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Eltern haften für raubkopierende Kinder

OLG Hamburg, Urteil vom 07.11.2013, Az. 5 U 222/10


Eltern haften für raubkopierende Kinder

Das Oberlandesgericht Hamburg urteilte am 07. November 2013, dass Eltern für Schadensersatzansprüche haften, wenn ihre Kinder illegal Dateien über das Internet tauschen, da die Kontrolle der Internet- und Computernutzung unter die Aufsichtspflichten der Erziehungsberechtigten fällt.

Geklagt hatten die Rechteinhaber zweier Musikstücke eines international erfolgreichen deutschen Künstlers, die von den Beklagten unerlaubt mit einem Filesharingprogram vervielfältigt wurde. Der Vater des Beklagten erfuhr erst von dessen Tauschbörsennutzung, als ein Abmahnschreiben der Kläger, die Unterlassung und Schadensersatz in Höhe von € 4.000 forderte, bei ihnen einging. Die Kläger errechneten den Betrag mittels GEMA-Tarifen und verlangten darüber hinaus die Erstattung der Anwaltskosten.

Die Beklagten betrachteten die Forderung als unangemessen. Das Landgericht Hamburg wies die Klage teilweise ab und verurteilte die Beklagten zur Zahlung weitaus geringerer Schadensersatzansprüche, wogegen die Rechteinhaber Berufung einlegten. Diese behaupteten, die Richter hätten ihre Befugnisse überschritten und falsche Bemessungsmaßstäbe angewendet. Die Beklagten verteidigten das Urteil des Landgerichts.

Die Oberlandesrichter erklärten zunächst den Minderjährigen für die Urheberrechtsverletzung und den Vater für die Verletzung seiner Aufsichtspflichten verantwortlich. Als Aufsichtspflichtiger ist er laut § 832 BGB für die Handlungen seiner Kinder haftbar. Die Richter beriefen sich auf ein Urteil des BGH, das grundsätzlich die Haftung der Eltern bejahte, obwohl abgewogen werden muss, ob die Eltern tatsächlich ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen sind. Die genau geforderte Aufsicht ist abhängig von Faktoren wie Alter und Charakter des Kindes und ob die Maßnahmen, die zur Verhinderung eines Rechtsbruches vorgenommen werden müssten, zumutbar und angemessen sind. Im Falle eines durchschnittlichen Jugendlichen können Belehrungen über die Rechtswidrigkeit der Nutzung von Tauschbörsen bereits die Aufsichtspflichten erfüllen. Es darf nicht pauschal verlangt werden, dass Eltern die Computernutzung jugendlicher Kinder regelmäßig überprüfen oder durch Sicherheitsprogramme einschränken. Diese Maßnahmen wären nur angebracht, wenn die Eltern eine unerlaubte Nutzung des Computers vermuten müssten. Zwar ist anzunehmen, dass Jugendliche regelmäßige Verbote der Eltern ignorieren, das Bedürfnis einer Kontrolle ist jedoch erst bei konkreten Anhaltspunkten gegeben. Eine grundlose Überwachung würde einen Eingriff in die Selbstständigkeit des Kindes darstellen. 

Im vorliegenden Fall zweifelten die Richter jedoch an, ob die Beklagten die Kinder ausreichend aufgeklärt und belehrt haben. Dieser Punkt blieb bisher unbeachtet. Da eine Erklärung der Beklagten diesbezüglich zu spät einging, konnten die Richter diese nicht mehr in die Urteilsfindung miteinbeziehen. Daher ging das Gericht davon aus, dass die Beklagten dem eigenen Kind die Nutzung des Computers ohne vorherige, eingehende Belehrung über die rechtlichen Aspekte solcher Tauschbörsen überlassen haben. Eine genaue Aufklärung wäre zwar noch kein ausreichender Grund, die Haftung aufzuheben, das völlige Fehlen einer solchen stellt jedoch eine fahrlässige Verletzung der elterlichen Pflichten dar.

Die Beklagten haften also gesamtschuldnerisch und wurden zur Zahlung von insgesamt € 400 für die vervielfältigten Musikstücke verpflichtet. Damit entfernten sich die Richter von der Berechnung auf Basis der GEMA-Tarife, da diese den Schaden der Künstler und Rechteinhaber in den Hintergrund rückt. Auch kritisierten die Richter, dass die Übertragung kommerzieller Tarife auf private Nutzung von Tauschbörsen unberechtigt sei. Das insgesamt schwer zu ermittelnde Ausmaß der Verbreitung behindert eine konkrete Berechnung. Unter Berücksichtigung von Faktoren wie der Popularität des Künstlers und der Beliebtheit der Tauschsoftware ergab sich für die Richter ein Schadensersatzbetrag von € 200 für jeden getauschten Musiktitel. Die Gerichtskosten wurden zwischen den Parteien geteilt.

OLG Hamburg, Urteil vom 07.11.2013, Az. 5 U 222/10


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