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Anspruch auf Unterlassung der Kontaktaufnahme mit anwaltlich vertretener Partei

BGH, Urteil vom 08.02.2011, Az. VI ZR 311/09


Anspruch auf Unterlassung der Kontaktaufnahme mit anwaltlich vertretener Partei

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 08.02.2011 unter dem Az. VI ZR 311/09 entschieden, dass ein Verbraucher, der einen Rechtsanwalt mit der Vertretung seiner Interessen beauftragt hat, nicht beanspruchen kann, fortan von dem Gegner keine Schreiben mehr zu erhalten.

Der Kläger ist ein Verbraucher, die Beklagte eine Anbieterin von Telekommunikationsdienstleistungen. Der Kläger begehrt Unterlassung der Kontaktaufnahme seitens der Beklagten. Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein wirksamer DSL-Vertrag besteht. Die Beklagte bejaht dies und hat dem Kläger dafür Rechnungen erstellt. Mit Schriftsatz vom 19.03.08 zeigte der klägerische Rechtsanwalt unter Vollmachtsvorlage der Beklagten gegenüber seine Vertretung an.
Nachdem der von der Beklagten beauftragte Inkassodienst am 27.03.08 dennoch direkt an den Kläger ein Schreiben versandt hatte, hat der Rechtsanwalt mit Schreiben vom 1. April 08 aufgefordert, sich ausschließlich an ihn zu wenden. Dies beachtete die Beklagte nicht und schickte drei weitere Mahnschreiben, darunter auch eines von einer beauftragten Rechtsanwältin sowie eines von einem Inkassobüro.
Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte zur Unterlassung einer direkten Kontaktaufnahme. Das Landgericht gab der Berufung statt, die die Beklagte hiergegen einlegte. Dagegen wiederum wendet sich der Kläger mit der Revision.

Nach Ansicht des LG ist der Beklagte nicht verpflichtet, außergerichtlich nur mit dem Rechtsanwalt zu korrespondieren. Vor allem habe der Kläger keinen Anspruch aus den §§ 1004 und 823 BGB i.V.m. allgemeinem Persönlichkeitsrecht. Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung liege durch die Kontaktaufnahme nicht vor. Jeder Vertragspartei sei es unbenommen, sich mit ihrem Gegner unmittelbar auszutauschen. Die Fälle, in denen zwingend der Anwalt kontaktiert werden müsse, seien als Ausnahme gesetzlich geregelt. Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch durch die Beklagte seien nicht ersichtlich. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts sind nach Ansicht des BGH auch tragbar.

Zu Recht gehe das Berufungsgericht davon aus, so der BGH, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, einen unmittelbaren Kontakt zum Kläger zu unterlassen. Dies ergebe sich nicht aus dem § 172 ZPO und auch nicht aus dem § 12 der BORA (Berufsordnung für Rechtsanwälte). Nach § 172 ZPO müsse die Zustellung im Verfahren an den Prozessbevollmächtigten erfolgen. Nach dem eindeutigen Wortlaut beziehe sich dies nur auf ein anhängiges Gerichtsverfahren und sage nichts über den richtigen Zustellungsadressaten bei einem außergerichtlichen Kontakt. Zwar verbiete es § 12 der BORA einem Rechtsanwalt, ohne Zustimmung des gegnerischen Anwalts mit dessen Mandanten zu verhandeln. Sinn des Verbots sei der Schutz des Rechtsanwalts vor einem Eingriff in das Mandatsverhältnis, Schutz des Mandanten und Schutz der Rechtsprechung, die nicht mit Streitigkeiten belastet werden soll, die sich aus mangelnder Absprache zwischen Anwalt und Mandant ergeben können. Dennoch kommen diese Vorschriften hier nicht für den Kläger als Anspruchsgrundlage in Betracht, da sie nur die Rechtsanwälte, nicht auch die Mandanten verpflichte.

In der bloßen Kontaktaufnahme liege nur eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor, wenn sie gegen den Willen des Klägers erfolge. Rechtswidrig sei ein solcher Eingriff aber nur, wenn das Schutzinteresse der anderen Seite nicht überwiege. Das sei hier nicht der Fall, denn der Beklagte habe ein Interesse daran, seine Ansprüche gegenüber dem Kläger geltend zu machen.
Wenn diesem die Schreiben lästig seien, könne er sie auch einfach an seinen Anwalt weiterleiten, der der Beklagten entgegentreten könne.
Bei extremer Lästigkeit der Schreiben könne er seinen Rechtsanwalt mit einer negativen Feststellungsklage beauftragen, die zur Folge habe, dass im Prozess Zustellungen nur an den Prozessbevollmächtigten ergehen (172 ZPO).
Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten seitens der Beklagten liegen nach Ansicht des BGH nicht vor. Der Eingriff in das klägerische Persönlichkeitsrecht sei nach alldem nicht rechtswidrig, da das Schutzinteresse des Klägers nicht mehr wiegt als die schutzwürdigen Interessen der Beklagten.

BGH, Urteil vom 08.02.2011, Az. VI ZR 311/09


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