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Teilerfolg: Bushido-Prozess geht in die Verlängerung

BGH, Urteil vom 16.04.2015, Az. I ZR 225/12


Teilerfolg: Bushido-Prozess geht in die Verlängerung

Ein fehlendes Sachverständigengutachten lässt den Rapper Bushido Hoffnung schöpfen und eine andere Bewertung des Falles durch den BGH lässt ihn aufatmen. Weil er ohne Übernahme des Textes unerlaubt Musikpassagen von durchschnittlich zehn Sekunden von der französischen Band Dark Sactuary gesampelt (kopiert) haben soll – bei leichter Abänderung und Überlagerung durch den eigenen Sprechgesang –, wurde Bushido von den vier Mitgliedern der Band auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz und Ersatz des immateriellen Schadens (Schmerzensgeld) verklagt. Insgesamt 13 Titel des Rappers sollen betroffen sein. Das Landgericht und Oberlandesgericht Hamburg gaben der Band, bestehend aus drei Textern und einem Komponisten, Recht (LG Hamburg, Urteil vom 23.03.2010, Az. 308 O 175/08; OLG Hamburg, Urteil vom 31.10.2012, Az. 5 U 37/10). Bushido ging in Revision – mit (teilweisem) Erfolg.

Texter gehen leer aus

Der BGH lehnte die Klagen der Texter ab, weil nur Teile der Musik betroffen seien (und eben keine Textpassagen), weshalb kein urheberrechtlich relevanter Eingriff vorliege. Die ursprüngliche Verbindung zwischen Musik und Text sei nicht urheberrechtlich geschützt.

Neues Gutachten erforderlich

Im Hinblick auf die Klage des Komponisten verwies der BGH die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht (OLG) zurück. Nach Ansicht der Karlsruher Richter hätte das OLG ein gerichtliches Sachverständigengutachten einholen müssen, um die Voraussetzungen des Urheberrechtsschutzes der streitgegenständlichen Musikabschnitte hinreichend beurteilen zu können.
Das OLG verzichtete damals auf ein solches und begnügte sich mit dem eigenen Höreindruck sowie den vorliegenden Privatgutachten. Im klägerischen Parteigutachten war etwa von einem „individuellen und unverwechselbaren Charakter im Sinne des Urheberrechts“ die Rede. Für die Beurteilung der Individualität sei der Gesamteindruck entscheidend. Hierfür komme es auf einen Verkehrskreis an, der mit musikalischen Fragen einigermaßen vertraut und aufgeschlossen ist. Anders als bei medizinischen Fragen gehöre das Gericht zu diesem Verkehrskreis, zumal die Ausbildung in theoretischen und praktischen Grundlagen der Musik regelmäßig zur allgemeinen und schulischen Ausbildung zähle. Sodann zieht das OLG Literaturhinweise zu Rate und stellt fest, dass an die Höhe der schöpferischen Eigentümlichkeit bei Musikwerken keine hohen Anforderungen gestellt würden, so dass die in Frage stehenden Musikpassagen nach Maßgabe des Gesamteindrucks Urheberrechtsschutz genießten.

Nach Ansicht des BGH ist das OLG falsch vorgegangen, weil es sich auf die Privatgutachten und den eigenen Höreindruck verlassen hat. Dabei sei ein gerichtliches Gutachten erforderlich gewesen zur Feststellung des urheberrechtlichen Schutzes der Musikabschnitte gemäß § 2 UrhG. Nach dem Urteil des OLG sei nicht ersichtlich, durch welche objektiven Merkmale die festgestellte schöpferische Eigentümlichkeit der übernommenen Abschnitte bestimmt wird. Das neutrale gerichtliche Sachverständigengutachten – und nicht das Gericht selbst – hätte feststellen müssen, warum die fraglichen Passagen des klägerischen Komponisten über ein routinemäßiges Schaffen hinausgehen und damit den Urheberrechtsschutz begründen.

Nun muss das OLG erneut entscheiden und unter Heranziehung eines vom Gericht bestellten Gutachters bestimmen, ob die übernommenen Musikabschnitte die für den Urheberrechtsschutz erforderliche schöpferische Eigentümlichkeit aufweisen.

BGH, Urteil vom 16.04.2015, Az. I ZR 225/12


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