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BGH Urteil zu Google-Autocomplete


Die bereits vor Monaten in die Kritik geratene Funktion der Autovervollständigung musste sich in einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofes einer Prüfung der Rechtmäßigkeit unterziehen. Die obersten Richter sahen das Vorgehen dabei als grundsätzlich zulässig an, knüpften an die Verwendung aber erhebliche Voraussetzungen.

Was ist die Autovervollständigung?

Google auto complete

Weltweit benutzen täglich mehrere hundert Millionen Menschen die Suchplattform Google. Diese erleichtert die Handhabung, indem sie eingegebene Begriffe vervollständigt und darüber hinaus mit weiteren Worten ergänzt. Das Prinzip basiert dabei auf dem Nutzungsverhalten der Anwender. Je häufiger diese nach einer bestimmten Kombination von Inhalten suchen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese künftig bei ähnlichen Nachforschungen angezeigt werden. Oft handelt es sich dabei um tatsächlich relevante Fakten, die die Suchdauer deutlich verringern und den Anwender schnell an das von ihm gewünschte Ziel bringen können. Doch zuweilen trägt diese Funktion auch sonderbare Blüten – nämlich genau dann, wenn Begriffe vereint werden, die nicht im Zusammenhang stehen.

Betrüger und Scientologe

In dem aktuell vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelten Fall hatte ein Unternehmer gegen diese Autovervollständigung geklagt. Er sah sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Wann immer Dritte seinen Namen eingaben – etwa, um geschäftliche Kontakte herzustellen –, wurden negative Worte eingeblendet. Diese suggerierten, dass der Kläger der Scientology nahestehe und darüber hinaus in diverse betrügerische Aktivitäten verwickelt gewesen sei. Verständlich, dass nicht nur der gute Ruf durch dieses Vorgehen gelitten hatte, sondern dass er unter diesen Voraussetzungen auch seinen Beruf nur noch bedingt ausführen konnte. In einem anderen ähnlich gelagerten Prozess geht es gegenwärtig um eine Politikergattin, die sich dem Gerücht ausgesetzt sieht, einst im Rotlichtmilieu verkehrt zu haben. 

Keine unzulässige Funktion

In seinem Urteil vom Mai 2013 hatte sich das oberste Gericht nun mit der Frage zu beschäftigen, ob die Autovervollständigung grundsätzlich rechtswidrig ist. Dies verneinte der Senat jedoch. Allerdings sei damit nicht verbunden, dass auch unzulässige Begriffe während einer solchen Suche akzeptiert werden müssen. Vielmehr stehe dem Betroffenen ein Recht zu, künftig dagegen vorzugehen, wenn solche Worte sichtbar sind. Daraus leitet sich zudem ein Anspruch ab, sogar gegen Google zu klagen und etwa einen Schadensersatz geltend zu machen. Der BGH weicht damit von der Ansicht der vorherigen Instanz ab. So hatte das Berufungsgericht dem Begehren des Klägers zunächst nicht entsprochen, wird seine Entscheidung nun aber revidieren müssen.

Die Haftung liegt bei Google

Obwohl die Funktion der Autovervollständigung als zulässig angesehen wird und Google keine Pflicht trifft, alle möglichen Begriffe vorab auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu untersuchen, wird der Konzern künftig dafür haften müssen, dass Worte kombiniert werden, die nicht im Zusammenhang stehen. So kommt dem Softwarebetreiber die Obliegenheit zu, nach Kenntniserlangung eines solchen Verstoßes dafür zu sorgen, dass die Assoziation gestrichen wird. Im aktuellen Fall hätte Google somit handeln müssen, als sich der Unternehmer dagegen wehrte, als Betrüger und Scientologe deklariert zu werden. Insofern wird es künftig entscheidend sein, wann die Firma davon erfahren hat, dass die Begriffe fälschlicherweise verwendet wurden und wann genau sie nachfolgend gehandelt hat, um diesen Rechtsbruch zu beseitigen. 

Zumutbare Prüfpflichten

Allerdings sahen die Richter auch das Manko, in dem sich Google befindet. Das Unternehmen kann schlichtweg nicht alle Worte zuvor auf ihre Tauglichkeit überprüfen. So verwenden die Programmierer auch keine spezielle Software, die die Worte zusammenfügt. Vielmehr ergeben sich die Anzeigen aus dem allgemeinen Suchverhalten aller Nutzer. Damit sei es aber nahezu unmöglich, die vielen Milliarden Ausdrucksformen einer Wertung zu unterziehen. Fraglich ist also, welches Vorgehen für Google zumutbar sein kann. Hierbei sah es der Senat als vertretbar an, dass der Konzern erst dann agieren muss, wenn von ihm die Überprüfung oder gar Streichung bestimmter Worte verlangt wird. Erst im Falle der Kenntniserlangung geht diese Pflicht also auf Google über.

Eine Prozesslawine droht

Gerade für die nächsten Monate steht es somit zu befürchten, dass sich der Konzern einer ganzen Reihe von Änderungswünschen ausgesetzt sehen wird. Zudem waren mehrere Verfahren anhängig, die durch das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofes noch weitere Klagen nach sich ziehen könnten. Daher ist davon auszugehen, dass sich das Unternehmen in Zukunft des eigentlichen Problems annimmt. Dieses liegt in der Kombination einzelner Begriffe. Hierbei wäre es denkbar, bereits die Suchanfragen der Nutzer zu überprüfen und einen daraus abgeleiteten Zusammenschluss der Worte zu vermeiden. Google muss diese hohen Hürden überwinden, soll die Autovervollständigung auch in Zukunft noch zu den Vorteilen der Suchplattform zählen.

BGH, Urteil vom 14.05.2013, Az. VI ZR 269/12


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