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Kunstfreiheit Abdruck von Zeitungsartikeln

Kunstfreiheit kann Abdruck von Zeitungsartikeln nebst Lichtbildern in einem Buch rechtfertigen


Kunstfreiheit Abdruck von Zeitungsartikeln

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat am 09.11.2010 in einer Berufungssache mit dem Aktenzeichen 6 U 14/10 durch Urteil über die Berechtigung urheberrechtlicher Ansprüche gegen den Verfasser eines Buches entschieden.

Klägerin war die Herausgeberin einer regionalen Tageszeitung mit nicht unerheblicher Leserschaft in Brandenburg. Der Beklagte ist Verfasser mehrerer Bücher, die sich mit Familien- und Zeitgeschichte befassen. Sein zuletzt herausgegebenes Buch befasst sich mit zeitgeschichtlichen Entwicklungen rund um das Amtsgericht Brandenburg in der Nachwendephase. Der Beklagte wählte für sein Buch die Form einer künstlerischen Collage aus mehreren Erzählformen. Neben Tagebucheinträgen und Schilderungen verwendete er Zeitungsartikel und Fotos, die in der von der Klägerin herausgegebenen Zeitung erschienen waren.

Die Klägerin, die an den vorhergegangenen Veröffentlichungen des Beklagten, die ebenfalls Zeitungsartikel und Fotografien aus der beschriebenen Zeit mit einschlossen, keinen Anstoß genommen hatte, mahnte den Beklagten nach dem Erscheinen seines letzten Buches „a…“ wegen angeblicher Verletzung von Urheberrechten ab.

Der Beklagte verweigerte die Abgabe der verlangten Unterlassungserklärung mit dem Hinweis, dass die Benutzung von Zeitungsartikeln und Fotomaterial in der von ihm gewählten Form vom Zitatrecht des § 51 UrhG abgedeckt seien. Die Klägerin reichte daraufhin bei dem zuständigen Landgericht Klage ein. Mit der Stufenklage wurden neben dem Unterlassungsanspruch ein Auskunftsanspruch und ein Schadensersatzanspruch den Beklagten als Verwender von urheberrechtlich geschützten Werken geltend gemacht.

Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass die Verwendung von veröffentlichten Materialien aus der von ihr herausgegebenen Zeitung den Rahmen der nach § 51 UrhG zulässigen Zitate erheblich überschritten habe. Zeitungsartikel seien ohne Kommentierung durch den Beklagten im Rahmen einer im Buch enthaltenen „Dokumentation“ gezeigt worden. Die Klägerin erklärte weiterhin, in ihren wirtschaftlichen Interessen geschädigt zu sein. Auch der Inhalt nicht mehr aktueller Tageszeitungen habe noch einen wirtschaftlichen Wert.

In erster Instanz wurde der Klage stattgegeben. Der Beklagte legte gegen das Urteil Berufung ein und wies noch einmal auf das Zitierrecht des § 51 UrhG hin, in dessen Rahmen sich die Nutzung von Zeitungsmaterial in seinem Buch gehalten habe. Er erklärte, dass er die Zeitungsartikel bewusst als Stilmittel verwendet hätte, um Ereignisse in ihren zeitgeschichtlichen Kontext zu setzen und den Leser zur Auseinandersetzung mit der Zeit anzuregen, indem er der öffentlichen Wahrnehmung Farbe verleiht.

Der 6. Senat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts wies die Klage in seinem Berufungsurteil vom 09.11.2010 vollständig ab.

Das Oberlandesgericht folgt dem Landgericht zwar darin, dass die Artikel und die Fotos einer Tageszeitung grundsätzlich urheberrechtlichen Schutz genießen. In der Bewertung und Auslegung des in § 51 UrhG festgeschriebenen Rechts, in einem selbständigen Sprachwerk urheberrechtlich geschützte Zitate zu verwenden, weichen die erkennenden Richter von der durch die Vorinstanz vertretenen Rechtsansicht ab. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts führt das Brandenburgische Oberlandesgericht in seinem Urteil aus, dass bei der Beurteilung des Zitierrechts die künstlerische Betrachtung des Werkes, in dem die Zitate enthalten sind, notwendig sei. Die Freiheit der künstlerischen Gestaltung können auch größere Zitate urheberrechtlich geschützter Werke rechtfertigen, wenn sie nicht nur als Belege beigefügt sondern als Stilmittel verwendet werden. Aufgrund des erkennbar eigenständigen, künstlerischen Stils, mit dem sich der Beklagte zum Ausdruck von Zeitgeist verschiedener dokumentarischer Quellen und eigener Berichte bedient, kamen die Richter im vorliegenden Fall zu der Erkenntnis, dass die vom Kläger gemachte Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke von der Zitierfreiheit im Rahmen von selbständigen Sprachwerken gedeckt sei.

Bei der Gegenüberstellung von künstlerischen Interessen im Rahmen des inhaltlichen Gestaltung eines Buches mit den möglicherweise beeinträchtigten wirtschaftlichen Interessen der Klägerin als Rechteinhaberin kamen die Richter am Brandenburgischen Oberlandesgericht zu dem Schluss, dass das Interesse des Beklagten an der Verwendung der urheberrechtlich geschützten Zitate ungleich größer ist als das wirtschaftliche Interesse der Klägerin. Artikel und Fotos, die in Tageszeitungen veröffentlicht wurden, haben schon kurz nach dem Erscheinungsdatum keinen nennenswerten wirtschaftlichen Wert mehr.

Brandenburgisches OLG, Urteil vom 09.11.2010, Aktenzeichen 6 U 14/10


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