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Werktitelschutz von Smartphone-Apps

BGH, Urteil vom 28.01.2016, Az. I ZR 202/14


Werktitelschutz von Smartphone-Apps

Der Bundesgerichtshof hatte darüber zu entscheiden, in wieweit die Namen von Apps und Domains im mobilen und stationären Internet rechtlich geschützt sind.

Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte sind Betreiber von Wetterseiten im Internet. Die Klägerin ist Inhaberin der Internetseite „wetter.de“, die Beklagte Inhaberin der Domainnamen „wetter-deutschland.com“ und „wetter.at“. Ein großes Problem liegt darin begründet, dass viele Inhaber von Webseiten für Dienstleistungen und Onlineshops nicht mehr nur über das stationäre, sondern auch über das mobile Internet in Form von Apps erreichbar sind. Diese Apps sind über die gleichen Namen wie die stationären Internetseiten abrufbar. Da mittlerweile eine Vielzahl von Apps existiert, kann es durchaus passieren, dass der eigene Domainname bereits als App durch einen anderen Inhaber belegt ist. Die Richter haben in so einem Fall der Überschneidung über die Reichweite und den Schutz der Domainnamen und App-Namen zu entscheiden.

Die Klägerin und Inhaberin der Internet-Domain „wetter.de“ unterhält neben dieser stationären Internetseite seit 2009 auch eine dazugehörige App mit dem gleichen Namen für Nutzer von Tablets und Smartphones. Auch die Beklagte stellt verschiedene Applikationen mit dem gleichen oder ähnlichen Namen bereit. Die Klägerin sah ihre Titelschutzrechte an ihrer Domain und ihrer Applikation „wetter.de“ verletzt und nahm die Beklagte auf Auskunft, Ersatz der Abmahnkosten und Unterlassung in Anspruch. Auch begehrte sie die Feststellung der Schadenersatzpflicht. Die Klägerin blieb mit ihrem Klagebegehren jedoch erfolglos und klagte sich durch mehrere Instanzen bis zur Revision. Auch diesem letzten Rechtsschritt blieb der Erfolg versagt.

Die Richter der Revisionsinstanz begründeten ihre Entscheidung damit, dass Domainnamen und Applikationen für Mobilfunk zwar durchaus titelschutzfähige Werke gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG sein können, sie in diesem Fall jedoch eine hinreichend originäre Unterscheidungsfähigkeit aufweisen müssen, um den Werktitelschutz für sich in Anspruch zu nehmen. Diese originäre Unterscheidungskraft im Sinne des Markengesetzes konnten die Richter bei dem Domainnahmen und der Applikation „wetter.de“ der Klägerin nicht erkennen. Die Bezeichnung „wetter.de“ beschreibt den Inhalt, den die Klägerin mit ihrer stationären Internetseite und ihrer Applikation bereithält: Informationen rund um das Thema Wetter. Der Titel erschöpft sich schlichtweg in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung. Die Richter kamen zu diesem Urteil, obwohl die regelmäßige Rechtsprechung mittlerweile geringere Anforderungen stellt. Diese bestehen immer dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise seit längerer Zeit daran gewöhnt sind, dass Titel auch regelmäßig beschreibende Bezeichnungen aufweisen. Diese Verkehrsgeltung hat sich insbesondere im Bereich von Zeitschriften und Zeitungen durchgesetzt. Dieser abgesenkte Maßstab hat sich etabliert, weil die Verkehrskreise im Bereich der Printmedien daran gewöhnt sind, dass viele Produkte unter mehr oder weniger inhaltlich oder räumlich konkreten Gattungsbezeichnungen geführt werden.

Der Bundesgerichtshof konnte dieser Rechtsauslegung im Fall von Internetseiten und Smartphone-Apps jedoch nicht folgen. Die Karlsruher Richter erkannten zwar an, dass auch Internetseiten und Apps durchaus Werktitelschutz im Sinne der angewandten Verkehrsgeltung erlangen können, allerdings nur dann, wenn der Inhaber beweisen kann, dass sich der Name seiner Domain und App verkehrsseitig tatsächlich als besonderes Angebot durchgesetzt hat. Die Klägerin hätte den Beweis erbringen müssen, dass mindestens fünfzig Prozent der angesprochenen Verkehrskreise den Namen „wetter.de“ mit ihrer Internetseite und ihrer Applikation in Verbindung bringen, weil die Bezeichnung „wetter.de“ „glatt beschreibend“ ist. Die Klägerin konnte auch mit dem von ihr in die Beweisführung eingebrachten Verkehrsguten die fehlende Unterscheidungskraft ihres Werktitels nicht überwinden.

Juristen stehen dieser Entscheidung aus Karlsruhe durchaus als zwiespältig gegenüber. Sie können nicht nachvollziehen, dass die Richter zwar Zeitungen und Zeitschriften einen Werktitelschutz zugestehen, weil die Verkehrskreise seit längerer Zeit an bezeichnende und nicht unterscheidungskräftige Titel gewöhnt sind, diese Verkehrsgeltung jedoch nicht auf das Internet übertragen. Trotz der Vielzahl von Apps haben sich mittlerweile auch in diesem Bereich viele Angebote durchgesetzt, die Titel mit bezeichnenden Beschreibungen verwenden. Gerade aufgrund des vielfältigen Angebotes sind die angesprochenen Verkehrskreise an feine Unterschiede gewöhnt.

Erfreulich ist jedoch, dass der Bundesgerichtshof Domains und Apps mit bezeichnenden Titeln, die lediglich den Inhalt der angebotenen Internetseite und Applikation wiedergeben, nicht grundsätzlich den Werktitelschutz im Sinne des Markengesetzes verweigert haben. Sie machen die Einschränkung der klägerseitigen Beweisführung, das heißt, ein Kläger, der gegen derartige, bezeichnende Titel eines Konkurrenten vorgeht, muss beweisen, dass sich der Name seiner Domain oder Applikation bei den angesprochenen Verkehrskreisen als besonderes Angebot durchgesetzt hat, obwohl ihm eigentlich die originäre Unterscheidungskraft fehlt. Im Umkehrschluss bedeutet dass, das nicht-beschreibenden, unterscheidungsfähigen Internet-Domains ein Werktitelschutz im Sinne des Markengesetzes zusteht, aus dem heraus der Inhaber gegen identische Apps von Mitbewerbern rechtlich vorgehen und einen Unterlassungsanspruch durchsetzen kann.

BGH, Urteil vom 28.01.2016, Az. I ZR 202/14

AG HH, 25b C 342/15
AG Hamburg, Urteil vom 18.02.2016, Az. 25b C 342/15


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