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Apothekenwerbung durch kostenlose Anzeigen für "Premium-Kunden"


Apothekenwerbung durch kostenlose Anzeigen für "Premium-Kunden"

Das OLG Düsseldorf hat es einem Hersteller von Medizinprodukten per Urteil untersagt, Zahnärzten als Gegenleistung für die Verordnung von Zahnersatz aus dem eigenen Haus Werbeanzeigen anzubieten. (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.08.2011, Az. I-20 U 23/11). Hieraus folgt: Es ist beim Absatz von Heilmitteln nur sehr beschränkt möglich, Zugaben und Zuwendungen anzubieten oder anzunehmen.

Sachverhalt – Die wichtigsten Fakten des Falls in Kürze
Die Beklagte stellt Zahnersatz her. Sie bot ein Kundenbindungssystem an, welches den Status des „Premium-Kunden“ kannte. Ein solcher konnte werden, wer einen bestimmten Mindestumsatz bei der Bestellung von Zahnersatz erreichte. Durch das System verpflichtete sich der Medizinproduktehersteller dazu, von ihm als „Patientenanzeigen“ bezeichnete Annoncen zu schalten. Diese waren für die Premium-Kunden kostenlos und sollten sich an deren Patienten richten.

Hiergegen wandte sich die im Verfahren als Klägerin auftretende Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V. Sie betrachtete das Kundenbindungssystem des Medizinprodukteherstellers als unzulässig und machte vor dem in erster Instanz zuständigen LG Duisburg einen Unterlassungsanspruch geltend. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Hersteller verstoße gegen das aus § 7 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) folgende Zuwendungsverbot. Das LG gab der Klage statt. Die Beklagte wandte sich mit ihrer Berufung sodann an das OLG Düsseldorf als zuständige Berufungsinstanz.

Aus den Gründen
Das Düsseldorfer Gericht schloss sich dem LG Duisburg an. Die Berufung des beklagten Medizinprodukteherstellers wurde zurückgewiesen und das Unterlassungsurteil des LG bestätigt. Der Hersteller wurde verpflichtet, sein Kundenbindungsprogramm wie bisher weiterzuführen.

Der zuständige Senat betonte in seiner Urteilsbegründung, dass das HWG nur für produktbezogene Werbung (Produktwerbung) gelte und nicht für Firmenwerbung. Zu fragen war deshalb danach, ob die hier zu beurteilende Werbung des Herstellers die Darstellung des Unternehmens oder die Anpreisung bestimmter Produkte betrifft. Nur im letztgenannten Fall kann von Produktwerbung gesprochen und der Anwendbarkeit des HWG ausgegangen werden. Das OLG beurteilte die Werbung dem Gesamterscheinungsbild nach und unter Zugrundelegung der objektiven Sicht eines angehörigen des angesprochenen Verkehrskreises. Nach dieser Methode gelangten die Richterinnen und Richter zu dem Schluss, dass die Werbung des Herstellers Produktwerbung darstellt.

Das Gericht führte zur Begründung aus, die Werbepräsentation wende sich ausschließlich an Premium-Kunden und damit an einen abgrenzbaren Personenkreis. Nur wer bei der Beklagten einen bestimmten Mindestumsatz erreicht, war von der Werbung angesprochen. Kerngehalt der Werbung sei es, zusätzliche Vorteile in Form von kostenlosen Anzeigen zu erhalten, sobald der Premiumstatus erreicht wurde. Im Ergebnis, so das OLG Düsseldorf, würden Zahnärzte durch ihren Status kostenlose Werbeanzeigen für ihre Praxis schalten dürfen, was für diese einen Vorteil darstellt. Schließlich seien Anzeigen in der Regel recht kostspielig.

Auch sei ersichtlich, dass dieser Vorteil ausschließlich bei Erzielung des Mindestumsatzes gewährt werden würde, weil das Kundenbindungsprogramm die Anzeigen als „zusätzliche Leistung“ für Premium-Kunden bezeichnete. Im Ergebnis sahen die Düsseldorfer Richter damit einen Bezug zum vertriebenen Produkt (hier: Zahnersatz des Medizinprodukteherstellers) als gegeben an. Außerdem machte das Gericht klar, dass die Gestaltung der Anzeige im Übrigen irrelevant ist. Selbiges gelte für die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Anzeigen.

Praxisfolgen des Urteils und Bewertung
Der Entscheidung des OLG ist zuzustimmen. Mit dem Urteil setzt der Senat die Grundsätze um, die der BGH bereits zur Abgrenzung von Produktwerbung hergeleitet hatte (vgl. BGH, Urteil vom 26.03.2009, Az. I ZR 99/07). Eine Werbung ist demnach an den Vorgaben des HWG zu messen, wenn sie einen Bezug zum Absatz von Heilmitteln enthält. Als Heilmittel gelten neben Arzneimitteln und Medizinprodukte außerdem auch ärztliche Behandlungen, sodass auch diese an das HWG gebunden ist. Bei jeder Werbung ist demnach zu prüfen, ob sie sich unter einen der in § 7 HWG abschließend aufgezählten Ausnahmetatbestände subsumieren lässt. Gelingt dies nicht, sollte die Werbung eingestellt werden, da sie unzulässig ist.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.08.2011, Az. I-20 U 23/11


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