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Anschlussinhaber muss Mitbewohner nicht benennen

AG Bochum, 67 C 57/14


Anschlussinhaber muss Mitbewohner nicht benennen

Das Amtsgericht Bochum hat mit Urteil vom 16. April 2014 entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses, der innerhalb einer Wohngemeinschaft verwendet wird, wobei alle Mitglieder der Gemeinschaft Zugang zu dem bereitgestellten WLAN-Netz haben, nicht zwingend der Täter bzw. Störer im Hinblick auf eine Filesharing-Abmahnung sein darf. Wenn sich der Anschlussinhaber bei seiner Gegendarstellung darauf berufe, dass es zumindest auch möglich sei, dass der Rechtsverstoß ebenfalls durch einen Mitbewohner erfolgt sein könne, so dass dieser Adressat der Abmahnung sein müssen, liegt die Beweislast nach Auffassung des Gerichts beim Rechtsinhaber. Dieser muss im Wege seiner Beweislast darlegen und hinreichend beweisen, dass der streitgegenständliche Anschluss bei dem Filesharing-Vorfall gerade nicht von einem Dritten, sondern von dem Inhaber genutzte worden ist. Es obliegt daher nicht dem Verantwortungsbereich des Anschlussinhabers, sämtliche Namen der Mitglieder der Wohngemeinschaft preiszugeben, folglich "Ross und Reiter" zu benennen. Stattdessen müssen derartige Ermittlungen von dem Kläger selbst vorgenommen werden.

Die Klägerin hat in dem Verfahren von dem Beklagten die Zahlung einer Schadensersatzsumme verlangt. Ihrer Ansicht nach habe der Beklagte gegen das Urheberrecht verstoßen, indem er im Rahmen eines Filesharings einen italienischen Pornofilm („Italian MILFs! Mamma Mia!”) heruntergeladen haben soll. Jedenfalls hat die Klägerin behauptet, dass das Filmwerk über den Internetanschluss des Beklagten geladen worden ist. Der Beklagte hingegen hatte in dem Verfahren beantragt, die Klage abzuweisen. Zu dem Zeitpunkt der angeblichen Rechtsgutverletzung hätten auch eine Mitbewohnerin und ihr Lebensgefährte in der Wohngemeinschaft gelebt. Es sei daher jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Verletzung des Urheberrechts durch eine dieser beiden Personen begangen worden ist. Der Beklagte habe seinen Anschluss jedenfalls ordnungsgemäß und mit der von ihm zu verlangenden Sicherheitsverschlüsselung WPA/WPA2 geschützt. Von Seiten der Klägerin sei nicht abschließend ermittelt worden, wer tatsächlich Täter des streitgegenständlichen Vorwurfs sei. Darüber hinaus hat der Beklagte mit Nichtwissen bestritten, dass sich der Film in der Verkaufsphase befunden haben soll als die angebliche Urheberrechtsverletzung begangen worden ist. Da es sich bei dem Film um einen Porno gehandelt hat, hat der Beklagte weiterhin die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem in Rede stehenden Film nicht um ein Werk im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG handle. Bei der Darstellung handle es sich nicht um eine individuelle geistige Schöpfung, sondern lediglich um die Präsentation von sexuellen Praktiken.

Das Amtsgericht Bochum hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Der Klägerin konnte nach Auffassung des Gerichts kein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten zugesprochen werden. Insbesondere die Voraussetzungen der Vorschrift des § 97 UrhG lagen nicht vor. Die Klägerin habe es im Ergebnis versäumt, einen hinreichenden Beweis dafür anzubieten, dass es sich bei dem Beklagten auch tatsächlich um den Täter bzw. den Störer im Sinne der urheberrechtlichen Norm gehandelt hat. In Übereinstimmung mit obergerichtlichen Urteilen und Beschlüssen hat sich das Amtsgericht auch der Meinung angeschlossen, dass vorliegend keine Beweislastumkehr vorzunehmen gewesen ist. Dann hätte der Beklagte darlegen und beweisen müssen, dass er für den vermeintlichen Urheberrechtsverstoß nicht verantwortlich gemacht werden kann. Nach dieser Rechtsauffassung trägt der Beklagte jedoch eine sekundäre Darlegungslast, so dass er darlegen muss, dass die aufgestellte Vermutung nicht zwangsläufig mit der Realität übereinstimmen muss. Nach Auffassung des Gerichts ist der Beklagte vorliegend seiner sekundären Darlegungslast in ausreichender Form nachgekommen. Zum fraglichen Zeitpunkt des Verstoßes haben noch zwei weitere erwachsene Personen in dem Haushalt des Beklagten gelebt, die ebenfalls Zugriff auf den Internetanschluss hatten. Dies entspreche auch der Lebenswahrscheinlichkeit, die besagt, dass innerhalb einer WG auch ein gemeinsames WLAN-Netz genutzt wird.

Die Klägerin hätte selbst ständig die Namen der Mitbewohner ermitteln müssen. Dies sei ihr nach Einschätzung des Gerichts auch zumutbar gewesen. Keineswegs sei es Aufgabe des Beklagten gewesen, in Anlehnung an die frühere Rechtsprechung "Ross und Reiter" zu benennen. Die Darlegungslast des Beklagten sei ausschließlich darauf beschränkt, die von der Klägerin aufgestellte Vermutung zu durchbrechen, dass er als Anschlussinhaber auch die virtuelle Tauschbörse besucht hat. Da es dem Beklagten gelungen ist, auch Alternativen der Nutzung hinreichend zu benennen, konnte dadurch auch der Vorwurf der Klägerin durchbrochen werden.

AG Bochum, Urteil vom 16.04.2014, Az. 67 C 57/14


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