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Angemessene Vertragsstrafe bei Unterlassungserklärung

Im medizinischen Bereich müssen Aussagen zur Wirksamkeit eines Produktes wissenschaftlich belegbar sein


Angemessene Vertragsstrafe bei Unterlassungserklärung

1. Wird von einem Unternehmen eine Unterlassungserklärung abgegeben, so muss die darin festgelegte Vertragsstrafe dem Unterlassungsanspruch entsprechend angemessen sein. Hierfür ist auch die Umsatzstärke des erklärenden Unternehmens maßgeblich.

2. Wirbt ein Unternehmen, welches medizinische Produkte vertreibt, mit Aussagen zur medizinischen Wirksamkeit solcher Waren, so müssen diese Aussagen einer wissenschaftlichen Prüfung standhalten. Sofern die Aussagen umstritten sind, muss auf diese Tatsache in der Werbung hingewiesen werden.

In vorliegendem Fall hatte ein Internetanbieter, der über 6.500 Produkte aus dem medizinischen Bereich anbot, eine Unterlassungserklärung abgegeben, die beim Verstoß jeweils eine Vertragsstrafe in Höhe von € 1.000,- vorsah. Der Verstoß selbst lag in einer irreführenden Werbung, wobei der Anbieter den Text aus den Produktbeschreibungen übernommen hatte, ohne auf die wissenschaftliche Bestrittenheit hinzuweisen.

1. Das Gericht führt hierzu aus, dass die angebotene Vertragsstrafe zu niedrig sei, da sie nicht dazu geeignet wäre, eine dauerhafte Unterlassung zu begründen. Eine Unterlassungserklärung müsse dabei „uneingeschränkt, unwiderruflich, unbedingt und grundsätzlich auch ohne Angabe eines Endtermins erfolgen“ sowie den Anspruch auf Unterlassung „voll abdecken“ (vgl. BGH, Az. I ZR 142/05). Sollte hieran ein Zweifel vorliegen, so sei die Erklärung nicht geeignet, eine Wiederholung auszuschließen (vgl. KG, Az. 5 U 56/11; OLG Bamberg, Az. 3 U 23/13). Die Prüfung müsse im Einzelfalle unter strengen Maßstäben erfolgen (vgl. BGH, Az. I ZR 123/82). Für die Prüfung seien dabei neben der Art, Relevanz sowie des Ausmaßes der Verletzung (vgl. BGH, Az. I ZR 82/99) auch Größe und Umsatz des verletzenden Unternehmens zu berücksichtigen, was zu dem Schluss führe, eine Vertragsstrafe im normalen Wirtschaftsbetrieb müsse sich im Rahmen von € 2.500 bis € 10.000 bewegen, niedrigere Strafen seien nur im Bagatellfalle möglich (vgl. OLG Oldenburg, Az. 1 W 37/09). Eine niedrigere Strafe sei aber auch dann nicht zulässig, wenn zwar mit den beklagten Produkten nur ein nachweislich geringer Umsatz erzielt werde, das Unternehmen als Ganzes jedoch eine wirtschaftlich relevante Größe besitze und entsprechende Umsätze generiere.

2. Werbe ein Unternehmen mit Aussagen, die im medizinischen Bereich wissenschaftlich umstritten oder sogar grundsätzlich durch fehlende Studien nicht belegbar seien, so liege ein Verstoß gegen § 4 Abs. 11 UWG in Verbindung mit § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG und § 4 Abs. 2 Satz 1 MPG vor. Bei § 3 HWG handele es sich insbesondere um ein Gesetz, welches für die Marktteilnehmer das Marktverhalten im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG regele (vgl. BGH, Az. I ZR 94/02). Eine fachlich umstrittene Werbeaussage sei jedoch irreführend (vgl. BGH, Az. I ZR 260/98), die Wirksamkeit des Produktes in vorliegendem Falle nicht klar belegbar (vgl. LG Ulm, Az. 10 O 35/13). Die Wirksamkeit müsse in solch einem Falle vom verletzenden Unternehmen erklärt werden. Für die Werbeaussagen sei die werbende Firma verantwortlich und könne sich daher nicht darauf zurückziehen, die Informationen der Produktbeschreibung entnommen zu haben.

Für die Praxis bedeutet dies, dass die Vertragsstrafe einer Unterlassungserklärung neben den sachlichen Gründen auch die wirtschaftliche Kraft des verletzenden Unternehmens mit berücksichtigen muss. Eine Strafe von unter € 2.500 kann daher i.d.R. nur im Bagatellfall angenommen werden. Es kommt dabei insbesondere nicht darauf an, ob das beklagte Produkt einen hohen Umsatz erzielt, sondern wie das wirtschaftliche Gesamtbild des Schädigenden anzusehen ist. Dies kann zu erheblich höheren Vertragsstrafen führen (hier: bis zu € 250.000). Weiterhin ist darauf zu achten, dass – insbesondere bei medizinischen Produkten – es für Werbezwecke nicht ausreicht, einfach die Produktbeschreibungen des Herstellers zu übernehmen; vielmehr muss der Anbieter auch die Strittigkeit der Wirksamkeit solcher Produkte in seiner Werbung erwähnen.

OLG Celle, Urteil vom 05.12.2013, Az. 13 W 77/13


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