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Faltencreme erfordert Grundpreisangabe

OLG Celle, Urteil vom 23.03.2017, Az. 13 U 158/16


Faltencreme erfordert Grundpreisangabe

Mit Urteil vom 23. März 2017 (Az. 13 U 158/16) hat das Oberlandesgericht Celle entschieden, dass nur Kosmetikprodukte, die auf sofortige und kurzfristige Veränderung des Erscheinungsbildes zielen, von der Grundpreisangabepflicht ausgenommen sind.

Wer Verbrauchern Produkte anbietet, muss gemäß § 2 Abs. 1 der Preisangabenverordnung (PAngV) den Gesamtpreis pro Mengeneinheit (den Grundpreis) angeben. § 9 Abs. 5 Nr. 2 PAngV sieht eine Ausnahme für Kosmetikprodukte vor, die ausschließlich der Verschönerung von Haut, Haar oder Nägeln dienen. Die Richter aus Celle haben nun klargestellt, dass der Ausnahmetatbestand restriktiv auszulegen ist. Kosmetika, die

    • eine langfristige regelmäßige Anwendung erfordern,
    • ihren Effekt über die Anregung von Körperfunktionen entfalten oder
    • pflegend wirken,

sind nicht von der Grundpreisangabe befreit.

Sachverhalt
Die Beklagte handelt mit Kosmetikartikeln. Auf einem Internetportal gab sie sich als Verbraucherin aus und stellte die Vorteile ihrer Produkte gegenüber den Erzeugnissen einer Mitbewerberin heraus. Nach erfolgloser Abmahnung erhob die Konkurrentin Unterlassungsklage. Die Beklagte revanchierte sich mit einer Widerklage. Sie warf der Klägerin vor, auf ihrer Website für ein Haarwuchsserum und eine Faltencreme ohne Angabe des Grundpreises zu werben.

Das Landgericht Hannover verurteilte die Beklagte. Die Widerklage wies es zurück. Das Haarwuchsserum und die Faltencreme fielen unter die Ausnahmebestimmung des § 9 Abs. 5 Nr. 2 PAngV. Lediglich Kosmetikartikel mit medizinischer Funktion seien von der Ausnahme nicht erfasst.
Die Beklagte akzeptierte ihre Verurteilung. Gegen die Rückweisung der Widerklage erhob sie jedoch Berufung, da sie der Meinung war, das Landgericht habe den Ausnahmetatbestand zu weit ausgelegt.

Aus den Gründen
Das Oberlandesgericht Celle gibt der Beklagten Recht. Nach § 9 Abs. 5 Nr. 2 PAngV sei die Grundpreisangabe nicht erforderlich bei "kosmetischen Mitteln, die ausschließlich der Färbung oder Verschönerung der Haut, des Haares oder der Nägel" dienten. Die Ausnahmebestimmung sei restriktiv auszulegen. Dafür sprächen der Begriff "ausschließlich", das gesetzliche Beispiel der Färbung und der Zweck der Grundpreisangabepflicht nach § 2 Abs. 1 PAngV.

Die Angabe des Grundpreises solle dem Verbraucher den Preisvergleich mit Konkurrenzprodukten erleichtern. § 9 Abs. 4 und 5 PAngV lasse die Pflicht zur Grundpreisangabe bei Produkten entfallen, bei denen es dem Verbraucher normalerweise nicht auf den Preis pro Mengeneinheit ankomme. Das treffe bei Kosmetikartikeln zu, die auf eine sofortige und kurzfristige Änderung des äußeren Erscheinungsbildes abzielten, etwa bei Haarfärbemitteln. Sie würden üblicherweise sporadisch und unabhängig von der Menge gekauft.
Pflegeprodukte erforderten dagegen eine langfristige Anwendung, um einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen. Folglich sei der Preis pro Mengeneinheit relevant. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass § 9 Abs. 5 Nr. 2 PAngV seinen Ausnahmecharakter verliere, wenn man darunter alle Kosmetika subsumiere, die nicht medizinischen Zwecken dienten.

Deshalb seien kosmetische Erzeugnisse, die eine langfristige Änderung des äußeren Erscheinungsbildes bezweckten, nicht von der Ausnahme erfasst. Dazu zählten Mittel, deren Effekt erst nach längerer regelmäßiger Anwendung auftritt, solche, die ihre Wirkung über die Anregung von Körperfunktionen erzielen und pflegende Mittel.

Die streitgegenständlichen Produkte fallen nach Ansicht des Senats nicht unter den Ausnahmetatbestand. Das Haarwuchsserum wirke nur bei täglicher Anwendung über längere Zeit. Die Produktbeschreibung lasse erste Auswirkungen frühestens nach 20 Wochen erwarten. Wenn es in der Beschreibung heiße, das Produkt revitalisiere das natürliche Haarwachstum, bedeute dies, dass es seine Wirkung über die Anregung körpereigener Funktionen erziele. Zudem wirke das Mittel pflegend, zumal es Hyaluronsäure enthalte.

Auf den Pflegeeffekt und die Anregung von Körperfunktionen stellt das Oberlandesgericht auch bei der Faltencreme ab. Sie mildere gemäß Produktbeschreibung die Rauheit und Trockenheit der Haut. Im Übrigen enthalte sie ebenfalls Hyaluronsäure, die die Abwehrkräfte und den Zellstoffwechsel der Haut aktivieren solle. Dass die Produktbeschreibung erste Erfolge innerhalb von weniger als sieben Minuten verspreche, spiele angesichts der langfristigen Wirkungen keine Rolle.

OLG Celle, Urteil vom 23.03.2017, Az. 13 U 158/16


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