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Urheberrecht an der Filmaufnahme eines Fluchtversuchs

„Peter Fechter“-Dokumentar-Film ist urheberrechtlich geschützt


Urheberrecht an der Filmaufnahme eines Fluchtversuchs

Am 6. Februar 2014 haben die Richter des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in dritter Instanz über einen zentralen Aspekt eines seit zweiundeinhalb Jahren dauernden Rechtsstreits Klarheit geschaffen.

Am 17. August 1962 war an der Berliner Mauer der 18-jährige Ostberliner Peter Fechter beim Versuch in den Westteil Berlins zu fliehen, von Soldaten der DDR-Grenztruppen angeschossen worden. Den Schwerverletzten ließen die DDR-Grenzer, die keine Anstalten machten, ihn zu bergen und medizinisch versorgen zu lassen, etwa eine Stunde liegen. Erst dann wurde er abtransportiert. Peter Fechter verblutete. Der zufällig anwesende Kameramann Herbert Ernst nahm den Abtransport Fechters von der West-Seite aus auf. Diese spektakuläre Filmsequenz wurde in Folge eine der am häufigsten im Zusammenhang mit der Berliner Mauer im Fernsehen gezeigten Film-Dokumentationen.

So zeigte auch die Rundfunkanstalt RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) im August 2010 die mittlerweile allgemein bekannte Szene in einer Sendung. Mit dem Hinweis, dass ihnen Ernst kurz vorher Nutzungsrechte an den Fechter-Bildern übertragen hatte, verlangten zwei Journalisten von RBB das Unterlassen weiterer Ausstrahlungen der Fechter-Szene sowie Schadensersatz wegen Verletzung des Urheberrechts durch das Senden der Sequenz in den letzten 10 Jahren.

Der RBB weigerte sich, dem Verlangen nachzukommen. Eine entsprechende Klage der Journalisten vor dem Landgericht Berlin hatte keinen Erfolg. Auch in der Revisionsverhandlung vor dem Kammergericht Berlin wurde der Rechtsauffassung der Kläger nicht gefolgt. Der schließlich angerufene BGH hatte unter anderem zu entscheiden, ob es sich bei dem Dokumentar-Streifen um ein gemäß § 75 UrhG durch Leistungsschutzrecht geschütztes Lichtbild-Werk persönlicher Schöpfung (§ 2 UrhG) handelt. Die Bundesrichter kamen zu der Meinung, dass ein Dokumentarfilm zwar keine persönliche geistige Schöpfung darstelle, die einzelnen Filmbilder dagegen wie Einzel-Pressefotos Urheberschutz genießen. 

Auch wenn diese einzelnen Filmbilder in filmtypischer Weise hintereinander gezeigt werden, behalten sie gemäß § 75 UrhG ihren Anspruch auf Urheberrechtsschutz. 

Ferner befasste sich der BGH mit der Frage, ob die Ansprüche nicht verwirkt sein könnten, weil Herbert Ernst 48 Jahre lang nie irgendwelche Ansprüche im Zusammenhang mit den häufigen Ausstrahlungen der von ihm aufgenommenen Sequenz erhoben hatte. Diesen in der Revisionsinstanz vom Kammergericht vertretenen Standpunkt mochten sich die Bundesrichter nicht anschließen. Vielmehr stellten sie klar, dass in der Vergangenheit begangene Verletzungen des Urheberrechts keinen Freibrief für spätere Rechtsbrüche darstellen. In Hinblick auf die lange Duldung der Verwendung der Sequenz in Kino und Fernsehen seien aber die Ansprüche der Kläger auf Wertersatz für die Zeit bis einschließlich 2007 verwirkt. In Hinblick auf die dreijährige Verjährungsfrist, die durch die 2011 erhobene Klage gehemmt wurde, seien jedoch ab dem 1. Januar 2008 entstandene Ansprüche nicht verwirkt. 

Der Fall wurde an das Kammergericht zurückverwiesen, das aufgefordert wurde, zu prüfen, ob die beiden Kläger die von ihnen behaupteten Nutzungsrechte tatsächlich im angegebenen Umfang besitzen. 

BGH, Urteil v. 06.02.2014, Az. I ZR 86/12 


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