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Zur rechtserhaltenden Markenbenutzung

BGH, Urteil vom 27.11.2014, Az. I ZR 91/13


Zur rechtserhaltenden Markenbenutzung

Im Ausland durch eine Marke gekennzeichnete Waren, die zur anschließenden Durchfuhr durch Deutschland bestimmt sind, reichen für eine rechtserhaltende Nutzung der Marke im Inland nicht aus. Umgekehrt ist die Wirkung, wenn die Ware erst im Inland gekennzeichnet und dann ins Ausland verbracht wird. Dieses Vorgehen reicht für eine rechtserhaltende Nutzung der Marke aus. Alleine das Anbringen der Marke auf den Waren in Deutschland ist ausreichend. Ein Inverkehrbringen der Ware in Deutschland ist nicht erforderlich.

Die Beklagte der Streitmarke ist Herstellerin von handbetätigten Werkzeugen. Ihre IR-Marke Nr. 781 663 „STAYER“ verfügt über eine Priorität vom 29.12.2001 und ist für Deutschland registriert. Die streitgegenständliche Marke ist für die Klassen 03, 08 und 16 eingetragen. Die Klägerin macht eine nicht ausreichende, rechtserhaltende Nutzung der Marke in Deutschland geltend. Das Landgericht ist der Eingabe der Klägerin gefolgt und hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, in die Schutzentziehung für Deutschland einzuwilligen.

Die Berufungsinstanz hat das Urteil erster Instanz insoweit abgeändert, als dass es die für die Warenklasse 08 eingetragenen Waren vom Schutzentzug ausgenommen hat. Die Klägerin ist gegen die Berufungsentscheidung in Revision gegangen mit dem Antrag der Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils und die Beklagte beantragt die Zurückweisung dieses Rechtsmittels. Sie erstrebt mit der Anschlussrevision die vollständige Abweisung der Klage, während die Klägerin die Zurückweisung dieses Rechtsmittels begehrt. Gemäß § 26 MarkenG setzt eine rechtserhaltende Nutzung einer Marke im Inland voraus, dass die Marke entsprechend ihrer Hauptfunktion, die ursprüngliche Identität der Waren und Dienstleistungen zu garantieren, verwendet wird, um für die geschützten Produkte und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen und zu sichern. Eine ernsthafte Nutzung der Marke im Inland ist auf Grundlage der individuellen Einzelumstände zu beurteilen, anhand derer die wirtschaftliche Verwertung im Geschäftsverkehr durch Häufigkeit und Umfang belegt wird. Ob eine Marke ausreichend genutzt wurde, um eine rechtserhaltende Nutzung zu belegen, hängt von mehreren Faktoren ab, die die Frage beantworten, ob die Bestrebungen des Markeninhabers, Marktanteile hinzuzugewinnen, ausreichend sind. Eine ernsthafte Nutzung der Marke im Inland muss vorliegen. Diese liegt bereits dann vor, wenn die Marke auf den Waren, der Verpackung oder sonstigen Aufmachungen im Inland angebracht wird und diese anschließend für die Ausfuhr bestimmt werden. In dieser Hinsicht ist zu beachten, dass dieses Vorgehen ausschließlich für das Anbringen der Marke auf den durch die Marke geschützten Produkten im jeweiligen Mitgliedsstaat gilt, wenn die Waren zum Export bestimmt sind. Sonstige Verwendungsformen erfüllen diese Rechtsanforderung nicht. Es reicht nicht aus, wenn die Exportwaren ausschließlich im Ausland gekennzeichnet, nach Deutschland transportiert und von dort aus in weitere Drittländer verbracht werden. Eine Durchfuhr der zum Export in Drittländer bestimmten und gekennzeichneten Waren stellt keinen ausreichenden Inlandsbezug her.

Werden Waren mit einer im Inland geschützten Marke im Zollverschlussverfahren durch Deutschland transportiert, ist ein Markeninhaber nur dann berechtigt, dagegen anzugehen, wenn zum Beispiel durch Verkaufsangebote ein Inverkehrbringen der Ware im Inland oder im Fall einer Gemeinschaftsmarke in der Europäischen Union droht. Alleine die Annahme, die Waren könnten ihren Bestimmungsort nicht erreichen und in Deutschland unbefugt in den Verkehr gebracht werden, reicht für eine wesentliche Beeinträchtigung der Marke nicht aus. Daher ist es unerheblich, ob die Waren zur Ausfuhr in einen Drittstaat oder in ein EU-Mitgliedsstaat bestimmt sind. Insofern ist es gleichfalls unerheblich, ob in diesen Ländern ein Markenschutz besteht oder nicht. Die Verbringung der Waren durch das Zollschlussverfahren ist aus diesem Grund zulässig, auch wenn der Markeninhaber in diesem Land keinen Markenschutz genießt. Ausschließlich im zollrechtlich freien Verkehr besteht die Gefahr, dass ein Markeninhaber gegen einen anderen Schutzrechtsinhaber vorgeht, der Waren mit identischen oder ähnlichen Kennzeichen ins Inland verbringt.

Für eine Annahme der rechtserhaltenden Nutzung der Streitmarke durch die Beklagte besteht kein Anlass. Die Klägerin ist mit ihrem Revisionsbegehren teilweise erfolgreich. Das Gericht stellt fest, dass die Beklagte die Streitmarke für die Waren „outils“ nicht rechtserhaltend genutzt hat. Die Revisionsinstanz folgt der Annahme der Berufungsrichter, die Beklagte habe die streitgegenständliche Marke rechtserhaltend für verschiedene Reibebretter als Exportmarke genutzt (§ 26 MarkenG). Das Anbringen der Marke auf den Waren, deren Aufmachung oder Verpackung ist ausreichend. Das Kennzeichnen der Exportware im Inland reicht für eine rechtserhaltende Nutzung bereits aus. Nicht erforderlich ist hingegen ein Inverkehrbringen der Exportware im Inland. Auf die Modalitäten des Transportes kommt es dabei nicht an. Die Revision der Klägerin ist jedoch insoweit erfolgreich, als dass die Revisionsrichter im Gegensatz zur Vorinstanz keine rechtserhaltende Verwendung der Streitmarke für die Waren „outils“ erkennen. Alleine die Verwendung der fraglichen „Reibebretter“ ist nicht ausreichend für eine rechtserhaltende Verwendung. Bei dem Begriff „outils“ handelt es sich um einen Oberbegriff für die einzelnen Warengruppen. Oberbegriffe für Warenklassen verfolgen den Zweck der Unterscheidungsfähigkeit einzelner Waren für verschiedene Warenklassen. Wird die Ware einer Marke von mehreren Oberbegriffen in verschiedenen Warenklassen erfasst, ist einer der Oberbegriffe ersatzlos zu löschen (§ 49, 55 MarkenG). Diesen Grundsatz hat das Berufungsgericht nicht ausreichend genug gewürdigt. Die Richter sind von einer Löschungsverpflichtung für zwei der drei geschützten Warengruppen ausgegangen. Die streitgegenständlichen Reibebretter fallen sowohl unter den Oberbegriff „outils“ als auch unter den Begriff „instruments à main pour abraser“ (Handschleifgeräte).

Angesichts dieser Sachlage sind nicht beide Oberbegriffe im Warenverzeichnis zu belassen. Die Entscheidung, welcher der beiden Oberbegriffe aus dem Warenverzeichnis zu löschen ist, erfolgt aufgrund der wirtschaftlichen Interessenlage des Markeninhabers. Entsprechend ist angebracht, diejenigen Waren im Warenverzeichnis zu belassen, die nach Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise als zum selben Warenbereich gehörend angesehen werden. Entsprechend dieser Argumentation ist es rechtens, diejenigen Waren aus dem Warenverzeichnis zu löschen, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht zum selben Warenkreis gehören und die lediglich unter den weitgefassten Oberbegriff „outils“ fallen. Die Klageabweisung in der Revisionsinstanz war dementsprechend aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil zurückzuweisen.

BGH, Urteil vom 27.11.2014, Az. I ZR 91/13


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