch die angebotene Ware als Imitation oder Nachahmung einer unter Markenschutz stehenden Ware vertrieben wird. Es besteht bei den beworbenen Produkten kein Vergleich zu den eventuell von der Klägerin vertriebenen original „Pippi Langstrumpf“-Kostümen. 

Ein Zahlungsanspruch aus Deliktsrecht (§ 826 BGB) besteht nicht, da die Klägerin keine weiterführenden Tatsachen vorgetragen hat, sie beschränkt sich auf ihren Vortrag in der Klagebegründung. 

Die Revision ist aufgrund der mit dieser Angelegenheit grundsätzlich aufgeworfenen Fragen eines ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes für Romanfiguren im Interesse der Rechtsvereinheitlichung zugelassen (§ 543 und Nr. 2 ZPO).

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 10.08.2011 abgeändert und neu gefasst. Die Klägerin trägt die Kosten beider Instanzen sowie die Kosten der Revision. Das Urteil ist durch Sicherheitsleistung vorläufig vollsteckbar.

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 20.06.,2014, Az.: 6 U 176/11 


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