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Verzicht auf Urheber-Nennung unwirksam

LG Berlin, 15 O 153/14


Verzicht auf Urheber-Nennung unwirksam

Wer ein künstlerisches Werk geschaffen hat, dem steht nach in Deutschland geltendem Urheberrecht ein Rechtsanspruch darauf zu, als Urheber namentlich genannt zu werden. Ein Synchronsprecher, der einer wichtigen Figur in einem Film seine Stimme „leiht“, kann auf dieses Recht nicht per AGB-Klausel verzichten. Das Landgericht Berlin hat am 04.11.2014 in erster Instanz zum Aktenzeichen 15 O 153/14 ein urheberrechtlich interessantes Urteil verkündet. Geklagt hatte ein Künstler, der neben seiner Tätigkeit als Schauspieler auch als Synchronsprecher tätig wurde. Im vorliegenden Fall hatte er einen Vertrag mit der Beklagten, einer Filmverleih- und Produktionsfirma über die deutschsprachige Synchronisierung einer Figur in einem Film abgeschlossen. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Beklagte bei ihren Vertragsabschlüssen verwendete, war eine Klausel vorhanden, durch die der Kläger es der Beklagten freistellen sollte, seinen Namen im Filmabspann oder -vorspann zu nennen oder auf die Namensnennung zu verzichten.

Als der Kläger sich den fertigen Film anschaute und feststellte, dass er als Synchronsprecher nicht namentlich benannt worden war, forderte er die Beklagte dazu auf, weitere Vorführungen des Films in dieser Form zu unterlassen und ihm gleichzeitig für die Verletzung seines Urheberrechts an der Synchronsprecherleistung Schadensersatz zu leisten. An der Nennung seines Namens habe er schon deshalb ein eigenes Interesse, weil es für seine weitere Tätigkeit als Schauspieler und Hörspiel- sowie Synchronsprecher eine Empfehlung darstelle, an dem Film mitgewirkt zu haben. Die Beklagte berief sich darauf, dass sie mit dem Kläger eine Vertragsklausel ausgehandelt hätte, durch welche sie das Recht erlangt habe, selbst zu bestimmen, ob sie den Namen des Klägers nennen wolle. Auf der DVD und in Werbematerialien habe sie den Kläger als Synchronstimme benannt. Ihm sei deshalb auch kein ersatzfähiger Schaden entstanden. Das Landgericht Berlin gab der Klage grundsätzlich statt; beschränkte die Höhe der Schadensersatzsumme statt der verlangten 5.000 € jedoch auf zusätzliche 100 % der erhaltenen Synchronsprechergage.

Die Richter der 15. Kammer des Landgerichts Berlin stellten in ihrer Urteilsbegründung fest, dass der Kläger durch seine Synchronisierung einer Hauptfigur im von der Beklagten vermarkteten Film ein künstlerisches Werk geschaffen hat. Sein Beitrag bestand nicht nur im Ablesen eines vorgefertigten Textes. Die Synchronisierung setzt eigenes, künstlerisches Engagement und das schauspielerische Hineinfühlen in die Rolle voraus. Der künstlerische Beitrag des Klägers ist auch nicht als unwesentlich zu bewerten, da es sich bei der ihm anvertrauten Rolle um eine der entscheidenden Figuren im Film handelte. Der Urheber eines Werkes hat nach in Deutschland geltendem Urheberrecht jederzeit einen Anspruch darauf, als solcher genannt zu werden. Auf das Recht der namentlichen Benennung gemäß § 74 UWG kann der Urheber nicht dauerhaft verzichten. Die Abtretung von Urheberrechten beinhaltet keinen Verzicht auf das Benennungsrecht. Möglich wäre allenfalls ein durch besondere Voraussetzungen begründeter Verzicht auf die Benennung in einem Einzelfall. Wenn sich die Beklagte im vorliegenden Fall auf das Vorliegen einer solchen Ausnahmevereinbarung beruft, ist das nach Ansicht des Landgerichts Berlin nicht gerechtfertigt. Es handelt sich bei der im Streit stehenden Vertragsklausel um einen Bestandteil der von der Beklagten regelmäßig benutzten Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Auch dann, wenn der Kläger vor Vertragsunterzeichnung die Streichung einer Klausel bewirkt hatte, werden vorgefertigte Geschäftsbedingungen dadurch nicht zu individuell ausgehandelten Klauseln. Darüber hinaus hat das Gericht festgestellt, dass die Klausel selbst dann, wenn sie als Individualabrede bewertet werden würde, inhaltlich keinen konkreten Einzelfall bezeichnet, in dem ausnahmsweise die Nennung des Urhebers entfallen darf. Der Inhalt deutet vielmehr darauf hin, dass die Beklagte sich eine ausschließliche Ermächtigung dazu erteilen lassen wollte, über die Namensnennung selbst zu bestimmen. Ihr anschließendes Verhalten zeigt, dass genau dies die Absicht war.

Durch die Nennung des Klägers bei zukünftigen Anlässen ist der bisher entstandene Schaden nicht aufhebbar. Gemäß § 97 UWG steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 100 % seiner erzielten Gage zu.

LG Berlin, Urteil vom 04.11.2014, Az. 15 O 153/14


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