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Markenrechtliche Verwechslungsgefahr - Serienzeichen

BGH, I ZR 111/99


Markenrechtliche Verwechslungsgefahr - Serienzeichen

In dem Rechtsstreit um die deutsche Marke 903 486 “BIG” und die Benutzung des Zeichens “big bluster” standen sich die BIG-Spielwarenfabrik sowie ein Hersteller von funkferngesteuerten Spielfahrzeugen, die er über das Handelsunternehmen A vertreibt, mehrfach vor Gericht gegenüber. Die BIG-Spielwarenfabrik hatte sich bereits im Jahr 1973 die Marke “BIG” für Plastikspielwaren eintragen lassen. Der Hersteller der funkferngesteuerten Spielfahrzeuge benutzt im Geschäftsverkehr die Bezeichnung “big bluster”. Die Firma BIG-Spielwarenfabrik nahm sowohl das Handelsunternehmen A als auch dessen Transportunternehmen L wegen Verletzung seiner Marke „BIG“ in Anspruch und beantragte vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth eine einstweilige Unterlassungs-Verfügung. Das Gericht gab dem Antrag des Klägers BIG betreffend das Handelsunternehmen A statt, wies jedoch den entsprechenden Antrag gegen das Transportunternehmen L zurück. 

Nun standen sich die Kontrahenten in einem erneuten Rechtsstreit vor Gericht gegenüber. Dieses Mal klagte der Hersteller der funkferngesteuerten Spielfahrzeuge gegen die Spielwarenfabrik BIG. Die Klägerin begehrte zunächst die Feststellung, dass der Beklagte BIG nicht berechtigt sei, von ihr und ihren Abnehmern (dem Handelsunternehmen A) zu verlangen, die Benutzung der Bezeichnung „big bluster“ zu unterlassen. Ferner sei der Beklagte (BIG) verpflichtet, ihr allen aus seinen entsprechenden Abnehmerverwarnungen entstanden Schaden zu ersetzen. Die Klägerin hat ihren Schaden in ihrem Antrag genau beziffert. Des Weiteren hat die Klägerin die Löschung der Marke „BIG“ und die Verurteilung des Beklagten beantragt, eine entsprechende Zustimmungserklärung vor dem Deutschen Patent- und Markenamt abzugeben. Der Beklagte ist dem Antrag der Klägerin als Widerkläger entgegengetreten und macht geltend, der in seinem Namen als Marke eingetragenen Bezeichnung „BIG“ komme im Geschäftsverkehr eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zu. 

In ihrer Widerklage hat die Spielwarenfabrik BIG beantragt, die Klägerin unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, eine Benutzung der Bezeichnungen „Big Bluster“ und/oder „Big Buffalo“ im Geschäftsverkehr zu unterlassen. Ferner hat BIG als Beklagter und Widerkläger Ansprüche auf Auskunftserteilung betreffend die entsprechenden Handlungen und die Feststellung der Schadenersatzverpflichtung gegen die Klägerin geltend gemacht. Während der Rechtsstreit noch verhandelt wurde, sind auf den Namen der beklagten Spielwarenfabrik BIG zwei weitere Marken mit dem Wortbestandteil „BIG“ eingetragen worden. Die Klägerin hat daraufhin die Ansprüche aus der Widerklage von BIG auf Unterlassung insgesamt und die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadenersatzpflicht anerkannt. Der übrigen Widerklage von BIG ist die Klägerin entgegengetreten. 

Daraufhin ist ein Grund-, Teil- und Anerkenntnisurteil des Landgerichts ergangen. Es hat den Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten BIG dem Grunde nach anerkannt, den Antrag auf Löschung der Marke „BIG“ jedoch abgewiesen. Der Widerklage der BIG-Spielwarenfabrik hat das Gericht im Umfang des erklärten Anerkenntnisses bezüglich Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadenersatzpflicht durch die Klägerin entsprochen. Die übrige Widerklage der beklagen Spielwarenfabrik BIG gegen die Klägerin, die Benutzung der Bezeichnungen „Big Bluster“ und „Big Buffalo“ zu unterlassen, hat das Gericht zurückgewiesen. Die von der Widerklägerin BIG eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben. Die Klägerin hat beantragt, die durch die Widerklägerin eingelegte Revision zurückzuweisen.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, die Widerklägerin BIG könne mit ihrer Widerklagemarke „BIG“ nicht mit Erfolg gegen das Zeichen „big bluster“ vorgehen, da sie eine über die Unternehmenskennzeichnung hinausgehende Kennzeichnungskraft ihrer Marke nicht schlüssig vorgetragen habe. Nach Meinung des Berufungsgerichts ist weder die Marke noch das Unternehmenskürzel „BIG“ dazu geeignet, den Gesamteindruck der angegriffenen Bezeichnung „big bluster“ der Klägerin prägen. Der beschreibende Inhalt „BIG“ lässt sich mit den Synonymen „groß, dick, stark, wichtig“ übersetzen. Diesen Bezeichnungen kommt daher keine Unterscheidungskraft zu. Ferner besteht an diesen Bezeichnungen ein Freihaltungsbedürfnis. Der Beklagte BIG hat mit seiner Widerklage zudem den Seriencharakter dieser Bezeichnung aufgrund der Eintragung mehrerer Marken vorgetragen. Dem Markennamen „BIG“ fehle jedoch angesichts seines beschreibenden Charakters die Originalität, die eine Marke unbedingt braucht, um Unterscheidungskraft im Sinne des Markenrechts zu erlangen. 

Eine Verwechslungsgefahr zwischen der Widerklagemarke „BIG“ und den angegriffenen Bezeichnungen „Big Bluster“ und „Big Buffalo“ der Klägerin hat das Berufungsgericht verneint. 

Die Revisionsinstanz ist der Auffassung des Berufungsgerichts jedoch nicht vollumfänglich gefolgt. Sie hat moniert, dass das Berufungsgericht der Widerklagemarke „BIG“ einerseits eine durch Benutzung normale Kennzeichnungskraft zuerkannt habe, andererseits jedoch jede Unterscheidungskraft aufgrund der lediglich beschreibenden Bezeichnung „BIG“ verneint. Das Revisionsgericht ist in diesem Punkt dem Beklagten BIG in seiner Funktion als Widerkläger gefolgt und geht im Falle der Widerklagemarke „BIG“ von einer normalen Kennzeichnungskraft aus. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, die angegriffenen Bezeichnungen „Big Bluster“ und „Big Buffalo“ werden nicht durch den jeweiligen Bestandteil „BIG“, sondern durch die Gesamtheit der jeweiligen Bezeichnungen geprägt. Dieser Rechtsauffassung hat die Revisionsinstanz nichts hinzuzufügen. So geht die Revisionsinstanz zugunsten des Widerklägers BIG von Warenidentität und einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerklagemarke „BIG“ aus. 

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weist die Revisionsinstanz der Bezeichnung „BIG“ als Stammbestandteil einer für den Widerkläger BIG existierenden Zeichenserie, bei dem der Wortbestandteil „BIG“ mit einem oder mehreren anderen Bestandteilen kombiniert ist, Kennzeichnungskraft zu. Die Revisionsinstanz gesteht der Widerklagemarke „BIG“ und den damit in Verbindung stehenden weiteren Serienzeichen und eingetragenen Marken eine Unterscheidungskraft im Geschäftsverkehr ausdrücklich zu. Mit seinem Urteil hat der Bundesgerichtshof das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. März 1999 aufgehoben und das Berufungsverfahren erneut eröffnet. Das Berufungsgericht wird sein rechtsfehlerhaftes Übergehen betreffend das Vorbringen des Beklagten in Sachen seiner Widerklagemarke „BIG“ zu berücksichtigen haben.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.11.2001, Az.: I ZR 111/99


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