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Gestaltung einer Wortmarke

EuG, Urteil vom 03.12.2015, Az. T-105/14


Gestaltung einer Wortmarke

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass sich der Schutzumfang einer Wortmarke nicht auf gestaltende Elemente wie zum Beispiel Groß- und Kleinschreibung erstrecken kann, wenn die eine Verwechslungsgefahr mit anderen Wortmarken besteht.

Die streitgegenständlichen Wortmarken „IDRIVE“ und „iDrive“ sind aufgrund einer Verwechslungsgefahr als identisch zu klassifizieren. Diese resultiert zum einen aus der ähnlichen Gestaltung der Wortmarke in Groß- und Kleinschreibung und zum anderen aus der großen Nähe der angemeldeten Waren- und Dienstleistungen. Aus diesem Grund ist die Anmeldung der Wortmarke „iDrive“ der Klägerin gegenüber der prioritätsälteren Widerspruchsmarke „IDRIVE“ abzulehnen.

Die Klägerin, ein Unternehmen aus Hongkong, meldete ihre Wortemarke „iDrive“ am 26.02.2009 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt als Gemeinschaftsmarke an. Die Scanlab AG ist als Inhaberin der Widerspruchsmarke „IDRIVE“ als Streithelferin in das Verfahren eingetreten. Am 13.01.2012 erhob sie Widerspruch gegen die Eintragung der prioritätsjüngeren Wortmarke „iDrive“, dem die Widerspruchsabteilung am 16.10.2012 stattgegeben hatte. Die Klägerin legte gegen die Entscheidung am 14.12.2012 beim Harmonisierungsamt Beschwerde ein. Sie beantragt, die ergangene Entscheidung insoweit abzuändern, dass die Wortmarke zur Eintragung zugelassen und der Widerspruch der Streithelferin zurückgewiesen wird. Die Klägerin beantragt die Löschung der Widerspruchsmarke aufgrund von Nichtbenutzung und des daraus automatisch erfolgenden Verfalls. Den Löschungsantrag der prioritätsälteren Widerspruchsmarke hat sie allerdings erst gestellt, nachdem die Widerspruchsabteilung des HBM den Antrag auf Eintragung ihrer eigenen Wortmarke zurückgewiesen hat. Aus diesem Grund ist der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zurückzuweisen. Die Klägerin hat ihren Antrag auf Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke nicht fristgerecht gestellt, da sie innerhalb der ihr gesetzten Frist keine Stellungnahme beim Harmonisierungsamt abgegeben hat. Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Wortmarke der Klägerin von der Eintragung ausgeschlossen, da eine Ähnlichkeit und Identität mit der prioritätsälteren Marke und damit eine Verwechslung besteht. Eine Schutzgewährung wird demzufolge verweigert, wenn eine Überschneidung in den Waren- und Dienstleistungsklassen besteht, in dem das prioritätsältere Wortzeichen bereits Schutz genießt. Die ständige Rechtsprechung sieht dann eine Verwechslungsgefahr an, wenn die angesprochenen Verkehrskreise annehmen, die betreffenden Waren und Dienstleistungen könnten aus ein und demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.

Beide Wortmarken umfassen unter anderem Geräte aus dem Bereich „Datenverarbeitung, Computer und Peripheriegeräte“. Als maßgebliche Verkehrskreise sehen die Richter den „angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher“. Das maßgebliche Publikum besteht nicht nur aus Vertretern des Fachpublikums, sondern auch aus Endverbrauchern. Obwohl die Klägerin einwendet, bei den Waren handele es sich um relativ teure Computer, können die Richter keine teure Finanzinvestition auf Verbraucherseite feststellen. Die Beschwerdekammer stellt zudem eine teilweise Identität und Ähnlichkeit zwischen den Waren beider Wortmarken fest. Die Wortzeichen sind hinsichtlich Wortbedeutung und optischer Gestaltung als komplett identisch anzusehen und unterscheiden sich nur durch die vorgenommene Groß- und Kleinschreibung. Es handelt sich um eine Wortkombination ohne besondere grafische Gestaltung. Beansprucht der Markenanmelder keine besondere grafische Gestaltung und/oder Farbe, ist das angemeldete Wortzeichen in normaler maschinenschriftlicher Weise widerzugeben, wobei auch eine gewünschte Groß- und Kleinschreibung berücksichtigt wird. Diese Regelung ist allerdings nur im Anmeldeverfahren, nicht jedoch im Widerspruchsverfahren anzuwenden. Die Unterschiede zwischen dem angemeldeten Wortzeichen „iDrive“ der Klägerin und der Wortmarke „IDRIVE“ der Widerspruchsmarke der Streithelfern sind so gering, das bei den angesprochenen Verbraucherkreisen eine latente Verwechslungsgefahr besteht.

Auch in klanglicher Hinsicht stellt die Beschwerdekammer eine vollständige Identität zwischen den beiden Wortmarken fest. Die abweichende Schreibweise des klein vorangestellten „i“ ändert nichts an dieser Tatsache, da es sich um einen Begriff aus der englischen Sprache handelt, in dem dieser Buchstabe stets in gleicher Weise intoniert wird. Im Gegensatz zur deutschen Sprache kennt der englische Sprachgebrauch keine Großschreibung, alle Wörter werden stets klein geschrieben. Hinsichtlich des begrifflichen Vergleichs ist davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise den Wortbegriff in zwei Bestandteile „i“ und „drive“ zerlegen, was „ich fahre“ bedeutet. Beide Wortmarken sind folglich unabhängig von der durch die Klägerin vorgebrachten angeblich abweichenden Intonierung komplett identisch. Die Klägerin macht vergeblich den Umweg, der Buchstabe „i“ könne auch in Verbindung mit den Begriffen „Speichermedien“ (disk drive), „Information“ und „intelligent“ in Verbindung gebracht werden. Der EuGH stellt fest, die Beschwerdekammer habe angesichts dieser Ausführungen rechtsfehlerfrei festgestellt, dass beide Wortzeichen sich mit einer schriftbildlichen, klanglichen und begrifflichen Identität gegenüberstehen. Obwohl das Gericht der prioritätsälteren Widerspruchsmarke eine schwache Kennzeichnungskraft attestiert, sieht sie bei den Verbrauchern dennoch eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden streitgegenständlichen Marken. Diese Verwechslungsgefahr bestehe selbst dann, wenn die Verbraucher die Waren zuvor einer eingängigen Prüfung unterzögen. Es liege eine vollständige Zeichen- und Warenähnlichkeit vor.

EuG, Urteil vom 03.12.2015, Az. T-105/14


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